Ein Foto vom Team der Transformationslotsen
Gespräch mit Verena Reinecke und Jonathan Barth

Transformationslotsen. Konfliktbearbeitung im Strukturwandel.

05. September 2024

Das Thema Strukturwandel, gerade auch in der Region Leipzig, Landkreis Leipzig und Landkreis Nordsachsen, wirft immer wieder Konflikte auf. Vom Transformationsprozess sind viele, ganz individuell geprägte, Unternehmen betroffen. Das ist für die innerbetriebliche Kommunikation herausfordernd, schließlich sind hier Einzelschicksale mit unternehmerischen Strategien und Bedürfnissen zu koppeln.

Das Pilotprojekt „Transformationslotsen – Qualifizierung zur Konfliktbearbeitung im Rahmen des Strukturwandels“ von IKOME | Steinbeis Mediation hilft Unternehmen, Veränderungen besser zu meistern. Wir führten mit Verena Reinecke und Jonathan Barth, die das Projekt federführend verantworten, ein Interview.

WIRTSCHAFT ONLINE: Welche Zielstellung hat das Projekt?

Reinecke und Barth: Der Fokus unseres Pilotprojekts „Transformationslotsen“ liegt zum einen darauf, Mitarbeitende und Auszubildende in den Unternehmen mit den notwendigen Handlungskompetenzen auszurüsten, um den Strukturwandel nachhaltig in die unternehmerische Praxis zu übersetzen. Die Akteur*innen sollen in die Lage versetzt werden, damit einhergehende Konfliktherde frühzeitig wahrzunehmen, zu verstehen und strategisch anzugehen. Zum anderen sprechen wir mit unserem Projekt auch Schüler*innen allgemeinbildender Schulen der Förderregion an, um ihnen Kompetenzen im Umgang mit Konflikten zu vermitteln. Dabei achten wir auf einen hohen Praxisbezug und Übungscharakter, um den Transfer des Erlernten in den Alltag zu ermöglichen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Wie muss man sich dies konkret vorstellen?

Reinecke und Barth: Im Vordergrund steht insgesamt die Befähigung zur Transformationsbewältigung. Eine frühe, konstruktive Konfliktbearbeitung fördert nicht nur das Klima des Umgangs miteinander, sondern senkt die mit einer unkontrollierten Austragung von Konflikten verbundenen Kosten (und Folgekosten) erheblich.

Darüber hinaus soll ermöglicht werden, bestehende Konflikte auf regionaler Ebene anzugehen und zu bearbeiten, um so zu einem besseren, demokratischen und partizipativen gesellschaftlichen Klima beizutragen. In Abgrenzung zu bestehenden Initiativen zielt unser Projekt ganz bewusst darauf ab, verschiedene Zielgruppen - Führungskräfte, Fachkräfte, Auszubildende sowie Schüler*innen - einzubinden und diese ganzheitlich für die dem Strukturwandel innewohnenden verschiedenen Konfliktdimensionen (digitaler Wandel, ökologischer Wandel, demografischer Wandel) zu sensibilisieren und im Umgang damit zu schulen. In dem Zuge werden auch insgesamt die regionale Resilienz und die generelle Widerstandsfähigkeit gegenüber krisenhaften Situationen bzw. Ereignissen gesteigert.

WIRTSCHAFT ONLINE: Und wie ist das Projekt aufgeteilt?

Reinecke und Barth: Unser Pilotprojekt hat folgende Bausteine: Konzeption und Durchführung von mehrtägigen Konfliktmanagementtrainings, angepasst an die jeweilige Zielgruppe (Mitarbeitende, Fach- und Führungskräfte, Auszubildende und Schüler*innen), Durchführung von Vernetzungstreffen und Entwicklung eines Handbuchs zur Übertragbarkeit des Projektes auf andere Regionen. Es ist zudem geplant, erfolgreich durchgeführte Projektteile, insbesondere Trainings, im Anschluss dauerhaft anzubieten.

WIRTSCHAFT ONLINE: Welche Expertise bringen Sie ein?

Reinecke und Barth: Das Projekt baut auf unseren umfangreichen Vorkenntnissen in den Bereichen Konfliktmanagement und Organisationsentwicklung auf. In diesen Bereichen bieten wir seit über 20 Jahren branchenübergreifend verschiedene etablierte Weiterbildungs- und Beratungsdienstleistungen an. Im Bereich der Mediationsausbildungen sind wir Marktführer in Deutschland. Das Mitteldeutsche Revier ist unser Zuhause und wir kennen die Herausforderungen, die der Strukturwandel sowohl für die Unternehmen im Einzelnen als auch für die Gesellschaft als Ganzes hier mit sich bringt. Wir unterstützen schon seit mehreren Jahren konkret Betriebe bei diesem Transformationsprozess, z. B. durch Beratungen und auch Mediation.

Durch unsere enge Kooperation innerhalb des Steinbeis-Verbunds (u. a. mit Steinbeis-Hochschule, Steinbeis Beratungszentren, Steinbeis Innovation gGmbH, Steinbeis Research gGmbH) verfügen wir über neueste Erkenntnisse und bringen diese fortwährend in unsere Tätigkeit ein. Wir sind Teil des Mittelstand-Digital Zentrums Magdeburg und zählen sowohl Fachleute für den analogen als auch den digitalen Wissenstransfer zu unserem Expertenteam.

Zu unseren Produkten und Dienstleistungen gehören zahlreiche Angebote in den Bereichen Ausbildung (u. a. Mediation, Moderation und Supervision), Beratung (u. a. Bürgerbeteiligung, Organisations- und Personalentwicklung) und Coaching (u. a. systemisches und interkulturelles Coaching).

WIRTSCHAFT ONLINE: An wen richtet sich das Projekt konkret?

Reinecke und Barth: Zielgruppen sind Mitarbeitende und Auszubildende in Unternehmen sowie Schüler*innen allgemeinbildender Schulen der folgenden Landkreise: Stadt Leipzig, Landkreis Leipzig, Landkreis Nordsachsen, Stadt Halle, Landkreis Anhalt-Bitterfeld, Saalekreis, Landkreis Mansfeld-Südharz, Burgenlandkreis, Landkreis Altenburger Land.

Das Projekt wird im Rahmen des Modellvorhabens „Unternehmen Revier“ durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert. Es wird von der IKOME Dr. Barth GmbH & Co. KG in Kooperation mit dem Bundesverband Steinbeis-Mediationsforum e. V. und dem Steinbeis-Innovationszentrum durchgeführt.

WIRTSCHAFT ONLINE: Es geht um Herausforderungen innerhalb des Strukturwandels, auch zwischenmenschliche Herausforderungen und Konfliktherde. Welche können das beispielsweise sein?

Reinecke und Barth: Der beschleunigte Kohleausstieg ist, nicht nur im Mitteldeutschen Revier, mit hohen sozioökonomischen Lasten verbunden. Viele Beschäftigte und Bürger*innen sorgen sich nicht nur um die Arbeitsplätze im Bergbau, sondern auch darum, dass die Region insgesamt weiter an Bedeutung verlieren könnte. Dies führt zu Unsicherheit und Frustration, die im (Arbeits)-Alltag der Menschen spürbar ist. In der Region vollziehen sich zahlreiche Umbrüche. So ringt sie wie viele andere Kommunen und Regionen mit den besonderen Herausforderungen, die aus den Folgen, der Dynamisierung oder der Überlagerung gleich mehrerer Transformationsprozesse entstehen: digitaler Wandel, ökologischer Wandel, demografischer Wandel.

Auch wenn es bei Konflikten immer individuelle Entstehungsfaktoren gibt, befördern und beschleunigen z. B. der Fachkräftemangel, ein hoher Arbeitsdruck und die Einführung von digitalen Prozessen Konflikte in Unternehmen.

Als Beispiel kann hier z. B. die Einführung einer neuen Software genannt werden, die für Mitarbeitende der älteren Generation zu einer besonderen Herausforderung wird, während Mitarbeiter der Generation „Digital“ geradezu selbstverständlich mit der neuen Technik umgehen können. Teammitglieder können sich hier schnell abgehängt und in ihrer bisherigen Arbeitsleistung nicht mehr gesehen fühlen. Kommt die Sorge um einen möglichen Arbeitsplatzverlust hinzu, erhöht sich das Konfliktpotenzial weiter.

Gegensteuern lässt sich in einer solchen Situation mit Transparenz, guter Kommunikation (auch zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitenden) sowie dem Fragen nach den Wünschen, Erwartungen und Möglichkeiten des Einzelnen.

Hier eine weitere Eskalation zu verhindern und einen interessengerechten Ausgleich zu finden, das lernen die Teilnehmenden unseres Pilotprojektes im Training.

WIRTSCHAFT ONLINE: Danke für Ihre Zeit und Ihr Engagement.

Institut für Kommunikation und Mediation | Dr. Barth IKOME®

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