Unbändige Lebensfreude und Kraft
07. September 2023Gespräch mit der Lanakila-Gründerin Sylvia Michalk
Hochwertige Stoffe aus Meeresplastik? Funktionale Kleidung für Sportlerinnen und Sportler und echte Nachhaltigkeit in der Textilbranche? Sylvia Michalk gründete Lanakila, um genau hier anzusetzen. Die Triathletin bekam dafür sogar unlängst einen Preis. Welchen, warum und was hinter Lanakila alles steckt, verrät sie im Gespräch mit WIRTSCHAFT ONLINE:
WIRTSCHAFT ONLINE: Guten Tag, Frau Michalk. Sie haben gerade Anfang Juli 2023 den dritten Platz beim Publikumspreis der Innovationsplattform futureSAX des Freistaats Sachsen erhalten. Hier traten Sie mit Ihrem Unternehmen Lanakila an, um die Idee moderner und nachhaltiger Sportbekleidung zu präsentieren. Erst einmal Glückwünsche von uns dafür. Was macht aber die Lanakila-Sportbekleidung so nachhaltig und modern?
Sylvia Michalk: Vielen Dank für die Glückwünsche. Ich selbst bin sehr stolz und dankbar, dass so viele Menschen für Lanakila abgestimmt haben. Das zeigt mir, dass die Themen Nachhaltigkeit sowie faire und regionale Produktion von Textilien den Menschen wichtig sind. Die Mission von Lanakila ist es, hochwertige Sportbekleidung zu entwickeln, die Höchstleistungen, also Funktionalität mit Mode und ästhetischem Design, sowie Nachhaltigkeit verbindet und in Identität und Style einzigartig ist.
Bei jedem neu entwickelten Produkt überlegen wir zunächst: Was soll unser Mehrwert an und mit diesem Produkt sein? Die drei wichtigsten Punkte sind für uns: eine überragende Passform, perfekte Funktionalität und ein modernes Design, das sich abhebt. Wir wollen wirklich einen Unterschied machen, der bedeutsam ist.
Wenn wir dann ein Produkt entwickeln und in die Marktreife führen, setzen wir kompromisslos auf Nachhaltigkeit in der gesamten Produktions- und Lieferkette. Unsere Hauptproduktion findet in Sachsen, sogar größtenteils in Leipzig statt und wir verwenden nur Stoffe und Zutaten aus Deutschland und Italien, die sogar größtenteils aus zertifizierter, recycelter Meeresplastik bestehen.
WIRTSCHAFT ONLINE: Sie selbst sind aus Ihrer Perspektive als Triathletin ins Unternehmertum gekommen. Können Sie uns bitte erzählen, wie alles begann?
Sylvia Michalk: Genau. Ich bin seit vielen Jahren leidenschaftliche Triathletin. Wenn man so viele Stunden in Sportbekleidung unterwegs ist wie beim Triathlon-Training und wieder mal hier etwas drückt und scheuert und dort eine dringend benötigte Tasche fehlt; da kam mir immer öfter der Gedanke: „Eigentlich müsste man es selbst machen!“.
Besonders als Frau fühlte ich mich sehr oft nicht gut abgeholt von den bestehenden Herstellern bezüglich Passform und Funktionalität. Nicht anders bei der Optik – ich liebe Mode und einen individuellen Style – aber ich habe tatsächlich keinen Triathlonanzug gefunden, der das ausdrückte, was ich immer beim Sport empfinde: unbändige Lebensfreude und Kraft. Ich wünschte mir etwas Schönes, Feminines und trotzdem starkes – aber definitiv keinen geschrumpften Männer-Triathlonanzug in Uni-Schwarz. Und so fing ich an, die ersten Gedanken zu entwickeln, Designs zu zeichnen und zunächst selbst meine eigene Wettkampfbekleidung mit kleinen Druckmotiven zu verschönern. Später begann ich, Kontakte in die sächsische Textilbranche zu knüpfen, auf Stoffmessen zu gehen und mir Wissen anzueignen. Abends, nach der Arbeit und dem Training, habe ich mir selbst mit YouTube-Tutorials das Designen mittels Grafiksoftware beigebracht. Das alles startete aus reinem Interesse heraus als kleines persönliches Projekt. Ich hatte einen ambitionierten Job als Gebietsleiterin in einem Finanzunternehmen, der mich erfüllte … aber das Lanakila-Feuer fing an, mich zu packen … und vor zwei Jahren entschied ich mich, meinen Konzernjob aufzugeben und mich als Unternehmerin voll auf Lanakila zu konzentrieren.
WIRTSCHAFT ONLINE: Sie sprechen davon, dass Ihre Produkte fair und regional produziert werden. Was heißt das konkret?
Sylvia Michalk: Ich habe International Business studiert und war oft unterwegs in der Welt. Immer wieder habe ich gesehen, was die Verschmutzung der Meere mit Plastikmüll wirklich bedeutet. 7 Millionen Tonnen Plastikmüll landen jedes Jahr im Meer, mit unermesslichen Folgen.
Als es dann darum ging, Stoffe für meine Produkte auszuwählen, war für mich sofort klar, dass, wann immer es funktional möglich wäre, aus Plastikmüll recycelte Stoffe einzukaufen, auch wenn diese teurer sind. Unsere Erde ist es wert und ich war mir sicher, dass ich nicht allein so denke.
Genauso dachte ich bei der Wahl des Produktionsstandortes. Ich wusste durch meinen Beruf, bei dem ich viele sächsische Unternehmen bei der Finanzierung ihrer Investitionen begleiten durfte, wie stark unser Standort ist und wie wichtig es für uns alle ist, diesen auch zu unterstützen. Daher baute ich die Hauptproduktion in Sachsen auf, mit fairen Bedingungen für alle und sehr kurzen Wegen.
Alle Zutaten und Stoffe stammen regional aus Deutschland und Italien und sind zum größten Teil sogar aus recycelter Meeresplastik gefertigt. Zur Nachhaltigkeit gehört für mich auch, eine schmale Lagerhaltung bis hin zur on demand Produktion, das Vermeiden von Verpackungsmüll, sowie CO?-freier Versand.
WIRTSCHAFT ONLINE: Teil Ihres Unternehmens ist die Plattform LANAKILA-CONNECT. Dahinter steht die Idee der Verbindung engagierter und interessierter Menschen. Das ist höchst interessant. Können Sie uns dazu bitte mehr erzählen?
Sylvia Michalk: Eine Herzensangelegenheit ist für mich, mit der Marke Lanakila Menschen zu bestärken, sich ihre Träume zu erfüllen und einander in einer Community zu verbinden. Dafür veranstalten wir z. B. verschiedene Events wie Rennrad-Ausfahrten oder organisieren Treffen auf Triathlon-Veranstaltungen. Zusätzlich haben wir Anfang des Jahres unser eigenes Social-Media-Netzwerk entwickelt, das unabhängig von anderen Social-Media-Plattformen auf unseren eigenen deutschen Servern sicher läuft. Hier können sich Menschen interessenbasiert und kostenfrei vernetzen; fernab von Instagram, Facebook und Co.
WIRTSCHAFT ONLINE: Das Design für Ihre Produkte wird von Designerinnen aus Leipzig erstellt. Wie sind Sie mit diesen in Kontakt gekommen? Was wird denn alles designt?
Sylvia Michalk: Bisher stammen die Lanakila-Designs aus meiner Feder. Für die diesjährige Kollektion habe ich jedoch erstmalig gemeinsam mit drei Studentinnen von der Macromedia Hochschule für Design den Kreativprozess gestaltet. Für die Macromedia Hochschule ist Lanakila Partner für die praktische Projektarbeit. Gemeinsam zu brainstormen und die eigenen Entwürfe zu besprechen und weiterzuentwickeln war in der Tat eine sehr wertvolle und bereichernde Erfahrung für mich. Als Ergebnis konnte ich von allen drei Frauen Designentwürfe in echte Produkte überführen, die man im Shop erwerben kann.
WIRTSCHAFT ONLINE: Auf Ihrem Blog wird die Thematik, die sie umtreibt, weiter gefasst. Es gibt Beiträge zur Ernährung, zu Energieräubern sowie unter anderem zu Veranstaltungen, an denen Lanakila beteiligt ist. Wie viele Menschen arbeiten den eigentlich für Lanakila? Und in welchen Strukturen? Selbst die Inhalte des Blogs müssen schließlich erarbeitet werden …
Sylvia Michalk: Für Lanakila habe ich eine sehr schlanke Unternehmens-Struktur gewählt, um gerade am Anfang immer flexibel agieren zu können. Ich arbeite mit spezialisierten Freiberuflern, die für ihre Sache brennen und mit erfahrenen Lohnfertigungs-Unternehmen für die Produktfertigung. Lagerung, Versand und Retourenabwicklung übernimmt ein Fulfillment Dienstleister. Sehr gerne arbeite ich auch in Kooperationen, so z. B. bei der Blogserie über Ernährung mit der Ernährungsberaterin Irene Rosinski.
Ich selbst halte die Fäden in der Hand, aber da Lanakila gerade stark wächst, wird sich in naher Zukunft auch hier einiges tun.
WIRTSCHAFT ONLINE: Wir lasen, dass Sie unter anderem zertifizierte Stoffe aus Plastikmüll für Ihre „Performance-Linie“ verwenden. Wo kommen diese denn her? Und wo kommt der Plastikmüll her? Und wie geschieht die Umwandlung?
Sylvia Michalk: Meeresplastik, z.B. Pet-Flaschen und Fischernetze, wird global gesammelt, sortiert und gewaschen. Danach wird alles gehäckselt, eingeschmolzen und zu neuen Granulaten verarbeitet. Die recycelten kleinen Plastik–Granulate werden wieder zu Fäden gesponnen und dann aus den Fäden hochfunktionale Stoffe gefertigt. Unsere hochwertigen Stoffe kommen von hochspezialisierten Herstellern, ausschließlich aus Italien.
WIRTSCHAFT ONLINE: Der Begriff der Fast-Fashion ist derzeit oft zu hören, gerade in urbanen Strukturen. Wie wollen Sie als Lanakila dafür sorgen, eben nicht Teil der Fast-Fashion-Berge zu werden?
Sylvia Michalk: Ein wichtiger Teil unseres Nachhaltigkeits-Konzeptes ist, so viel wie möglich auf Nachfrage, also on demand zu produzieren. Ansonsten produzieren wir nur in kleineren Stückzahlen, die wir flexibel und nach Bedarf nachfüllen können. Auf unsere flexible und schnelle Produktion sind wir tatsächlich sehr stolz, da es uns nicht nur Lager-Kosten spart, sondern eben auch Müllberge und Verschwendung auf vielen Ebenen vermeidet. Zudem sind unsere hochwertigen Produkte auf Langlebigkeit ausgelegt und erfahren eine hohe Wertschätzung durch unsere Kunden.
WIRTSCHAFT ONLINE: Und was ist „Lanakila“ überhaupt? Rein von der Begrifflichkeit her ist doch da bestimmt eine Bedeutung dahinter.
Sylvia Michalk: Unbedingt. Ich liebe positive Affirmationen und Bedeutungen. Lanakila ist ein hawaiianisches Wort und bedeutet so viel wie Sieger:In, Kämpfer:In. Also: derjenige, der über sich selbst siegt. Es steht dafür, dass man seine eigenen Grenzen verschieben und unmöglich geglaubtes erreichen kann. Weil Mut, Wille und Fokus Berge versetzen können und ungeahnte Kräfte in uns liegen. Mein Ziel ist, Lanakila zu einer internationalen Premium-Marke auszubauen und mit ihr zu einer nachhaltigen Wende in der Textilbranche beizutragen. Da braucht es echte Lanakila-Vibes.
WIRTSCHAFT ONLINE: Dann wünschen wir Ihnen weiterhin Erfolg – wirtschaftlich, ideell und auch persönlich. Danke für Ihre Zeit und Ihre Antworten.
Sylvia Michalk: Herzlichen Dank für Ihr Interesse.
Lanakila im Netz: https://lanakilasports.de/