Sächsische IHKs zum Koalitionsvertrag: Wirtschaftswende light
Chemnitz, 11. April 2025: Unter dem Titel „Verantwortung für Deutschland“ haben CDU, CSU und SPD ihre politischen Vorhaben für die 21. Legislaturperiode vorgestellt. Die sächsische Wirt-schaft schaut kritisch auf den vorgelegten Koalitionsvertrag.
Chemnitz, 11. April 2025: Unter dem Titel „Verantwortung für Deutschland“ haben CDU, CSU und SPD ihre politischen Vorhaben für die 21. Legislaturperiode vorgestellt. Die sächsische Wirtschaft schaut kritisch auf den vorgelegten Koalitionsvertrag.
„Wirtschaftspolitisch erkennen wir noch keinen großen Wurf, allenfalls eine Wirtschaftswende light – und alles unter Finanzierungsvorbehalt“, sagt Max Jankowsky, Sprecher der sächsischen Industrie- und Handelskammern und Präsident der IHK Chemnitz.
Trotz positiver Ansätze werten die IHKs kritisch, dass die künftige Regierungskoalition die wirtschaftliche Stärkung nicht konsequent als zentrale Richtschnur gewählt hat.
„Wir befürworten die verbesserten Abschreibungsbedingungen in Höhe von 30 Prozent. Investierte Gelder können damit schneller geltend gemacht werden, was sich belebend auf das Investitionsgeschehen auswirken sollte. Positiv sehen wir zudem die schrittweise Absenkung des Körperschaftssteuersatzes auf 10 Prozent. Sie ist eine langgehegte Forderung der IHKs. Ihre Umsetzung bis 2032 ist jedoch unambitioniert. Wir wünschen eine schnellere Umsetzung, um ein echtes Momentum zu kreieren, um das Land mit Schwung aus der Rezession herauszubewegen. Dazu passt auch, dass sich die Koalitionäre nicht zu einer Abschaffung des Solidaritätszuschlages durchringen wollten. Er fungiert längst als verkappte Unternehmenssteuer“, so Jankowsky weiter.
Positiv zu werten seien die Vorhaben beim Bürokratieabbau, etwa beim Ausbau der Infrastruktur durch schnellere Planungsverfahren, die geplanten Reformen beim Bürgergeld, die Flexibilisierung der Höchstarbeitszeit, geplante Entlastungen bei den Energiekosten. Mehr davon sei jedoch nötig!
Die bestehenden strukturellen Defizite würden kaum angegangen. Hier fehlt aus Sicht der Wirtschaft der Mut. „Die Strukturprobleme des Strommarktes bleiben ungelöst. Wir schieben die Energiewende nur weiter vor uns her. Die vereinbarten Maßnahmen sind im Kern Kostenumschichtungen und Make-up. Bezahlt werden müssen sie trotzdem – am Ende immer von der Wirtschaft“, sagt Jankowsky und ergänzt: „Wir müssen aufhören, Probleme nur mit Geld lösen zu wollen. Strukturelle Reformen sind überfällig – im Energiesektor genauso wie bei den Sozialversicherungen oder der Arbeitsmarktregulierung.“
Präsident Andreas Sperl von der IHK Dresden mahnt zudem Tempo an: „Um ein starkes Signal für einen wirtschaftlichen Aufbruch zu senden, muss die Bundesregierung noch vor der Sommerpause entscheidende Impulse setzen!“ Es gelte, keine weitere Zeit zu vergeuden. „Entscheidend ist, dass die deutsche Wirtschaft ihre internationale Wettbewerbsfähigkeit wiedererlangt. Erst dann sind wir wieder „back on track“, um es mit Herrn Merz‘ eigenen Worten zu sagen.“
Besonders kritisch sehen alle drei Kammern die avisierte Erhöhung des Mindestlohns um 17 Prozent (!) bis 2026. „Dieser Schritt ist für uns fast die größte Enttäuschung“, sagt Kristian Kirpal, Präsident der IHK zu Leipzig. Eine solche Anhebung werde aufgrund der einzuhaltenden Lohnabstände in den Unternehmen zu erheblichen Lohnkostensteigerungen für die Wirtschaft insgesamt führen. „Arbeit wird sich also nochmals verteuern und die internationale Wettbewerbsfähigkeit zusätzlich belasten“, so Kirpal weiter.
Christoph Neuberg, Hauptgeschäftsführer der IHK Chemnitz, ergänzt: „Mag das vorgebliche Argument Lohngerechtigkeit sein – unausgesprochen hoffen die Koalitionäre auf einen zeitkaufenden Geldsegen für die Sozialversicherungen. Wir hätten stattdessen einen mutigen Reformansatz erwartet. Hier weiter auf Zeit zu setzen, belastet große Teile der Wirtschaft inzwischen mehr als die Unternehmenssteuern. Hinzukommt, dass die Mindestlohnerhöhung andere gutmeinende Maßnahmen wie die Umsatzsteuerabsenkung für die Gastronomie auf 7 Prozent vermutlich komplett nivelliert.“
Das Fazit der sächsischen IHKs fällt deshalb zurückhaltend, aber nach vorne schauend aus:
Die im vorgelegten Koalitionsvertrag enthaltenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen reichen allein nicht aus, um eine echte Trendwende einzuleiten. Zwar wurden einige Anregungen der IHK-Organisation aufgegriffen – aber leider nicht mit der erforderlichen Konsequenz im Sinne struktureller Reformen. Hier muss die künftige Regierungskoalition im politischen Betrieb nachlegen. Wir erwarten, dass sich echter Reformwille angesichts der faktischen Lage noch zeigt. Wir werden unsererseits weiter darauf drängen.