Kommunalwahl am 9. Juni 2024

Kommunalpolitische Positionen der IHK zu Leipzig

Die Kommunalpolitik ist ein wichtiger Einflussfaktor auf die Unternehmen vor Ort. Mit der Kommunalwahl am 9. Juni 2024 werden auch in der Region Leipzig die politischen Weichen neu gestellt.

Die hiesigen Unternehmen sichern kommunalen Wohlstand, indem sie Beschäftigung, Wertschöpfung und Steuereinnahmen generieren. Unternehmerische Belange müssen deshalb auch auf der kommunalpolitischen Ebene angemessen berücksichtigt werden.

Stadt- und Gemeinderäte sind bedeutsame Akteure bei der Gestaltung der lokalen Standortfaktoren. Die IHK zu Leipzig richtet sich mit den folgenden Positionen und Forderungen an die Räte, um im partnerschaftlichen Miteinander das Wirtschaftswachstum zu befördern und den Wohlstand auf der kommunalen Ebene zu mehren.

Nachfolgende Forderungen verstehen sich als Richtschnur der Wirtschaft für das kommunalpolitische Handeln der gewählten Stadt- und Gemeinderäte:

  • Ausgeglichene Kommunalhaushalte sind die Grundlage für handlungsfähige Verwaltungen. Kassenkredite und strukturelle Defizite gilt es daher zu vermeiden. In den für die Wirtschaft besonders wichtigen Handlungsfeldern – insbesondere im investiven Bereich – sind ausreichend öffentliche Haushaltsmittel einzuplanen.
  • Die Hebesätze für Grund- und Gewerbesteuer haben eine große Signalwirkung für Ansiedlungen und Investitionen. Anhebungen der Hebesätze müssen nicht zuletzt aus diesem Grund unterbleiben. Im Zuge des Inkrafttretens der Grundsteuerreform zum 1. Januar 2025 werden die Kommunen aufgefordert, zur echten Aufkommensneutralität beizutragen, indem sie den Hebesatz bei etwaigen Mehrbelastungen in Folge der gesetzlichen Neuregelung der Bemessungsgrundlage senken.
  • Das Niveau der Kommunalabgaben muss möglichst langfristig stabil gehalten werden. Kurzfristig aufeinanderfolgende sowie unverhältnismäßige Erhöhungen müssen unterbleiben. Die zugehörigen Satzungen sind einfach und transparent auszugestalten.
  • Bei Beherbergungssteuern sollte sich zu einer Zweckbindung bekannt werden, damit sichergestellt ist, dass mit dem Aufkommen Maßnahmen zur Stärkung der touristischen Infrastruktur finanziert werden.
  • Kommunale Unternehmen müssen faire Player im Wettbewerb sein und sollten am Markt nur in den Kernbereichen der Daseinsvorsorge agieren. Finanzielle Risiken, die der Allgemeinheit durch die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand erwachsen, müssen wirksam begrenzt und überwacht werden.
  • Die Wirtschafts- und Mittelstandsorientierung von Rat und Verwaltung ist im Hinblick auf die Erarbeitung von Satzungen, Serviceleistungen für Unternehmen, Bearbeitung von Anträgen, Vergabe von öffentlichen Aufträgen, Erteilung von Bescheiden sowie auf die fach- und ämterübergreifenden Zusammenarbeit weiter zu verbessern. Bearbeitungszeiten sind zu verkürzen, Planverfahren zu beschleunigen. Im Rahmen der Digitalisierung muss der Einsatz von E-Government weiter kundenfreundlich aufgebaut werden.
  • Die Nachfrage von Bestandsunternehmen und Investoren nach modernen, infrastrukturell hervorragend erschlossenen, ressourcenschonend und klimagerecht gestalteten, aber auch bezahlbaren kommunalen Standorten für Industrie und Gewerbe muss qualitativ und quantitativ gedeckt werden, um im Standortwettbewerb breite Akzente setzen zu können.
  • Im Rahmen entsprechender Stadtentwicklungspläne (vgl. STEP Wirtschaftsflächen der Stadt Leipzig) ist die Ausweitung bestehender und die Erschließung neuer Wirtschaftsstandorte zu organisieren. Nutzungsänderungen müssen dabei erleichtert und neue Flächenbedarfe berücksichtigt werden, beispielsweise für wertschöpfungsintensive Produktions- sowie Logistikflächen oder Mikrohubs.
  • Um den erforderlichen Wohnungsneubau und die Bestandssanierung in den Städten und Gemeinden am Laufen zu halten,
    - müssen ausreichend Flächen verfügbar gemacht werden,
    - darf Bauen nicht durch über das gesetzliche Maß hinausgehenden Auflagen verteuert werden,
    - müssen Planungs- und Genehmigungsprozesse beschleunigt werden,
    - sind geeignete öffentliche Förderprogramme von Bund und Land zur Finanzierung zu nutzen.
  • Die Kommunen müssen eine zukunftssichere und kosteneffiziente Transformation im Energiebereich (Strom und Wärme) bewerkstelligen. Dabei muss die lokale Wirtschaft stets im Blick gehalten werden. Um Akzeptanz aufzubauen und Sachverstand zu nutzen, müssen Unternehmen bei Planung und Realisierung eng einbezogen werden und mitentscheiden dürfen:
    - Anbindung kommunaler Wirtschafts- und Gewerbestandorte an die Wasserstoffinfrastruktur,
    - transparente Kalkulation des mittel- bis langfristige Investitions-/Finanzierungsbedarfs für eine technologieoffene Umsetzung der kommunalen Wärmeplanung,
    - Netzausbau und Aufbau von Kapazitäten erneuerbarer Energien parallel vorantreiben,
    - Technologieoffenheit und kein Anschlusszwang als Prämissen der Planung,
    - Erfassung von Wärmebedarfen sowie Abwärmepotenzialen von Unternehmen im Rahmen der kommunalen Wärmeplanung,
    - keine Verzögerung von privilegierten Vorhaben z. B. im Bereich der Freiflächen-Photovoltaik,
    - Nutzung der Kompetenz von privatwirtschaftlichen Planungsbüros sowie Installations- und Fachbetrieben der Region bei der Umsetzung der Vorhaben.
  • Für eine multimodale, zukunftsorientierte Mobilität ist eine mit der Wirtschaft eng abgestimmte, integrierte und maßnahmenkonkrete Verkehrs- und Mobilitätsplanung sowie deren konsequente Umsetzung notwendig. Dabei sind sämtliche Wirtschafts- und Pendlerverkehre einzubeziehen sowie qualitative Aspekte zu berücksichtigen.
  • Ein reibungsloser Wirtschaftsverkehr muss in Städten und Gemeinden gewährleistet sein. Die Erreichbarkeit der Stadt-/Gemeindezentren und Gewerbestandorte durch Lieferanten und Kunden ist dabei durchweg sicherzustellen. Wirtschaftsverkehr und Anlieferung müssen auf dem derzeitigen Geschwindigkeitsniveau gehalten werden. Für kommunale Wirtschaftsverkehrspläne (z. B. Wirtschaftsverkehrsentwicklungsplan der Stadt Leipzig) müssen diese Prämissen verbindlich sein. Ein- und Durchfahrtbeschränkungen (z. B. in Form einer sogenannten City-Maut) sind zu unterlassen. 
  • Der öffentliche Personennahverkehr ist insoweit angebotsorientiert weiterzuentwickeln und auszubauen, dass er als attraktive Option für Verkehrsteilnehmer, insbesondere Berufspendler, genutzt werden kann. Dazu müssen die Stadt-/Gemeindezentren sowie die Gewerbestandorte/-gebiete an den Ortsrändern und der Peripherie mittels ÖPNV gut erreichbar sein. Der ÖPNV ist dafür finanziell auskömmlich auszustatten.
  • Unternehmen müssen bei der Bewältigung des von den Kommunen gewünschten Mobilitätswandels unterstützt werden. Entsprechende Fördergelder von Bund und Freistaat sind seitens der Kommunen aufzufüllen und Förderlücken zu schließen.
  • Aktionen und Maßnahmen zum Lärmschutz und zur Luftreinhaltung sind im Sinne einer sauberen Umwelt notwendig. Statt Fahrverboten und Einfahrtbeschränkungen müssen der motorisierte Verkehr intelligent gesteuert und verflüssigt sowie attraktive Alternativen (siehe Ausbau ÖPNV) geschaffen werden. Überdies ist der Ausbau des Stadtgrüns stärker zu verfolgen. 
  • Der flächendeckende Breitbandausbau mit zeitgemäßen Übertragungsraten und -technologien zur Erreichung von Bandbreiten oberhalb 200 Mbit/Sekunde ist insbesondere auch in den Gewerbegebieten und in den Schulen der Region Leipzig weiter zu forcieren. Die Fördermöglichkeiten des Bundes und des Freistaates Sachsen sind dafür auszuschöpfen. Für kleinere Gemeinden ist eine kreisbezogene bzw. gemeindeübergreifende Zusammenarbeit eine lohnenswerte Alternative.
  • Für eine zukunftsorientierte Innenstadtentwicklung mit einem Nutzungsmix aus Handel, Dienstleistungen, Wohnen, Arbeiten, Gastronomie und Freizeit bieten kooperative Maßnahmen von Gewerbetreibenden, Immobilienwirtschaft und Kommunen große Vorteile.
  • Als Schulträger müssen die Kommunen für ausreichende Kapazitäten zur Unterbringung von Auszubildenden insbesondere am Lernort Berufsschule, aber auch am Lernort Ausbildungsbetrieb sorgen. Der bedarfsgerechte Bau von Wohnheimen für Auszubildende ist auch angesichts der künftig steigenden Anzahl von Schulabgängern notwendig.  
  • Zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie müssen die kommunalen Angebote für die Kinderbetreuung ausgebaut werden. Dies umfasst ausreichend Plätze, bedarfsgerechte Öffnungszeiten sowie eine angemessene Personal- und Sachausstattung der Einrichtungen.
  • Sämtliche kommunale Planungsprozessen bedürfen einer intensiven Zusammenarbeit und engen, frühzeitigen Kommunikation und Abstimmung zwischen den Behörden der Stadt-/ Gemeinde-, Verkehrs- und Bauleitplanung, dem Stadt-/Gemeinderat sowie der lokalen Wirtschaft.
  • Sicherheit, Ordnung und Sauberkeit im öffentlichen Raum sind stetig zu verbessern. Für ausreichend Papierkörbe, öffentliche Toiletten und Kapazitäten der Stadtreinigung sind künftig mehr finanzielle Mittel bereitzustellen. Zudem bedarf es einer eng abgestimmten Zusammenarbeit von Ordnungsämtern der Kommunen (Stadtordnungsdienst, Polizeibehörde) mit der Polizei.

Beschlossen von der Vollversammlung der IHK zu Leipzig am 05.03.2024.

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