Menschen der Wirtschaft: Yves Rawiel
MENSCHEN DER WIRTSCHAFT

Yves Rawiel

27. März 2024

In unserer Serie „Menschen der Wirtschaft“ stellen wir Persönlichkeiten vor, die der regionalen Wirtschaft Impulse geben. In dieser Woche ist dies Yves Rawiel, CEO von DAVASO – an IQVIA business.

Seit 2021 leitet Yves Rawiel das Unternehmen, welches sich mit 1.550 Beschäftigten (inklusive Tochterunternehmen) und einem Jahresumsatz von weit über 100 Millionen Euro unter anderem auf die Abrechnung, Prüfung und Evaluation von Gesundheitsleistungen im Auftrag der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen spezialisiert hat. Mit dem Firmenhauptsitz in Leipzig-Mölkau und dem Standort Taucha ist DAVASO eine der größten Arbeitgeberinnen im Raum Leipzig.

Yves Rawiel engagiert sich ehrenamtlich als Mitglied des Beirats der Björn-Schulz-Stiftung. Diese begleitet, stärkt und entlastet seit 1996 Familien mit lebensverkürzend erkrankten Kindern.

Wirtschaft ist für mich …

ist der Motor unserer Gesellschaft. Eine gut funktionierende Wirtschaft stimuliert sozialen Frieden. An der Wirtschaft hängen immer auch Fragen der Gerechtigkeit, der Freiheit, der Gleichheit. Aktuell ist Wirtschaft für mich vor allem ein System, das auf die Digitalisierung wartet und schnell lernen muss, mit neuen Technologien, wie AI/ML (Künstliche Intelligenz/Machine Learning) umzugehen.

Wirtschaft sorgt für Wohlstand und die Verbesserung der Lebensqualität. Und hier kommt mein berufliches Umfeld ins Spiel: Ich bin Geschäftsführer der DAVASO, eines Dienstleisters für das Gesundheitswesen. Wir wollen die Qualität des Gesundheitssystems nachhaltig verbessern. Also ist Wirtschaft immer auch Zukunft, aktuell mit einem Fokus auf Digitalisierung und Nachhaltigkeit.

Wirtschaft ist aber auch Interaktion – ein komplexes Geflecht aus Beziehungen. Wirtschaft hat ethische, moralische und soziale Komponenten. Es darf nicht nur ums Geld gehen. Der kapitalistische Gedanke geht immer zulasten der Menschen, die die Wirtschaft mit ihrer Leistung antreiben. Das sind meistens die kleinen Leute, die beispielsweise in der Produktion arbeiten, in der Pflege, in der Logistik bei Onlinegroßhändlern oder an der Supermarktkasse.

Wer sich für Wirtschaft interessiert und sich mit ihr auseinandersetzt, kann sehr viel über die Welt lernen. Wirtschaft hat einen Einfluss auf fast alles, was wir tun, also alle Aspekte des täglichen Lebens. Das beginnt bei den privaten Finanzen und geht hin bis zu globalen Handelsbeziehungen. In der Auseinandersetzung mit wirtschaftlichen Fragen erhält man ein tiefes Verständnis für die Dynamiken und Funktionsweisen von Sachverhalten. Im Zuge der Globalisierung wird die Welt ja auch nicht einfacher. Ich kann in komplexen Situationen viel besser agieren, wenn ich einen Blick auf das große Ganze habe. Wer sich theoretisch mit Wirtschaft, mit ihren Methoden auseinandersetzt und viel Zeitung liest, der lernt, analytisch, problemlösungsorientiert zu denken und ist in der Lage, schnelle Entscheidungen zu fällen. Und diese Fähigkeiten sind die Basis für beruflichen Erfolg.

Fazit: Wirtschaft ist für mich … eine hochkomplexe und somit wahnsinnig spannende Angelegenheit!

Welches war mein größter Erfolg in meiner unternehmerischen Karriere?

2011 übernahm ich die Geschäftsführung der spectrumK GmbH, einer damals insolventen Gesellschaft im Bereich Versorgungs-, Finanz- und Informationsmanagement. Es ist mir gelungen, das Unternehmen erfolgreich zu sanieren, zu konsolidieren sowie die Produkt- und Dienstleistungspalette neu zu gestalten und auf die Markterfordernisse zu konzentrieren. Ich habe das Unternehmen binnen weniger Jahre zu einem der wichtigsten Gesundheitsdienstleister im Krankenkassenmarkt geführt. Anschließend habe ich es in verantwortungsvolle Hände übergeben und spectrumK entwickelt sich weiterhin sehr gut. Zeitgleich habe ich in Berlin gemeinsam mit einem der international einflussreichsten Wissenschaftsverlage, Elsevier, das wissenschaftliche Institut „InGef“, gegründet, welches bis heute ein hohes Renommee genießt.

Was würde ich aus heutiger Sicht anders machen und warum?

Ich denke nur darüber nach, ob ich etwas anders hätte machen können, wenn ich gescheitert bin. Das war hier ja nicht der Fall. Ich bin auch ohnehin nicht der Typ, der zurückschaut. Ich schaue immer nur nach vorn. Das soll natürlich nicht heißen, dass ich nicht auch Fehler reflektiere, um sie beim nächsten Mal zu vermeiden. Aber in diesem Fall war das Ergebnis äußerst zufriedenstellend.

Wenn ich in entscheidender Struktur der Politik und Verwaltung agieren würde, wo und wie würde ich nachjustieren? Welche Hebel würde ich drücken?

Das sind zwei sehr komplexe Fragen. Hier gäbe es sicherlich viele Ansätze, welche ich an dieser Stelle nicht vollumfänglich beantworten kann. Fragen wir doch erst einmal: Was brauchen wir rein theoretisch, um eine so große Volkswirtschaft wie Deutschland souverän durch die Herausforderungen der Gegenwart zu führen? Wir brauchen starke Führungspersönlichkeiten, die mehrheitsfähig sind und die neben wissenschaftlich-administrativem Know-how auch über Lebenserfahrung und vor allem praktische Einblicke in die Lebensrealitäten der Bürgerinnen und Bürger verfügen. Die Zeiten der reinen Theoretiker in der Wirtschaftspolitik sind aus meiner Sicht vorbei. Darüber hinaus benötigen wir aber auch politische Stabilität im In- und Ausland, eine positive wirtschaftliche Entwicklung, sozialen Frieden und Gerechtigkeit, sehr gute internationale Beziehungen, die auf Transparenz und Rechtsstaatlichkeit beruhen.

Was hemmt die positive Entwicklung von Deutschland aktuell? Da sind multiple Krisen: Krieg, Klima, Migration. Daraus ergeben sich wirtschaftliche und politische Unsicherheiten. Und dann ist da unglaublich viel – in erster Linie rein deutschsprachige – Bürokratie, die unsere Prozesse lähmt und auch dafür sorgt, dass Spitzenfachkräfte aus dem Ausland keine Lust auf Deutschland haben, inzwischen leider auch aus politischen Gründen. Aus meiner Sicht ist das ein Mangel an Digitalisierungsbestrebungen. Wir haben hier einen Investitionsstau von mindestens fünf Jahren!

Wo soll man anfangen? Ich denke, die wichtigsten Dinge – auch in Hinblick auf die Zukunft – sind Bürokratieabbau und Digitalisierung sowie der Umgang mit neuen Technologien, welche den Alltag auch heute schon beherrschen, wie das Smartphone, das wichtigste Element, das wir am Körper tragen – sozusagen die Brieftasche des 21. Jahrhunderts.

Damit wird auch mehr als deutlich, dass die Umstellung auf digitale Prozesse und die damit einhergehende Automatisierung von Routineaufgaben zu enormen Datenmengen führen, die geschützt, aber auch in der jeweiligen Notwendigkeit genutzt werden müssen. Dies ist aus meiner Sicht die größte Herausforderung unseres Jahrzehnts.

Vereinfachte Verfahren, intelligentere Prozesse und das Einbinden der Menschen von Anfang an sind ebenso relevant. So können Bürger von zu Hause aus schon wesentliche Vorarbeit leisten und kommen dann zu einem vereinbarten Termin nur noch zur Identifizierung ins Amt. Aber auch solche Termine können in naher Zukunft rein virtuell stattfinden. Außerdem kann hier gleich ein KI-basierter Assistent zur Seite stehen, der sprachlich unterstützt und vereinfacht. Ich denke, es ist keine Übertreibung, zu sagen, dass vermutlich ein Viertel, vielleicht sogar ein Drittel der in Deutschland lebenden Personen Probleme mit dem Bürokratiemonster Deutschland haben. Und auch wenn das jetzt vielleicht erst einmal paradox klingt, aber: Vielleicht brauchen wir eine Art Entbürokratisierungs-Gesetz, das die Behörden quasi zum Handeln zwingt.

Ich denke, dass die Wirtschaft und die Arbeitswelt in Sachen Digitalisierung schon relativ gut vorangegangen sind. Aber mir fallen hier mindestens drei Bereiche ein, in denen die Digitalisierung noch in den Kinderschuhen steckt und wo sie ganz dringend forciert werden muss, weil wir sonst ganz schnell den Anschluss verlieren! In der Bildung. Im Gesundheitswesen. In Regierung und Verwaltung.

An dieser Stelle möchte ich auch gern die Gelegenheit nutzen, eine Lanze für unsere Politiker zu brechen. Politiker-Bashing scheint zum Volkssport geworden zu sein. Vielen scheint nicht bewusst zu sein, was ein deutscher Spitzenpolitiker aktuell leistet und vor allem unter welchen Bedingungen. Das ist wirklich kein besonders attraktiver Job. Ich wünsche mir da mehr Respekt.

Bei wem wollte ich mich immer einmal schon bedanken auf meinem Weg?

Es gab so viele Leute, die mich gefördert haben, die an mich geglaubt haben, sodass ich hier niemanden hervorheben möchte. Viele Menschen aus dem Markt begleiten mich schon seit 30 Jahren und einige von ihnen sind inzwischen meine Freunde geworden. Ich danke also allen Menschen, die mich seit vielen Jahren begleiten und sich regelmäßig mit mir austauschen. Ihr inspiriert und begeistert mich.

Woraus schöpfe ich Kraft?

Meine Kinder sind meine größte Inspiration. Es gibt nichts Schöneres, als mit ihnen gemeinsam Dinge zu erleben. Ich bin außerdem gern in der Natur unterwegs, zum Beispiel beim Wandern in Österreich. Ich bin ein riesengroßer Camping-Freund und liebe die Berge. Hier finde ich vor allem Ablenkung von der stetigen Informationsflut und dem Entscheidungsdruck, dem man als Geschäftsführer zehn oder zwölf Stunden täglich ausgesetzt ist. Aber auch Trips in fremde Städte und Länder können aktuelle Gedankenketten kurz unterbrechen und entsprechend für einen Boost sorgen. Sport ist natürlich eine der besten Möglichkeiten, den Kopf vom Alltagsstress freizubekommen.

DAVASO

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