Reform der Arbeitszeiterfassung weckt Sorgen vor neuer Bürokratie
06. Juni 2023Im Bundesministerium für Arbeit und Soziales unter Bundesarbeitsminister Heil wurde ein Referentenentwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes erarbeitet.
Dieser Entwurf sorgt nach medialer Bearbeitung durch große überregionale Zeitungen nachvollziehbarerweise in der regionalen Wirtschaftswelt jetzt schon für Aufregung, obwohl er sich noch in der Regierungsabstimmung befindet und die obligatorische Verbändebeteiligung noch nicht eingeleitet wurde. Das Arbeitsministerium muss mit der Reform des Arbeitszeitgesetzes Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) umsetzen, welche eine Erfassung der Arbeitszeiten verlangen.
Uns gegenüber haben Unternehmen ihre Sorgen geäußert. Beispielsweise sagt Steffen Foede, Geschäftsführer der Konsum Leipzig Dienstleistungsgesellschaft mbH: „Über diese Gesetzesinitiative bin ich mehr als verwundert und traurig. Wollen wir nicht Bürokratie und sinnlosen Aufwand vermeiden, die Flexibilität fördern und uns auf wesentliche Dinge konzentrieren? Hier sehe ich ein weiteres Bürokratiemonster auf uns zukommen.“
Neuer Entwurf: Unternehmen sollen Arbeitszeiten elektronisch erfassen – Ausnahmen und Übergangsregelungen
Unternehmen (Arbeitgeber) sollen laut Entwurf Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit ihrer Beschäftigten erfassen. Dies soll abschließend in elektronischer Form und noch am selben Arbeitstag geschehen. Die Nachweise sollen zwei Jahre aufbewahrt werden. Die Spezifizierung des Entwurfs liest sich hier differenzierter: „Bis ein Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes können Betriebe die Arbeitszeit noch händisch aufzeichnen. Für Unternehmen mit weniger als 250 Angestellten gilt dies bis zu zwei Jahren, für Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten sogar fünf Jahre. Betriebe bis zu zehn Mitarbeitenden müssen keine elektronische Arbeitszeiterfassung einführen, was ebenfalls für ausländische Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten gilt, solange sie keinen eigenen Standort im Land haben.“
Hier ist festzustellen, dass die Vielzahl der im IHK zu Leipzig-Kammerbezirk agierenden Unternehmen zu der Gruppe mit bis zu zehn Mitarbeitenden gehört und damit von der geplanten Ausnahmeregelung profitieren.
Der Entwurf sagt weiter aus, dass „[…]die Erfassung durch einen Arbeitnehmer oder einen Dritten erfolgen“ kann. Weitere Details hierzu sind noch nicht ausgearbeitet. Klar ist jedoch, dass das Unternehmen (Arbeitgeber) für die Aufzeichnung verantwortlich ist.
Laut dem Handelsblatt können Tarif- oder Betriebsparteien Ausnahmen für Arbeitgeber festlegen, bei denen die Arbeitszeit aufgrund der besonderen Merkmale der Tätigkeit nicht gemessen oder im Voraus festgelegt werden kann oder von den Arbeitnehmern selbst festgelegt wird. Diese Ausnahmen gelten beispielsweise für Führungskräfte, herausgehobene Experten oder Wissenschaftler. Auch leitende Angestellte, die weisungsfrei arbeiten, können von der Arbeitszeiterfassung befreit werden. Im deutschen Arbeitsrecht gibt es jedoch keine eindeutige Definition für „leitende Angestellte“.
Klärungsbedarf bei Vertrauensarbeitszeit – fehlende Festlegungen für Home-Office
Auch beim Thema Vertrauensarbeitszeit besteht Klärungsbedarf. Der Entwurf formuliert, dass „durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen“ sei, dass dem Unternehmen „Verstöße gegen die gesetzlichen Bestimmungen zu Dauer und Lage der Arbeits- und Ruhezeiten bekannt werden“. Was dies konkret bedeutet, bleibt vage.
Für das durch Digitalisierung und die Herausforderungen der derzeitigen Krisen stärker in den Fokus geratenen Thema „Home-Office“ sieht der Entwurf aktuell keine Festlegung vor.
Bei Missachtung des Regelwerks werden jedoch schon sehr klar definiert drakonische Strafzahlungen angedroht. So heißt es, wenn Unternehmen die geforderten Aufzeichnungen „nicht oder nicht richtig, nicht vollständig, nicht in vorgeschriebener Weise oder nicht rechtzeitig“ erstellen, dass Bußgelder in Höhe von bis zu 30.000 EUR fällig werden. Dies gilt auch bei Verstoß gegen die Aufbewahrungsregelungen.