DR. FABIAN MAGERL ZU DEN LANDTAGSWAHLEN IN SACHSEN

Wahlprüfsteine, Wahlforen und stabile politische Verhältnisse

17. Juni 2024

Im September sind in Sachsen Landtagswahlen. Die IHK zu Leipzig als Sprecherkammer der Sächsischen IHKs engagiert sich im Vorfeld und fordert den vollen Fokus auf die Belange der Unternehmen. Dr. Fabian Magerl, Hauptgeschäftsführer der IHK zu Leipzig, konkretisiert im Gespräch.

Dabei berichtet er von den Aktivitäten der Kammern, den Wahlprüfsteinen, Wahlforen, Möglichkeiten des Bürokratieabbaus, das Angebot, allen politischen Akteuren für einen konstruktiven Austausch als lösungsorientierter Partner zur Verfügung zu stehen und schlussendlich über seine ganz persönlichen Wünsche zur Wahl im September.

WIRTSCHAFT ONLINE: Guten Tag, Dr. Fabian Magerl. Am 1. September 2024 wird der Sächsische Landtag neu gewählt. Sie als Hauptgeschäftsführer der IHK zu Leipzig führen in diesem Jahr auch die Sprecherkammer der sächsischen IHKs.

Dr. Fabian Magerl: Richtig, alle zwei Jahre rolliert die Funktion der Sprecherkammer der drei sächsischen IHKs aus Leipzig, Dresden und Chemnitz. Wir sind nun gerade im „Superwahljahr“ 2024 mit Kommunal-, Landtags- und Europawahl Sprecherkammer und sind dadurch federführend verantwortlich für alle IHK-Aktivitäten, die diese Wahlen auf Landesebene begleiten.

WIRTSCHAFT ONLINE: Und was macht die IHK zu Leipzig ganz konkret hierbei alles?

Dr. Fabian Magerl: Zunächst einmal sind wir inhaltlich aktiv geworden. Das heißt, dass wir in einem breiten Partizipationsprozess gemeinsam mit unseren Mitgliedsunternehmen die sogenannten „IHK-Wahlprüfsteine“ erarbeitet haben. Diese wurden jetzt Anfang Juni an alle Direkt- und Listenkandidaten im Freistaat sowie an die aktuelle Staatsregierung versendet und stehen auch der breiten Öffentlichkeit auf unserer Homepage zur Verfügung.
Außerdem veranstalten wir Mitte August in Leipzig ein Wahlforum, wo wir rund 200 Unternehmerinnen und Unternehmer mit den politischen Spitzenkandidaten der Parteien zusammenbringen. Da wird es dann kurz vor dem Wahltermin im direkten Austausch zwischen Wirtschaft und Politik natürlich auch nochmal spannend: Was bietet die Politik an wirtschaftspolitischen Programmen für die nächsten fünf Jahre an? Und was geben die Firmenvertreterinnen und -vertreter in den Gesprächen an Erwartungen weiter? Neben einer Podiumsdiskussion, wo Unternehmerinnen und Unternehmer auch schon Fragen stellen können, gibt es im Anschluss beim Get-together viele Möglichkeiten für direkte Gespräche mit den Spitzenkandidatinnen und Spitzenkandidaten.
Und letztlich endet die politische Arbeit rund um die Landtagswahl auch nicht mit dem Stichtag 1. September 2024. Danach werden wir uns in die Verhandlungen um einen neuen Koalitionsvertrag einbringen und unsere Forderungen dort ebenfalls platzieren. Es gibt also viel zu tun.  

WIRTSCHAFT ONLINE: Können Sie nochmal genauer auf die angesprochenen Wahlprüfsteine eingehen? Wie und mit welcher Intension wurden diese erstellt?

Dr. Fabian Magerl: In unseren IHK-Wahlprüfsteinen sind in sechs Themenkapiteln kompakt und ganz konkret die wirtschaftspolitischen Forderungen der rund 250.000 IHK-Unternehmen in Sachsen zusammengefasst. Basis waren die Rückmeldungen von rund 1.700 Unternehmen bei einer sachsenweiten Umfrage im vergangenen Herbst, sowie die anschließende Diskussion in den IHK-Ehrenamtsgremien, wie Fachausschüssen und Vollversammlungen der drei sächsischen IHKs.
Das haben wir dann alles auf 16 Seiten zusammengefasst, sodass die Politik nun schwarz auf weiß nachschlagen kann, was die sächsische Unternehmerschaft von der neuen Legislaturperiode erwartet. Nach unseren Erfahrungen sind solche Papiere durchaus wertvoll und dienen den Politikerinnen und Politikern auch für die Erstellung der Wahlprogramme und später in den Koalitionsverhandlungen als inhaltlicher Input und Formulierungshilfen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Gerade die Wirtschaft im ländlichen Bereich muss gleichwertig der Wirtschaft in den medialen und wirtschaftlichen Hotspots gefördert werden. Hier ist noch viel Luft nach oben. Inwiefern kann dies gelingen?

Dr. Fabian Magerl: Es ist uns ein Anliegen, den Fokus auch auf die strukturellen Anliegen des ländlichen Raums zu werfen. Unternehmen, die dort agieren, verdienen es ganz einfach, dass öffentliche Daseinsvorsorge weiterhin in der Breite zur Verfügung gestellt wird. Leipzig, Chemnitz und Dresden sind Wachstumskerne, aber auch das jeweilige Umland muss im Blick bleiben. Sonst verschenken wir gerade auch in Sachsen viel Potenzial.

WIRTSCHAFT ONLINE: Der Bürokratieabbau ist ein immens großes Thema. Wie kann er vorangetrieben werden? Gibt es Ideen?

Dr. Fabian Magerl: Ehrlich gesagt ist die Frage gar nicht so einfach zu beantworten, denn es gibt bei jeder Vorschrift immer irgendwo ein Argument, warum gerade diese wichtig und nötig ist. Dennoch haben wir als IHK in den letzten Jahren viele Vorschläge für Bürokratieabbau auch auf Landesebene unterbreitet. Es gab beispielsweise am Anfang der letzten Legislatur zwei Kommissionen, die ganz konkrete Maßnahmen zur Vereinfachung und Beschleunigung von Förderverfahren und von Genehmigungsverfahren für Industrieanlagen erarbeitet haben. Die Staatsregierung war damals mit im Boot, hat dann aber bis heute nur ganz wenige der Vorschläge umgesetzt. Das ist nicht wirklich nachvollziehbar und wir erwarten, dass solche vorliegenden und umsetzbaren Empfehlungen dann auch tatsächlich umgesetzt werden.
Ansonsten ist Bürokratieabbau auch eine Frage der Einstellung. Die Verwaltungen müssen sich als Dienstleistende und Ermöglichende verstehen. Das heißt, dort, wo es Ermessensspielräume gibt, müssen diese auch genutzt werden und es braucht den Mut, Dinge zu ermöglichen. Und man kann Ermessensspielräume auch institutionell weiter stärken – beispielsweise mit Genehmigungsfiktionen. Das heißt, wenn eine Behörde innerhalb eines bestimmten Zeitraums über einen Antrag nicht beschieden hat, ist er automatisch genehmigt.

WIRTSCHAFT ONLINE: In der Presseinformation zu den Wahlprüfsteinen wurde veröffentlicht: „Allen politischen Akteuren stehen wir für einen konstruktiven Austausch und als lösungsorientierter Partner jederzeit zur Verfügung.“ Das korrespondiert mit den erst kürzlich von der Vollversammlung der IHK zu Leipzig formulierten Grundsätzen und dem klaren Bekenntnis zu Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Können Sie uns bitte noch einmal etwas zur Gesprächsbereitschaft sagen?

Dr. Fabian Magerl: Das heißt in erster Linie, dass wir das Gespräch mit den politischen Akteuren suchen und unsere Argumente austauschen. Für uns steht die Wirtschaft im Mittelpunkt und deren Interessen vertreten wir, konstruktiv und durchaus streitbar, aber stets mit Respekt und im Sinne der Sache. Als Industrie- und Handelskammer sind wir parteipolitisch neutral und zu Gesprächen mit allen Parteien auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bereit. Toleranz, Weltoffenheit, Vielfalt, Diversität, freier Handel und offene Märkte sind unabdingbare Grundwerte für die Wirtschaft. Dies muss in Zeiten wie diesen durchaus betont werden. Ich bin persönlich sehr froh, dass unsere Vollversammlung hier am 5. März dieses Jahres einen so klaren Beschluss gefasst hat.

WIRTSCHAFT ONLINE: Wie sind die Wahlprüfsteine denn unterteilt? Und wo und wie kann man diese einsehen?

Dr. Fabian Magerl: Wie gesagt, haben wir sechs Kapitel: kundenorientierte öffentliche Verwaltung, Unternehmensförderung, Infrastruktur und öffentliche Daseinsvorsorge, Fachkräftesicherung, Bildungspolitik und bundespolitische Forderungen. Auf unserer Homepage sind die Wahlprüfsteine für jede Person einsehbar.

WIRTSCHAFT ONLINE: Bezogen auf die nächste sächsische Staatsregierung: Können Sie uns bitte den folgenden Gedanken weiterführen? Die sächsische Wirtschaft braucht sofort: …

Dr. Fabian Magerl: … den vollen Fokus auf die Belange der Unternehmen! Das ist im Übrigen auch ein Motto unserer Wahlprüfsteine. Es ist klar, dass sich die neue Staatsregierung um viele Politikfelder kümmern muss. Allerdings sind die Konjunkturdaten derzeit schlecht und die Stimmung in der Unternehmerschaft entsprechend frustriert. Die Politik hat sich in den letzten Jahren um viele große Transformationsvorhaben für unser Land gekümmert und dabei zu sehr aus den Augen verloren, dass diese letztlich unmittelbar und mittelbar mit privat erwirtschaftetem Kapital finanziert werden müssen. Jetzt muss der Fokus darauf liegen, attraktive Standort- und Rahmenbedingungen für privates Wirtschaften zur Verfügung zu stellen. Die Politik soll mehr Lust auf Unternehmertum machen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Zum Schluss: Was ist Ihr persönlicher Wunsch im Zusammenhang mit der Landtagswahl am 1. September 2024?

Dr. Fabian Magerl: Ich wünsche mir, dass viele Menschen in Sachsen zur Wahl gehen und dass sich die demokratischen Kräfte in unserem Land einen fairen Wahlkampf liefern. Nach der Wahl muss die Regierungsbildung schnell auf den Weg gebracht werden. Wir brauchen auch in Sachsen stabile politische Verhältnisse, damit die vielen Zukunftsfragen angepackt werden können.

WIRTSCHAFT ONLINE: Danke, Herr Dr. Magerl, für Ihre Zeit und Ihr Engagement.

Zu den Wahlprüfsteinen

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