Sächsische Wirtschaft tritt auf der Stelle
Die Lageurteile der sächsischen Unternehmen bleiben auf niedrigem Niveau nahezu konstant (aktuell 13 Punkte), während die Geschäftserwartungen sich erneut leicht verschlechtern (um fünf auf aktuell -17 Punkte). In Kombination führt dies dazu, dass der IHK-Geschäftsklimaindex*, der die Einschätzungen zur aktuellen Lage und zu den Erwartungen in sächsischen Unternehmen gleichrangig berücksichtigt, erneut leicht sinkt und mit nunmehr 96 Punkten fast den gleichen Wert wie im Vorjahr erreicht. Die neuerliche Verschlechterung liegt vor allem in der Entwicklung der Geschäftserwartungen begründet, die sich nach einer leichten Verbesserung im Frühjahr erneut eintrüben.
Die Lohnsteigerungen der letzten Monate führen dazu, dass die Arbeitskosten erneut das am häufigsten genannte Geschäftsrisiko darstellen. Inlandsnachfrage, wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen (inkl. bürokratische Belastungen) und Energiepreise teilen sich den zweiten Platz. Die Ergebnisse der aktuellen Konjunkturumfrage der sächsischen Industrie- und Handelskammern, die im September 2024 durchgeführt wurde, basieren auf den Antworten von gut 1.630 Unternehmen mit mehr als 87.200 Beschäftigten aller Wirtschaftsbereiche.
Geschäftslage und -erwartungen
Die Geschäftslage der Unternehmen hat sich in den vergangenen Monaten aufgrund der anhaltend schwachen Nachfrage bei gleichzeitig hohen Kosten kaum geändert. Der Lagesaldo steigt um einen auf aktuell 13 Punkte. Lageverbesserungen vermelden die Verkehrsbranche (deutliche Steigerung um 13 Saldopunkte), das Gast-/Tourismusgewerbe (ebenfalls kräftiger Zuwachs um 11 Punkte) und das Baugewerbe (plus drei Saldopunkte). Dazu passend hat sich die Ertragslage vor allem in der Verkehrsbranche, aber auch im Gast- und Tourismusgewerbe deutlich verbessert (um 22 bzw. 15 Punkte). Per Saldo liegen diese jedoch nach wie vor im negativen Bereich.
Die Geschäftserwartungen hingegen bleiben in allen Branchen äußerst verhalten. Eine leichte Saldoverbesserung gibt es lediglich im Gastgewerbe, aber auch hier überwiegen – wie in allen anderen Branchen auch – die pessimistischen Stimmen. Mit 14 Prozent erwarten ähnlich viele Unternehmen wie im Vorjahr eine Verbesserung. Knapp ein Drittel rechnet eher mit Verschlechterungen. Im Ergebnis sinkt der Prognosesaldo um 5 auf nunmehr -17 Punkte. Bei unverändert schwierigen Rahmenbedingungen ist für das laufende Jahr ein leichter Rückgang der Wirtschaftsleistung zu erwarten.
Geschäftslage
- Schlecht
- Gut
- Befriedigend
Gut: 33 %
Befriedigend: 47 %
Schlecht: 20 %
Geschäftserwartungen
- Schlechter
- Besser
- Gleichbleibend
Besser: 14 %
Gleichbleibend: 55%
Schlechter: 31 %
Investitionen, Beschäftigung und Risiken
Die finanzielle Situation der Unternehmen hat sich gegenüber der Vorumfrage kaum verändert. Gut die Hälfte der Unternehmen berichtet erneut von einer unproblematischen Finanzlage. Die größten Belastungen ergeben sich weiterhin durch Eigenkapitalrückgänge (24 Prozent der Befragten) und Liquiditätsengpässe (18 Prozent). Die beginnende Lockerung der Geldpolitik ist im finanziellen Alltag bisher nicht angekommen: mit 14 Prozent berichten die Befragten häufiger von hoher Fremdkapitalbelastung als in der Vorumfrage.
Die Investitionsbereitschaft in der sächsischen Wirtschaft bleibt schwach. Gut ein Fünftel plant keine, gut ein Viertel sinkende Investitionen.
Die Personalplanungen der Unternehmen lassen für die Beschäftigtenzahlen keine dynamische Entwicklung erwarten. Viele Betriebe stellt bereits der Ausgleich von Altersabgängen vor Probleme. Nur 13 Prozent rechnen mit einem Mitarbeiterzuwachs in den kommenden 12 Monaten.
Geschäftslage stagniert
In der Industrie hat sich die Geschäftslage gegenüber dem Frühjahr nochmals verschlechtert. Hier überlagern sich die Wirkungen von strukturellem Wandel und Konjunkturschwäche besonders stark. Die Wettbewerbsfähigkeit der Industriebetriebe leidet unter den gestiegenen
Energiekosten und verstärkt auch unter Konkurrenz insbesondere aus China. Gut die Hälfte der Unternehmen berichtet von gesunkenen Umsätzen. Auch die Auftragseingänge aus dem In- und Ausland haben nochmals nachgelassen. Die Inlandsnachfrage stellt inzwischen mit Nennung durch 72 Prozent der Industrieunternehmen das bedeutendste Geschäftsrisiko dar. Die Geschäftserwartungen verschlechtern sich im Vergleich zur Vorumfrage erneut auf jetzt -19 Punkte. Ein Drittel der befragten Unternehmen rechnet mit einer weiteren Verschlechterung der Geschäftslage. Entsprechend verhalten fallen die Personalplanungen (Saldowert -23) und die Investitionsabsichten (-6) aus.
Obwohl die Geschäftslage im Baugewerbe scheinbar stabil bleibt und zuletzt sogar leicht gestiegen ist (Saldowert 30 Punkte), verrät ein Blick auf die Umsätze und Auftragslage, dass die Situation angespannt bleibt. Die Auftragspolster der letzten Jahre sind abgearbeitet und insbesondere im Hochbau verstetigt sich die hartnäckige Nachfrageschwäche. Die stark rückläufigen Baugenehmigungen sind hier Symptom einer bundesweit herrschenden Bauflaute. Die sächsischen Bauunternehmen berichten von sinkenden Auslastungen, fallenden Auftragseingängen (Saldowert -32 Punkte) und Umsätzen (-27 Punkte). Entsprechend verhalten sind die Geschäftserwartungen: der Prognosesaldo sinkt nochmals leicht auf aktuell -24 Punkte.
Den Höchstwert der Lageurteile erreicht mit 35 Saldopunkten erneut das Dienstleistungsgewerbe. 88 Prozent der befragten Unternehmen melden gute oder zufriedenstellende Geschäfte. Dennoch sind auch die Dienstleister von der anhaltenden Konsumflaute und Problemen in der Industrie betroffen: 28 Prozent melden sinkende Auftragseingänge. Die Geschäftsprognosen geben aufgrund schlechterer Umsatzerwartungen auf aktuell -3 Saldopunkte nach. Ein knappes Viertel der Dienstleister rechnet mit weiteren Verschlechterungen.
Die Lageeinschätzungen im Handel haben sich im Vergleich zur Vorumfrage wieder verschlechtert. Die Reallohnsteigerungen haben sich bisher nicht in gestiegener Kauflaune niedergeschlagen. Die überwiegende Mehrheit der Händler (96 Prozent) bezeichnet das Kaufverhalten der Kunden als zurückhaltend. Bei den Großhändlern, die in stärkerem Maße von der Industrie abhängig sind, sind es sogar 100 Prozent. Dementsprechend überwiegen die negativen Angaben bezüglich der Umsatz- und Ertragsentwicklung. Neben den Arbeitskosten wird die Inlandsnachfrage mit 62 Prozent am häufigsten als Geschäftsrisiko genannt. Die Geschäftserwartungen trüben sich nochmals deutlich ein. Im Einzelhandel fällt der Saldo mit -34 Punkten schlechter aus als im Großhandel (-25 Punkte).
Im Verkehrsgewerbe halten sich die guten und schlechten Lagebewertungen nahezu die Waage. Der Saldowert liegt bei +1 Punkt. Nach dem unter anderem durch die Mautsteigerungen und hohen Kraftstoffpreise getriebenen Einbruch in diesem Jahr hat sich die Lage nunmehr stabilisiert. Sowohl die Erträge als auch die Gewinnsituation haben sich angesichts gesunkener Kraftstoffpreise und angepasster Preisstrukturen zwar deutlich verbessert, dennoch sind die Erwartungen der Branche nach wie vor skeptisch. Nur 9 Prozent rechnen zukünftig mit besseren Geschäften. Die Umsatzerwartungen bleiben aufgrund niedriger Auftragseingänge mit einem Saldowert von -31 Punkten ähnlich schwach wie im Frühjahr (-34 Punkte).
Der Lagesaldo im Gast-/Tourismusgewerbe steigt deutlich um 11 auf aktuell 20 Punkte. Durch gute Geschäfte in den Sommermonaten haben sich Umsätze und Ertragslage merklich verbessert. Acht von 10 Betrieben arbeiten mit Gewinn oder zumindest kostendeckend. Die Erwartungen an Umsatz und Geschäftslage bleiben allerdings im Saldo beide negativ. Auch die Personalsituation bleibt angespannt: Knapp ein Fünftel der Betriebe erwarten rückläufige Mitarbeiterzahlen.
Geschäftserwartungen branchenübergreifend nochmals verschlechtert
Stabile Mitarbeiterzahlen als Ziel
Die konjunkturelle Lage schlägt sich zunehmend in den Beschäftigungszahlen wieder. Die aktuelle Entwicklung der Beschäftigtenzahlen ist in allen Branchen im negativen Bereich. 28 Prozent der Unternehmen haben in den letzten Monaten Personal abgebaut. Eine Verbesserung des Personalentwicklungssaldos ist aktuell nur im Gast-/Tourismusgewerbe, im Verkehr und im Bau zu beobachten. 40 Prozent berichten, aktuell nicht auf Personalsuche zu sein. Gleichzeitig bieten sich durch konjunkturell bedingt freiwerdende Arbeitskräfte Potenziale im Umgang mit dem Fach- und Arbeitskräftemangel. Immerhin 45 Prozent der befragten Unternehmen geben an, offene Stellen längerfristig nicht besetzen zu können. Die mit Abstand größten Verbesserungspotenziale für die Bekämpfung des Fachkräftemangels sehen die Unternehmen beim Abbau von Bürokratie, der produktive Kapazitäten freisetzen kann. Bis zu 5 Prozent des Unternehmensumsatzes werden Studien zufolge für die Erfüllung bürokratischer Pflichten aufgewandt.
Für die kommenden 12 Monate sind keine Personalaufwüchse zu erwarten. Bei einem Saldo der Personalplanungen von -10 Punkten ist für die Gesamtwirtschaft im Gegenteil eher ein leichter Rückgang denkbar. Der überwiegende Anteil der Unternehmen (64 Prozent) legt einen Fokus auf die Stabilisierung der Mitarbeiterzahlen, 23 Prozent erwarten Personalrückgänge. Altersbedingte Abgänge sind hier laut den Ergebnissen des sächsischen Fachkräftemonitorings einer der häufigsten Gründe. Positive Beschäftigungsimpulse sind nur im Dienstleistungsgewerbe möglich. Hier ist der Saldo im Vergleich zu den Vorumfragen nochmals gestiegen (aktuell 11 Punkte). Ein Viertel der Dienstleister plant mit wachsenden Mitarbeiterzahlen. Besonders in der Industrie (Saldowert -23 Punkte), im Einzelhandel (-18 Punkte) und im Verkehrsgewerbe (-15 Punkte) überwiegen die Unternehmen, die Personal abbauen wollen. Aber auch im Großhandel, im Bau und im Gastgewerbe ist ein Rückgang der Beschäftigtenzahlen zu erwarten.
Investitionsstau bleibt bestehen
Schwächelnde Nachfrage aus dem In- und Ausland, hohe Kosten und unsichere Zukunftsaussichten haben in den letzten Jahren zu geringer Investitionstätigkeit geführt. Die hohen Fremdkapitalzinsen haben ebenfalls dazu beigetragen, dass die investiven Ausgaben unter dem für die wirtschaftlichen Transformationen benötigten Maß bleiben. Auch im laufenden Jahr bleiben die Investitionsabsichten der sächsischen Unternehmen äußerst zurückhaltend. In allen Branchen überwiegt der Anteil der Unternehmen, deren Investitionen sinken werden. Der Investitionssaldo für die Gesamtwirtschaft beträgt -12 Punkte. Besonders deutlich ist dieser Überhang im Gast-/Tourismusgewerbe, im Baugewerbe und in der Industrie.
Wachstumsimpulse sind durch die aktuellen Investitionsplanungen nicht zu erwarten, da mit 73 Prozent ein Großteil Ersatzbeschaffungen darstellt. Rationalisierungsmaßnahmen im Sinne von Kostensenkung und Produktivitätssteigerungen spielen für ein Drittel der befragten Unternehmen eine Rolle. Kapazitätssteigernde Investitionen hingegen bilden seltener das Hauptmotiv für investive Ausgaben. Hierzu gehören Produkt- und Verfahrensinnovationen (26 Prozent der Unternehmen), Kapazitätserweiterung (22 Prozent) und Umweltschutzmaßnahmen (17 Prozent).
Fußnoten
*Der IHK-Geschäftsklimaindex berücksichtigt gleichrangig die Beurteilungen der Unternehmen zur Geschäftslage (Lagesaldo) und zur zukünftigen Geschäftsentwicklung (Erwartungssaldo). Er wird als geometrisches Mittel der Lage- und Erwartungssalden berechnet.
HERAUSGEBER:
Industrie- und Handelskammer Chemnitz, Geschäftsbereich Standortpolitik, Straße der Nationen 25, 09111 Chemnitz, 0371 6900-1250, www.chemnitz.ihk24.de
Industrie- und Handelskammer Dresden, Geschäftsbereich Standortpolitik und Kommunikation, Langer Weg 4, 01239 Dresden, 0351 2802-220, www.dresden.ihk.de
Industrie- und Handelskammer zu Leipzig, Abteilung Wirtschafts- und Bildungspolitik, Goerdelerring 5, 04109 Leipzig, 0341 1267-1254, www.leipzig.ihk.de
Auf Anfrage senden wir Ihnen gerne unser Faltblatt "Konjunkturumfrage Sachsen im Herbst 2024" per Mail zu.