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Pressemitteilung | 05.06.2024

Stimmung der mitteldeutschen Wirtschaft verschlechtert sich

Gewerbliche Kammern aus Leipzig und Halle (Saale) stellen Konjunkturbericht vor

Halle (Saale), 05. Juni 2024. Neben einer sinkenden Nachfrage dämpfen die spürbaren Kostensteigerungen der vergangenen Jahre sowie schwierige wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen das derzeitige Stimmungsbild in den Unternehmen. Trotz einer zuletzt rückläufigen Inflation beurteilen die Unternehmen sowohl ihre aktuelle Lage als auch ihre Geschäftsaussichten schlechter als vor einem Jahr. So lautet das Ergebnis der gemeinsamen Konjunkturumfrage der Handwerkskammern sowie der Industrie- und Handelskammern (IHKs) aus Leipzig und Halle (Saale), die für mehr als 146.000 Unternehmen in der Region stehen. Thomas Keindorf, Präsident der Handwerkskammer Halle (Saale), und Kristian Kirpal, Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Leipzig, stellten die Ergebnisse heute in Halle vor.

Im Ergebnis ist der Konjunkturklimaindex für Mitteldeutschland – der die Geschäftslage und die Erwartungen der Betriebe in einem Wert abbildet – im Frühjahr 2024 gegenüber dem Vorjahr um 12 auf nunmehr 31 Punkte gefallen.

„Die Unternehmen haben ihre Geschäftserwartungen auf breiter Front nach unten korrigiert. Eine schwache Nachfrage im Inland sowie strukturelle Probleme wie Fachkräftemangel, steigende Arbeitskosten und hohe Energie- und Rohstoffpreise bereiten den Firmen nach wie vor große Sorgen“, sagt Handwerkskammer-Präsident Thomas Keindorf.

IHK-Präsident Kristian Kirpal ergänzt: „Auch der Export kann derzeit keine Wachstumsimpulse setzen und die Auslandsnachfrage entwickelt sich nur schleppend. Obwohl sich der Welthandel insgesamt im Aufwärtstrend befindet, hat die mitteldeutsche Industrie daran wenig Anteil. Insbesondere die hohen Energiepreise gefährden zunehmend die Wettbewerbsfähigkeit hiesiger Produkte.“

Zum vollständigen Konjunkturbericht

Vor dem Hintergrund der eingetrübten Konjunktur sinken die Einstellungsabsichten der Unternehmen gegenüber dem Vorjahr. Aufgrund des nach wie vor bestehenden Fachkräftemangels planen viele Betriebe jedoch nur in Ausnahmefällen, Personal zu entlassen. Ein Beschäftigungsrückgang war im vergangenen Jahr im Handwerk zu beobachten. „Dieser wird sich schon aus demografischen Gründen auch 2024 weiter fortsetzen“, so Keindorf. „Im Kampf um Arbeitskräfte steht die Wirtschaft und somit auch das Handwerk in einem immer intensiveren Wettbewerb mit dem öffentlichen Dienst.“

In Anbetracht der anhaltenden Konjunkturschwäche bleiben auch die Investitionsabsichten der mitteldeutschen Wirtschaft im Keller. „Neben der gesunkenen Nachfrage dämpfen das schwierige wirtschaftspolitische Umfeld sowie die generell hohen Kosten am Standort Deutschland die Investitionsneigung der Betriebe“, schätzt Kirpal ein.

Wirtschaftspolitische Empfehlungen

Einen bedeutenden Beitrag zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage hat eine sichere und preiswerte Energieversorgung. Deshalb darf der Zeitpunkt des Ausstiegs aus der grundlastfähigen Kohleverstromung 2038 nicht politisch infrage gestellt werden. Für die Transformation der mitteldeutschen Industrie wird auch der gezielte Übergang zur wasserstoffbasierten Energieversorgung von zentraler Bedeutung sein. Das Wasserstoffkernnetz mit Anschluss an die Industriecluster unserer Region muss daher zügig umgesetzt und gleichermaßen Anreize zum Hochlauf der Wasserstoffproduktion gesetzt werden. „Die hohen Energiepreise belasten die Wettbewerbsfähigkeit unserer mitteldeutschen Unternehmen. Die Senkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe war hier ein erster richtiger Schritt; es müssen aber auch die Netzentgelte – die immer weiter steigen – gedeckelt werden. Der CO₂-Preis durch den europäischen Emissionsrechtehandel kommt dann für die Unternehmen noch on top. Wenn es solche Regelungen gibt, dann sollten sie nicht nur in Europa gelten, damit den Firmen hier vor Ort kein Wettbewerbsnachteil gegenüber außereuropäischen Wettbewerbern entsteht“, sagte Kirpal.

Der IHK-Präsident ging auch auf die niedrige betriebliche Investitionsbereitschaft ein: „Weniger Investitionen heute bedeutet weniger Wettbewerbsfähigkeit morgen.“ Die Kosten in Mitteldeutschland, insbesondere für Energie und Arbeit, seien sehr hoch. Plötzliche Kurswechsel wie beim Gebäudeenergiegesetz und fachliche Fehler wie beim Klima- und Transformationsfonds schwächen das Vertrauen in die Politik. Die GRW-Investitionsförderung müsse auskömmlich finanziert werden.

Wichtig für einen prosperierenden Standort Mitteldeutschland sei ein unternehmerfreundliches Klima, so Thomas Keindorf. In den nächsten Jahren würden viele Betriebsinhaber in den Ruhestand wechseln, Nachfolger werden dringend gesucht. „Es fehlt jedoch dem Unternehmertum die gesellschaftliche Anerkennung, die es attraktiv macht. Zugleich lockt ein Überangebot an primär gesellschaftswissenschaftlichen Studiengängen viele Schulabgänger. Somit mangelt es nicht nur an Unternehmern, sondern auch an Absolventen technischer Studienrichtungen, die zusätzlich oft eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst finden, was die Zahl der steuerfinanzierten Arbeitsplätze steigen lässt.“ Öffentliche Vorgaben würden immer mehr als Hemmnisse für Unternehmer wahrgenommen.

Keindorf forderte zukunftsfähige Sozialsysteme. Die aktuell diskutierte Erhöhung der Rentenbeiträge würde die Kosten der Arbeit erhöhen. Alle Schulformen sollten junge Menschen fit für die Aufnahme einer Ausbildung machen. „Wir fordern: stärkere Unterstützung betrieblicher Forschung und Entwicklung, bessere Rahmenbedingungen für Investitionen in den technischen Fortschritt, gute Bedingungen für Unternehmensnachfolgen und Existenzgründungen, weiterer Ausbau der Berufsorientierung an allen Schulen sowie mehr Schülerferienpraktika und wohnortnaher Berufsschulunterricht“, erklärte Keindorf abschließend.

Zur Methodik

Für den mitteldeutschen Konjunkturbericht befragen die vier gewerblichen Kammern im Großraum Leipzig-Halle-Dessau regelmäßig ihre Mitgliedsunternehmen und erheben repräsentative Stichproben. Im Schnitt beteiligen sich etwa 1.800 Betriebe aus den verschiedenen Branchen. Diese geben dabei unter anderem an, wie sie ihre aktuelle Geschäftslage bewerten und welche Entwicklung sie künftig erwarten. Die Umfragedaten aus den verschiedenen Branchen werden gewichtet und ausgewertet. Sowohl die Befragung als auch die Auswertung der Ergebnisse erfolgt nach anerkannten wissenschaftlichen Methoden.

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