Partner sein und auch mal gemeinsam feiern
25. August 2022Die Wirtschaftsjunioren Leipzig sind ein eigenständiger Verein, der vielfältig mit der IHK zu Leipzig kooperiert. Die im Verein vernetzten Unternehmerinnen, Unternehmer sowie Führungskräfte sind alle unter 40 Jahren jung, engagiert im Beruf und wollen darüber hinaus etwas bewegen.
Für unsere Spezialausgabe der WIRTSCHAFT sprachen wir mit Raphael Mis (Kreisvorsitzender, Manager wunderbar Plagwitz und Mitgründer von jobzzz.de), mit Florian Arndt (WJ-Mitglied und Gründer sowie Geschäftsführer der Filmagentur Son sog Motion Pictures GmbH) sowie Steffen Heyde (WJ-Kassenwart, WJ-Mitgliedsbetreuung sowie Geschäftsführer des Stadtmagazins urbanite und Gründer des urban store). Lesen Sie hier die vollständigen Interviews:
WIRTSCHAFT ONLINE: Herr Mis, gerade der Leipziger Westen ist ein Hotspot der Start-up-Szene. Inwieweit berührt Euer Raum für interdisziplinäre Zukunftsforschung wunderbar diese Szene und auch andersherum?
Raphael Mis: Unter dem Motto „Zukunft gestalten“ treffen sich regelmäßig Leipziger Initiatoren von innovativen Projekten und Start-ups, die an der Schnittstelle von Wissenschaft und Wirtschaft tätig sind, in wunderbar. Dafür haben wir unterschiedliche Formate gefunden, wie das New Work Festival, das Community-Frühstück und die beliebte Afterwork Veranstaltung ÜBERSTUNDE, bei der wir jeweils 2-3 Start-ups die Möglichkeit geben, sich vorzustellen. Unter die Gäste aus der Leipziger Start-up- und Kulturszene mischten sich auch schon Sebastian Gemkow, sächsischer Staatsminister für Wissenschaften, der mit zahlreichen Teilnehmern zu den Chancen und Herausforderungen für den Gründer- und Wissenschaftsstandort Leipzig ins Gespräch kam. Bei einem weiteren Besuch in Leipzig-Plagwitz informierte sich der Staatsminister für Regionalentwicklung, Thomas Schmidt, über sächsische Start-ups und deren Expertise im Bereich Nachhaltigkeit und Landwirtschaft. Unser Ziel ist es, Menschen zusammenzubringen, Netzwerke aufzubauen und zu stärken sowie guten Ideen einen Raum zu geben. Weil das gemeinsam am besten gelingt, kooperieren wir von Beginn an mit starken Partnern wie den Wirtschaftsjunioren Leipzig e.V., dem Unternehmerverband Sachsen e.V., den Start-Up Teens, diversen Hochschulen und Forschungsinstituten sowie unserer „Mutter“, der Communisystems Gruppe.
WIRTSCHAFT ONLINE: Welche Chancen ergeben sich aus Eurem Engagement als Wirtschaftsjunioren für die Start-up-Szene?
Raphael Mis: „Umgib dich mit Menschen, die dich weiterbringen.“ Was klingt wie ein Kalenderspruch, bringt es in diesem Fall auf den Punkt. Mehr als 100.000 Menschen weltweit, über 10.000 davon in Deutschland und zirka 80 Menschen in Leipzig mit einem gemeinsamen Nenner – alle möchten sich weiterentwickeln und etwas Großes bewegen. Dieses belastbare Netzwerk aus Unternehmer:innen, Führungskräften und Young Professionals unter 40 bietet für Gründer:innen eine Plattform, um Sparringspartner zu finden, über Erfahrungen zu sprechen, Türen zu öffnen oder bei unseren Trainings die persönlichen und beruflichen Skills weiter zu entwickeln. Bei ungefähr 30 Veranstaltungen im Jahr treffen sich die WJ Leipzig – vom Stammtisch über Deep Dives bis hin zu unserem Jahreshighlight, der MentYou! am 5. Oktober, ist hier für jeden etwas dabei.
WIRTSCHAFT ONLINE: Herr Arndt, Sie selbst waren auch mal Gründer. Welches war die wichtigste Quintessenz? Was hat Sie selbst erfolgreich gemacht?
Florian Arndt: Als ich zufällig und passenderweise am Valentinstag 2014 die „Sons of Motion Pictures GmbH“ mit meinem Filmteam gegründet hatte, waren Mut, Aktionismus und Offenheit die Zutaten für ein schnelles Gelingen. So haben wir beispielsweise bereits wenige Jahre nach der Gründung festgestellt, dass unser Marktbegleiter Picmention eine perfekte unternehmerische Ergänzung ist und so kooperierten wir erst und später fusionierten wir direkt.
Ein weiterer persönlicher Meilenstein war für mich im dritten Geschäftsjahr als Geschäftsführer, als ich in meinem Jahresurlaub mein Handyladekabel vergaß. Drei Wochen abgeschnitten von der Firma und ich kurz vorm Kollaps, habe ich festgestellt, dass es auch ohne mich gut laufen kann. Also nutze ich meinen letzten Strandtag und schrieb eine Not-Do-List. Wieder zurück in Deutschland habe ich dann den internen Slogan „You are the boss“ im Unternehmen eingeführt und extrem viel Verantwortung an meine kompetenten Mitarbeiter:innen abgegeben. Das Ergebnis: Wir haben innerhalb von drei Monaten unseren Umsatz verdreifacht und unseren Gewinn verfünffacht! Die Mitarbeiter:innen waren zufriedener und ich habe viel weniger gearbeitet als zuvor, denn plötzlich waren wir damals nicht mehr zwei, sondern sozusagen 20 Geschäftsführer und ich als Flaschenhals war weg. Die ersten Wochen lang hatte ich wirklich ein schlechtes Gewissen, weil ich mehr Geld für weniger Arbeit verdient habe, aber so hatte ich mehr Zeit, mich um meine wahre Passion zu kümmern, nämlich Regie führen bei (Werbe)filmen. Win-Win-Win.
WIRTSCHAFT ONLINE: Wie und an welchen Stellen berühren sich Ihre Arbeit und die Start-ups? Wie befruchten sich die unterschiedlichen Ansätze?
Florian Arndt: Da wir uns mit Eigenkapital aus meiner alten „Kinderfirma“ aus Thüringen gegründet hatten, die ich mit 11 Jahren und vielen Freunden gegründet hatte, zählte ich uns selbst nie als klassisches Start-up, eher als Jungunternehmen. Denn ich habe die Firma weder mit dem Gedanken an eine goldene Exitstrategie gegründet, noch waren Banken oder Investoren direkt beteiligt.
Doch die Herausforderungen in den ersten Jahren sind gewiss ähnlich: zu schneller Wachstum, Prozesschaos und zu viele Anfragen auf einmal. Ich hätte als 21-jähriger Abiturient mit Seepferdchen gewiss weder Geld von der Bank noch von Investoren bekommen und irgendwie bin ich so oldschool und wollte auf keinen Fall fremdes Geld im Ernstfall in den Sand setzen.
Heute zählen aber neben Dax und KMUs auch hin und wieder Start-ups zu unseren Kunden, denn gerade junge Unternehmen wissen zumeist um die Macht der bewegten Bilder im Sales, Recruitment oder Image. Und da die Prioritäten durch TikTok und Co. im Marketingbudget gerade neu sortiert werden und der Werbefilm immer öfter Leitmedium von Kampagnen wird, haben wir als Filmagentur sehr große Freude, mit Start-ups vor allem kreative und effiziente Filmkreationen zu produzieren, die ihren Return auch mehrheitlich schnell wieder einfahren, im BtB sowie im BtC.
WIRTSCHAFT ONLINE: Welche Chancen ergeben sich aus Ihrem Engagement als WJ für die Start-up-Szene?
Florian Arndt: Die Wirtschaftsjunioren sind ein wunderbares Unternehmer:innen-Netzwerk für junge Gründer:innen und Führungskräfte unter 40 Jahren, das merkt man schon am sehr günstigen Jahresbeitrag und die nationale plus internationale Anbindung mit JCI ist nicht nur gut für das Geschäft, sondern auch die Themen Weiterbildung, Freundschaft, Spaß und gesellschaftliches Engagement und dies sind zentrale Bestandteile von WJ.
WIRTSCHAFT ONLINE: Herr Heyde, Sie sind u. a. der Mann hinter dem Leipziger urban store. Inwieweit berührt dieser Store die Start-ups-Szene und auch andersherum?
Steffen Heyde: Mit dem urban store wollen wir den kleinen und noch nicht so bekannten Unternehmen bzw. Start-ups aus Leipzig und der Region die Möglichkeit geben, sich zu präsentieren. Das erfolgt bei uns inzwischen auf ganz unterschiedlichen Ebenen: im urbanite Stadtmagazin, indem wir die Unternehmen dort in der Rubrik „made in Leipzig“ vorstellen sowie die Unternehmen an sich, aber auch die Menschen dahinter zeigen können, im web auf urbanite.net, wo wir diese Geschichten spiegeln, auf social Media, wo wir nochmal eine jüngere Zielgruppe erreichen können, bei der Afterwork-Reihe ÜBERSTUNDE, wo sich die Unternehmerinnen und Unternehmer mit dem Produkt direkt vorstellen können und eben im urban store. Gerade also die lokalen Produkte, die noch nicht überall erhältlich sind, aber die es zu unterstützen gilt – denen wollen wir einen Raum geben. Unser Ziel ist erreicht, wenn wie beispielsweise jetzt neu CAPRIVA, ein Wassermelonen-Aperitif aus Leipzig, u. a. dank der Platzierung im urban store auch bei Konsum gelistet wird.
WIRTSCHAFT ONLINE: Welche Chancen ergeben sich aus Ihrem Engagement als WJ für die Start-up-Szene?
Steffen Heyde: Wir können bei WJ Start-ups vor allem in der Anfangsphase der Unternehmung unterstützen, aber auch in der Weiterentwicklung und im Wachstum. Das bestehende und stetig wachsende Netzwerk, welches WJ schon hat bzw. welches sich durch jedes neue Mitglied erweitert, hilft jungen Unternehmerinnen und Unternehmern – ob persönlich, wenn es darum geht, sich auch mal über Herausforderungen auszutauschen oder bei der Vermittlung von Partnern. Durch das Engagement als WJ öffnen sich viel leichter und schneller Türen, die zuvor verriegelt schienen.
WIRTSCHAFT ONLINE: Sie sind schon längere Zeit verantwortlich wirtschaftlich aktiv. Gibt es eins, zwei Tipps, die Sie jungen Start-ups gerne mal ins Büchlein schreiben würden?
Steffen Heyde: Auch, wenn es keine neue Erkenntnis ist, aber ein gutes Netzwerk, welches man so gut wie möglich pflegt und lebt, ist mit nichts aufzuwiegen. Daher sind wir mit urbanite als Sponsor bei so vielen Sportvereinen aktiv, deshalb haben Raphael Mis und ich die ÜBERSTUNDE entwickelt und deswegen bin ich auch bei den Wirtschaftsjunioren aktiv. Zudem würde ich jedem empfehlen, ein neues Business mit einem Partner zu gründen. Partner können sich gegenseitig unterstützen, wenn es einmal nicht so läuft, wie erhofft und Partner können zusammen feiern, wenn man gemeinsam den nächsten Meilenstein erreicht hat.
WIRTSCHAFT ONLINE: Wir danken Ihnen allen für Ihre Zeit und Ihre Antworten.