Was macht das Mittelstand-Digital Zentrum Leipzig-Halle so wichtig?
13. September 2023Gespräch mit der Netzwerkmanagerin Manuela Grigorjan
Am 28. September 2023 findet in den Räumen der mit uns kooperierenden Handwerkskammer zu Leipzig der Trendradar des Mittelstand-Digital Zentrums Leipzig-Halle statt. Doch womit ist das Mittelstand-Digital Zentrum Leipzig-Halle eigentlich beschäftigt und welche neuen Räume für die regionale Wirtschaft öffnet es? Wir sprachen mit Manuela Grigorjan über den Trendradar, das Mittelstand-Digital Zentrum Leipzig-Halle, die Wasserstoffindustrie und Chancen, heraus aus dem Fachkräftemangel zu kommen.
WIRTSCHAFT ONLINE: Guten Tag, Frau Grigorjan. Sie sind Netzwerkmanagerin bei der Bildungswerk der Sächsischen Wirtschaft gGmbH, konkret bei der Projekt Akademie Sachsen digital. Was ist das denn für ein Projekt?
Manuela Grigorjan: Auch Ihnen einen guten Tag! Die Projekt Akademie Sachsen digital ist die „Innovationsschmiede“ und das interne Dienstleistungszentrum für die Entwicklung und Realisierung innovativer Projekte innerhalb der bsw-Unternehmensgruppe. Hier setzen wir Projekte, wie das bundesweite „Netzwerk Q 4.0“ im innovativen Blended-Learning-Format für die Zielgruppe des Ausbildungspersonals ebenso wie „Demokratische und interkulturelle Kompetenzen stärken“ für sächsische Unternehmen und Lernende an Berufsschulen und das Mittelstand-Digital Zentrum Leipzig-Halle um.
WIRTSCHAFT ONLINE: Sie sind ebenfalls die Vertreterin im Konsortium des Mittelstand-Digital Zentrums Leipzig-Halle. Was macht dieses Zentrum denn konkret?
Manuela Grigorjan: Im Mittelstand-Digital Zentrum Leipzig-Halle bin ich seit Januar dieses Jahres als Netzwerkmanagerin tätig. In jedem der bundesweit 29 aktiven Mittelstand-Digital Zentren ist ein solcher Netzwerkmanager aktiv. Diese sind für den Aufbau und die Pflege von Beziehungen zu allen relevanten Akteuren ihrer Region verantwortlich. Sie haben den Überblick über die Kernkompetenzen des eigenen Zentrums, halten Verbindung, intern zu den anderen Zentren und extern zu den Multiplikatoren, wie den Kammern, den Wirtschaftsförderungen sowie Unternehmer- und Branchenverbänden ihrer Region. Die Netzwerkmanager-Aufgaben umfassen den regelmäßigen Austausch und Kooperationsmöglichkeiten untereinander, die Umsetzung von Vernetzungs- und Synergieeffekten sowie die Erarbeitung von Angeboten.
Das vom BMWK-geförderte „Netzwerk Mittelstand-Digital“ hat zum Ziel, die digitale Transformation der gesamten mittelständischen Wirtschaft in Deutschland nachhaltig weiter voranzutreiben. Das Mittelstand-Digital Zentrum Leipzig-Halle ist in der Metropolregion Mitteldeutschland – konkret in Sachsen und Sachsen-Anhalt – aktiv.
WIRTSCHAFT ONLINE: Ich erlas mir auf der Homepage des Zentrums drei Handlungsfelder. Können Sie uns diese bitte etwas erläutern?
Manuela Grigorjan: Im Handlungsfeld 1 liegt der Fokus auf einer innovativen, nachhaltigen Wertschöpfung, insbesondere von nachhaltigen Strukturen im Produktlebenszyklus regionaler KMU (klein- und mittelständische Unternehmen). Die Unternehmen sollen dabei sensibilisiert, informiert, motiviert und befähigt werden, innovative nachhaltige Produkte bzw. Dienstleistungen und Prozesse unter Berücksichtigung digitaler Werkzeuge zu entwickeln.
Das Handlungsfeld 2 orientiert auf nachhaltige und regionale Lieferketten, welche die Grundlage, sowohl für interne als auch für externe Prozesse sind. Eine systematische digitale Vernetzung der KMU untereinander soll Lieferketten nachhaltiger und auch regionaler ausrichten.
Im Handlungsfeld 3 dient Wissen als elementarer Baustein einer nachhaltigen Entwicklung im Sinne von Kompetenzerweiterung. KMU sollen befähigt werden, dauerhaft – im Sinne des lebenslangen Lernens – selbst bzw. mittels Kooperationen neues Wissen für eine nachhaltige und digitale Ausrichtung ihrer Wertschöpfung zu erwerben.
WIRTSCHAFT ONLINE: Nachhaltigkeit als Oberthema ist mittlerweile und glücklicherweise vielgefragt. Hier kommen Sie mit der von Ihnen geförderten innovativen Produktgestaltung ins Spiel. Wie können nun aber Unternehmen aus unserer Region davon partizipieren?
Manuela Grigorjan: Genau richtig, Herr Hartmann-Tanner. Die Verknüpfung von „Digitalisierung“ und „Nachhaltigkeit“ ist oberstes Projektziel und unsere Arbeitsgrundlage. Dabei haben wir in Gesprächen mit den KMU und in Vernetzungstreffen mit unseren Multiplikatoren festgestellt, dass das Thema „Nachhaltigkeit“ immer noch zu sehr auf Klima und Umwelt sowie auf den ressourcenschonenden Einsatz von Rohstoffen und die Vermeidung von Umweltbelastungen, gesehen wird. Nachhaltigkeit ist jedoch nach unserem Verständnis dreidimensional und betrachtet neben der ökologischen Perspektive ebenso ökonomische und soziale Aspekte:
Nachhaltigkeit kann nur bei gleichwertiger Rücksichtnahme auf alle drei o.g. Bereiche erreicht werden, d.h. keine Wirtschaft ohne Gesellschaft und keine Gesellschaft ohne Ökologie. Wir im Mittelstand-Digital Zentrum Leipzig-Halle möchten uns näher mit dem Schwerpunkt „Soziale Nachhaltigkeit“ beschäftigen, d.h. mit Teilhabe, Selbstbestimmung und Chancengleichheit. Auf Unternehmensebene bedeutet das: Mitarbeiter halten und gesund erhalten – neue Fachkräfte finden und binden. Ein sehr breites Feld und super-spannend.
Gemeinsam mit den Unternehmen aus der Region möchten wir dazu konkrete Themen, wie die „4-Tage-Arbeitswoche“, „Erfolgreiches Onboarding“, „Employer Branding – Die Firmenwebsite als „Aushängeschild““, „Wie und wo schaltet man erfolgreich Stellenanzeigen?“, „Nutzung von Social Media für die Mitarbeiter-Akquise“, „Beteiligungsprozesse und Wertschätzung“, „Exoskelette als Unterstützung bei physischen Belastungen“, „Vielfalt und Chancengleichheit“, „BGM: Betriebliches Gesundheitsmanagement“, das „Kümmerer-Modell” und „Willkommenskultur im Unternehmen“ in verschiedenen Formaten bearbeiten.
WIRTSCHAFT ONLINE: Am 28. September 2023 findet die Digitalkonferenz des Mittelstand-Digital Zentrums Leipzig-Halle statt. Hier sollen unter anderem Themen wie Change-Management und KI bearbeitet werden. Können Sie uns noch weiteres über diese Veranstaltung erzählen?
Manuela Grigorjan: Sehr gern! Vorneweg: Die Konferenz hat seit kurzem ein neues bundesweites Branding: „Trendradar Mittelstand-Digital: eine Konferenz – fünf Orte!“ und richtet sich an Unternehmen aus dem Mittelstand. Die Konferenz für die Region Südost findet am 28. September 2023, von 14:00 Uhr bis 19:00 Uhr statt und steht unter der Überschrift: Fachkräfte gewinnen und sichern!
Wir erwarten Teilnehmende aus den drei mitteldeutschen Bundesländern Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt. Die beteiligten regionalen Zentren Chemnitz, Ilmenau, Leipzig-Halle, Magdeburg sowie die thematisch aufgestellten Mittelstand-Digital Zentren Handwerk und WertNetzWerke haben ein attraktives Programm mit drei Schwerpunkten zusammengestellt:
- Werden Sie attraktiver Arbeitgeber der Zukunft!
- Wie digitale Instrumente bei der erfolgreichen Fachkräftesicherung unterstützen!
- Potenziale, Grenzen und Möglichkeiten von Künstlicher Intelligenz!
Die Teilnehmenden können spannende Impulse, Diskussionen und Praxistalks erwarten. Ein weiteres Highlight wird von 17:00 Uhr bis 18:00 Uhr die Zusammenschaltung mit den anderen vier Konferenzorten des Trendradars Mittelstand-Digital sein. Beim Get-together ab 18:00 Uhr gibt es dann Gelegenheit für persönlichen Austausch mit den Referenten, den Teams der sechs beteiligten Mittelstand-Digital Zentren sowie den Unternehmen.
Wir freuen uns auf die Unternehmen der Region und haben das Programm sowie die Anmeldemöglichkeit hier bereitgestellt.
Noch ein Hinweis: Die Veranstaltung ist selbstverständlich kostenfrei und die Anmeldung erfolgt zentral für alle Teilnehmenden über unser Mittelstand-Digital Zentrum Magdeburg.
WIRTSCHAFT ONLINE: Und wo findet die Digitalkonferenz dann statt, Frau Grigorjan?
Manuela Grigorjan: Mit der Handwerkskammer zu Leipzig haben wir einen traditionsreichen Veranstaltungsort gefunden, der ebenfalls den Grundsatz sozialer Nachhaltigkeit verfolgt, denn die HWK steht für Arbeitnehmerbeteiligung in allen Handwerkskammergremien. Handwerksunternehmen sind eine der Hauptzielgruppen unseres Zentrums. Hier sind mit den Kolleginnen und Kollegen der HWK zu Leipzig mehrere gemeinsame Veranstaltungen geplant.
WIRTSCHAFT ONLINE: Sie sind Co-Autorin der Studie „Berufliche Qualifikationen in der Wasserstoffindustrie“. Dafür wurden explizit die neueren Bundesländer in den Fokus genommen. Welche Ergebnisse hat denn diese Studie erbracht? Ich las da gerade auch bezogen auf die berufliche Weiterbildung von interessanten Befunden.
Manuela Grigorjan: Ja, die Wasserstoff-Studie wurde im Rahmen einer Beitragsreihe zur Energiewende und war ein sehr interessantes Feld für mich. Wasserstoff wird kommen, garantiert! Wenn man die aktuelle Presse verfolgt, wollen vor allem die ostdeutschen Bundesländer das Zukunftsthema Wasserstoff gemeinsam angehen und hier eine Vorreiterrolle übernehmen. In der Studie haben wir festgestellt, dass die technologischen Entwicklungen zu Wasserstoff weit fortgeschritten sind – über alle Sektoren hinweg. Und auch die Weichen für die übergeordneten energie-, klima- und industriepolitischen Ziele sind durch die Bundesregierung gestellt. Allein, bzgl. einer Arbeitsmarktstrategie, insbesondere zu Kompetenzerwerb und zu Qualifizierungsanforderungen gibt es enormen Nachholbedarf und noch keinen wirklichen Plan, wo die Fachkräfte für die neuen Berufe herkommen sollen bzw. wie man diese aus- und weiterbilden will. Wir sehen hier riesige Potenziale für die Fachkräftebedarfe und Kompetenzen „von morgen“, denn Wasserstoff ist auch ein Bildungsthema.
WIRTSCHAFT ONLINE: Zurück zum Mittelstand-Digital Zentrum Leipzig-Halle. Als einer der Demonstratoren sind die HTWK Robots vorgesehen. Hier spielt das Miteinander von Robotik und maschinellem Lernen eine große Rolle. Industrie 4.0 und Künstliche Intelligenz (KI) sind schließlich in aller Munde. Können Sie uns zu den Demonstratoren etwas mehr verraten?
Manuela Grigorjan: Demonstratoren sind Praxisanwendungen, Experimentier- und Laborräume. Dafür öffnen unsere wissenschaftlichen und Kooperationspartner für interessierte Unternehmen die Türen ihrer Labore und Forschungseinrichtungen. In Leipzig und Halle existieren, neben den HTWK Robots, Demonstratoren für 3D-Technologien, hier werden Grundlagen zur additiven Fertigung (CAD, 3D-Druck, 3D-Scan) und Robotik bereitgestellt. Die Forschungsgruppe „Nachhaltiges Bauen“ entwickelt innovative baukonstruktiv-technische Lösungen für energieeffiziente und nachhaltige Gebäudehüllen. Auch bei unserem Trendradar am 28. September in Leipzig gibt es „Demonstratoren zum Anfassen“. In der Begleitausstellung zur Konferenz können die Teilnehmenden den KI-Roboter „Pepper“ kennenlernen. Außerdem stehen drei verschiedene Exoskelette zum Ausprobieren bereit. Und sie erfahren, wie sie über 3D-Kameras virtuelle Rundgänge durch Ihr Unternehmen erstellen können.
WIRTSCHAFT ONLINE: Danke, liebe Frau Grigorjan, für Ihre Zeit und Ihre Antworten.