Start-up bedeutet für mich…
08. November 2022neugegründete Unternehmen, die unter Zuhilfenahme von Technik, etwa selbstentwickelte Softwarelösungen, ein relevantes Problem auf eine neue Art und Weise lösen. Die eingesetzte Technik hilft dabei, alle Ressourcen wie Arbeitskraft, Energie oder Rohstoffe sinnvoller zu nutzen. Außerdem schafft sich ein Start-up einen eigenen Markt. Die bekannten Paradebeispiele haben sich vor allem deshalb etabliert, weil sie ein Produkt oder eine Dienstleistung entwickelt haben, die nicht mehr wegzudenken ist, ohne dass der Bedarf vorher auch nur denkbar war.
Kein Geld + keine Zeit = Effizienz
Die Arbeitsweisen von Start-ups scheinen bisweilen mystische Faszination auszuüben. Sie sind vor allem eins: super effizient. Aber nicht, weil die Gründerinnen und Gründer alle ganz besonders vielseitige Superkräfte haben, sondern weil alle Start-ups zwei relevante Probleme vereinen: wenig Zeit und wenig Geld. Aus dieser Situation heraus muss ein junges Unternehmen Aufgaben und Hürden meistern, mit den Ressourcen, die zur Verfügung stehen. Das sind zumeist nur eine Handvoll Leute, die aber extrem motiviert und mutig sind und Lust haben, für eine Idee über sich hinaus zu wachsen.
Bei der Gründung stehen die Start-ups mit ihrer Idee erstmal allein auf weiter Flur und müssen daher vor allem sehr schnell und flexibel sein. Wo Knowhow fehlt bzw. das Geld für Spezialisten, machen sie sich Software zunutze, beispielsweise für die Buchhaltung. Das ist kein Thema, vor dem man sich wegducken kann, oder dilettieren darf. Das muss sitzen, auch wenn die Ahnung und Zeit dafür fehlt. Also wird nach einer Software gesucht, die dieses Thema effizient und kostengünstig löst. Diese Suche und Implementierung beherrschen Start-ups richtig gut.
Aus meiner Sicht ist diese hoch innovative Arbeitsweise durchaus auch für etablierte Unternehmen interessant, es befreit nämlich extrem von Überorganisation und Verkopfung. Teams fachlich (und fürsorglich) in fremdes Terrain schicken und ihnen weit mehr zutrauen, als sie es selbst tun, ist Zucker für Themen wie Talentförderung und Mitarbeitermotivation.
Begegnungen auf Augenhöhe
In Leipzig schauen wir auf eine regionale Start-up-Szene, die auf dem besten Weg ist. Die sächsischen Förderprogramme sind gut und vielfältig.
Was aber beinahe noch wichtiger ist, sind starke Partner. Nicht nur hinsichtlich der Mittelbeschaffung, sondern vor allem durch den Glauben an die Idee, die Gründerteams und durch das Einlassen auf neue Arbeitsweisen. Start-ups brauchen starke und verständnisvolle Dienstleister, gerade in den Bereichen, die für sie schwierig sind, wie rechtliche oder finanzielle Aspekte.
Hier sehe ich die IHK zu Leipzig als wichtigen Partner – ein Brückenbauer für Kooperationen, Partnerschaft und Marktzugang.
Der Kontakt zu etablierten Unternehmerinnen und Unternehmern ist extrem wertvoll, da diese schon durch Krisen gegangen sind, Probleme bewältigt und Herausforderungen gemeistert haben, von denen Start-ups noch gar keine Ahnung haben dürfen. Umgekehrt können frische und junge Ideen auch helfen, die etablierten Unternehmen gelegentlich etwas aufzuwirbeln. Wichtig für beide Seiten ist eine offene Begegnung auf Augenhöhe.
Immer nur Erfolgsgeschichten
Am liebsten hören wir alle die krassen Erfolgsgeschichten von Unicorns und Exits. Man solle diese aber relativ sehen. Das ist nur die mystische Spitze des Eisbergs. Viele Start-ups müssen unendlich lange kämpfen, brauchen einen langen Atem und schaffen es dann – aus den vielfältigsten Gründen – oft eben doch nicht, zu überleben. Hätten wir in Deutschland eine wertschätzendere Fehlerkultur, gäbe es vielleicht ein paar mehr Unicorns in den nächsten Jahren.
Ein Start-up zu gründen scheint mir bisweilen eine Art Trendsport zu werden. Ich glaube die Arbeit, die eine solche Gründung frisst, lange bevor Erfolg auch nur am Horizont schimmert, wird zu oft unterschätzt. Wer gründen will, sollte sich klarwerden, warum er das tut. „Bock haben“, ein Start-up zu gründen, reicht nicht. Das allein trägt einen nicht über all die Hürden und Herausforderungen, die kommen.
Aus eigener Erfahrung empfehle ich: Erst mal in der „Szene“ arbeiten ist eine hervorragende Möglichkeit, die eigene Resilienz zu testen und eine Ahnung zu bekommen, was das (Arbeits-)Leben zwischen Bürohundenapf und pitch training so alles bringt.
Am Ende ist jede Neugründung der Beginn einer verrückten Reise, deren Erfolg von Netzwerk, Partnern, Durchhaltevermögen und dem richtigen Timing abhängt. Unternehmerinnen und Unternehmer eint – egal ob Start-up oder etabliertes Geschäftsmodell – die Lust am Unternehmen. Austausch von Erfahrungen ist wichtig sowie Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit statt buzzwords und Scheinwahrung. So lernen wir am besten voneinander.
Bei Fragen hilft Ihnen die Redaktion der WIRTSCHAFT ONLINE gerne weiter.