Prof. Dr. Michael Maul
05. Juni 2024In unserer Serie „Menschen der Wirtschaft“ stellen wir Persönlichkeiten vor, die der regionalen Wirtschaft Impulse geben. In dieser Woche ist dies Prof. Dr. Michael Maul, Intendant des Leipziger Bachfestes und 2024er-Gewinner der „Leipziger Lerche“.
Die begehrte Trophäe bekam er explizit für sein Engagement für den Wirtschaftsstandort Leipzig, den er und sein Team durch seine herausragende Arbeit im Kultursektor stärken. So kamen allein im letzten Jahr zum Bachfest 70.000 Besucherinnen und Besucher aus 56 Ländern nach Leipzig.
Das Leipziger Bachfest 2024 findet von diesem Freitag, dem 7. Juni 2024, bis zum Sonntag, dem 16. Juni 2024, statt und bietet wieder ein hochkarätiges Programm für alle Menschen, die der Musik Johann Sebastian Bachs zugewandt sind.
Wirtschaft ist für mich …
... unverzichtbar und die Halsschlagader auch in jedem Kultur-Körper. Ohne Wirtschaft könnte Kunst nicht (über)leben und wäre nur Selbstzweck!
Welches war mein größter Erfolg in meiner unternehmerischen Karriere?
Ich glaube, die ganze Entwicklung, die das Bachfest seit 2016 genommen hat, ist eine ziemlich beispiellose Erfolgsgeschichte. Als ich mich anschickte, Intendant des Festivals zu werden, stand das Bachfest kurz vor der Abwicklung. Heute, acht Jahre später – davon fast drei unter Pandemiebedingungen – hat sich der Umsatz verdoppelt und es reisen zum Bachfest Menschen aus über 50 Nationen. So international ist kein anderes deutsches Festival. Und dass wir es während Corona sogar geschafft haben, unseren Bekanntheitsgrad noch zu steigern, soll uns erstmal einer nachmachen. Bach ist eben eine saustarke Marke, zeitlos und global. Kurz: ein Hammerprodukt!
Was würde ich aus heutiger Sicht anders machen und warum?
Schwer zu sagen, da wir jetzt schon eine lange Erfolgssträhne haben. Außerdem neige ich dazu, mir und meinem Team immer eher etwas zu viel als zu wenig zuzumuten. Vielleicht hätte ich bei dem ein oder anderen Neben-Projekt sagen sollen: Das wäre vielleicht nicht nötig gewesen. Vielleicht hätte ich mir manchmal (noch) mehr Zeit nehmen sollen, den Kollegen zu erklären, warum dieses oder jenes jetzt wirklich nötig ist. Aber: Hinterher ist man immer schlauer. Und die Kunst, auch einmal „Nein“ zu sagen, habe ich noch nicht perfektioniert.
Wenn ich in entscheidender Struktur der Politik und Verwaltung agieren würde, wo und wie würde ich nachjustieren? Welche Hebel würde ich drücken?
Auf jeden Fall würde ich alle erstmal zum Dialog verdonnern. Es wird zu viel übereinander und nicht miteinander geredet; Abschottung ist leider Programm, ein jeder in seiner Blase.
Wir haben einige Themen, die in der Kommunikation enttäuschenderweise total vergiftet und doch so unglaublich wichtig sind, gerade was Mitteldeutschland als Wirtschaftsstandort betrifft. Stichworte: Zuwanderung und Integration. Ich bin gerade zurück vom Jahrgangstreffen der Baden-Badener Unternehmergespräche – diesmal aus Istanbul. Obwohl ich nur drei Tage dort war, hat dies mein Bild von der Türkei völlig verändert. Ein unglaublich agiles Land, Durchschnittsalter 32. Hoch motivierte, sehr gut ausgebildete junge Leute, die richtig Bock haben zu arbeiten – und angesichts der jüngeren politischen Entwicklungen sehr neugierig Richtung Europa/Deutschland schauen. Und wir suchen hier auf so vielen Ebenen händeringend Personal.
Bei wem wollte ich mich immer einmal schon bedanken auf meinem Weg?
Bei meinem Vater, der das alles nicht erleben konnte, weil er so früh starb. Da er so Bach-bekloppt wie ich war, hätte es ihn sicher sehr gefreut zu sehen, wie ich mich entwickle! Und bei Bach persönlich: dafür, dass ich so schön in seinem Windschatten segeln darf!
Woraus schöpfe ich Kraft?
Immer wieder aus Bachs Musik, denn die begeistert mich immer wieder aufs Neue und verleiht neue Motivation, auch wenn es mal etwas zäh läuft. Glücklicherweise werde ich ja auch für meine Bach-Bücher, Podcasts etc. etc. mit Lob überschüttet – was auch manchmal hilft, Durststrecken zu überstehen. Natürlich auch aus der Familie und außerdem: aus Exkursionen in die Wildnis. Wüsten, so ganz ohne Bäche, sind meine Leidenschaft!
Bei Fragen hilft Ihnen die Redaktion der WIRTSCHAFT ONLINE gerne weiter.