Das Team der enaDyne GmbH Maria Sonntag / Team enaDyne GmbH
Gespräch mit Sächsischem Gründerpreisträger Philipp Hahn

Neue, disruptive Technologien sind ein wesentlicher, profitabler Ansatz zur Lösung des Klimaproblems

15. Juli 2024

Der Sächsische Gründerpreis sucht jedes Jahr innovative Geschäftsideen und Gründungskonzepte. Auf Platz 1 des branchen- und technologieoffenen Wettbewerbs landete 2024 die enaDyne GmbH aus Leipzig. Auf den nachfolgenden Plätzen rangierten die Next3D GmbH und die Primogene GmbH, ebenfalls aus Leipzig. Wir sprachen mit einem der Gründer, Phillip Hahn, der gemeinsam mit seinem Team und dem Mitgründer Christian Koch eine großartige Technologie made in Leipzig zur Marktreife gebracht hat und jetzt international vermarktet.

WIRTSCHAFT ONLINE: Guten Tag, Herr Hahn. Ihnen, Ihrem Partner Christian Koch und Ihrem ganzen Team erst einmal Glückwünsche zum Sieg beim Sächsischen Gründerpreis 2024. Auch auf Platz 2 (Next3D GmbH) und Platz 3 (Primogene GmbH) landeten Leipziger Gründungen auf den Gewinnertreppen. Ist Leipzig ein gutes Pflaster für Gründungen? Und warum? Was macht Leipzig gerade im Bereich Innovation erfolgreich?

Philipp Hahn: Vielen Dank! Wir freuen uns sehr, aus einem so starken Teilnehmerfeld ausgewählt worden zu sein. Ja, aus unserer Sicht ist Leipzig ein sehr guter Standort für Gründungen. Von den starken lokalen Hochschulen wie der Universität Leipzig, HTWK und HHL über Accelerator-Programme wie dem SpinLab bis hin zur umfassenden Unterstützung durch Stadt, Wirtschaftsförderung und Organisationen wie Biosaxony bietet Leipzig zahlreiche Vorteile für Start-ups. Das lokale Industrienetzwerk, insbesondere in den Bereichen Chemie und Biotech, spielt eine entscheidende Rolle für Innovationen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Die enaDyne GmbH elektrifiziert, so las ich, die chemische Industrie mit Plasmakatalysereaktoren. Diese Technologie ist wahrhaft bahnbrechend. Können Sie unseren Leserinnen und Lesern etwas darüber erzählen? Was ist ein Plasmakatalysereaktor?

Philipp Hahn: Einfach erklärt nutzen wir in unseren Reaktoren, dort, wo in der klassischen Katalyse sonst große Hitze und hoher Druck genutzt werden, ein kaltes Plasma. Das bedeutet, dass wir in unseren Reaktoren ein großes Überangebot an angeregten Elektronen zur Verfügung stellen. Diese kollidieren mit den Eingangsgasen, also z. B. dem CO₂, und spalten diese oder regen sie energetisch an. Hierdurch wird das CO₂ deutlich reaktiver und kann gemeinsam mit einem Wasserstoffträger wie Methan, mithilfe von speziell entwickelten, plasmaaktiven Katalysatoren in die Zielprodukte wie Synthesegas, Methanol oder Ethylen umgesetzt werden; und das alles in einem einzigen Prozessschritt.

Dadurch, dass die Anregung durch kaltes Plasma deutlich gezielter erfolgen kann, als über Hitze und Druck, geht weniger Energie verloren und es wird ermöglicht, grüne Rohstoffe zu vergleichbaren Preisen wie solche aus fossilen Quellen zu produzieren.

WIRTSCHAFT ONLINE: Mit Ihrer Technologie sind Sie Teil der Dekarbonisierung und zeigen, dass Technologiefreiheit wichtig für den Wirtschaftsstandort ist. Nur kommt solch eine Entwicklung ja nicht aus dem Leeren. Wie kam es zur enaDyne GmbH und zu Ihrem Produkt?

Philipp Hahn: Wichtig ist tatsächlich nicht nur die Dekarbonisierung durch die Umwandlung von emittiertem CO₂, sondern auch die Defossilisierung; also, dass der Bedarf an fossilen Einsatzstoffen bei der zukünftigen Produktion von chemischen Ressourcen verringert wird! Insofern zeigen wir ganz klar, dass neue, disruptive Technologien ein wesentlicher und vor allem profitabler Ansatz zur Lösung des Klimaproblems sein können.

Die Technologie stammt noch aus der Zeit des Studiums meines Mitgründers Christian Koch. Er beschäftigte sich damals mit der Nutzung von kalten Plasmen zur Reduktion von Emissionen, kam aber schnell zu dem Schluss, dass die Technologie auch für die Synthesechemie relevant sein kann. Als er mir dann nach unserem ersten Treffen kurz vor der Pandemie von dem Potenzial erzählte, war schnell klar, dass es hier mehr Ressourcen und ein größeres Team bedarf. Gemeinsam mit unseren Kollegen Martin Drößiger und Torsten Lorenz, die beide wichtige Kompetenzen für die Entwicklung der Technologie mitbringen, gründeten wir enaDyne daher Anfang 2022.

WIRTSCHAFT ONLINE: Was waren Sie, Herr Hahn, bevor Sie gründeten? Können Sie uns etwas über Ihren Weg zum Gründer erzählen?

Philipp Hahn: Der Weg war recht kurz, da ich mein gesamtes Berufsleben lang unternehmerisch aktiv war. Bereits vor meinem Studium an der HHL war für mich klar, dass eine klassische Anstellung für mich nicht infrage kam. So gründete ich gleich nach meinem Abschluss gemeinsam mit einem Kommilitonen mein erstes Start-up. Über die Zeit kamen weitere Gründungen im Bereich IT und Beratung hinzu. Eine Firma, die eine komplexe Technologie wie enaDyne entwickelt, ist allerdings noch einmal eine ganz neue Herausforderung.

WIRTSCHAFT ONLINE: Und was hat Ihr Mitgründer Christian Koch gemacht?

Philipp Hahn: Christian Koch ist Wissenschaftler durch und durch. Während seines Studiums arbeitete er an kalten Plasmen, einem Thema, das ihn auch beruflich am Deutschen Biomasseforschungszentrum und der TU Bergakademie Freiberg begleitete. Er entwickelte die Technologie kontinuierlich weiter und baute ein interdisziplinäres Forschungs- und Entwicklungsnetzwerk auf, von dem wir heute stark profitieren.

WIRTSCHAFT ONLINE: Im Fernsehen sagten Sie, dass Sie das Preisgeld nutzen möchten, um sich international sichtbarer aufzustellen. Was heißt das konkret? Und war noch ein Fläschchen Sekt für die Mitarbeitenden drin?

Philipp Hahn: Für die Sichtbarkeit ist mehr der Preis selbst als das Preisgeld verantwortlich. Am Ende helfen Auszeichnungen wie diese immer sehr, um die Aufmerksamkeit von potenziellen Kunden und Partnern zu bekommen, die man entweder nicht auf dem Schirm hat oder zu denen ansonsten schlichtweg der Zugang fehlt. Allein in der letzten Woche wurden wir dank Gründerpreis von so vielen spannenden Kontakten angesprochen, dass sich die Teilnahme schon deshalb gelohnt hätte.

Das Preisgeld werden wir tatsächlich zum größten Teil für das Wohl des Teams nutzen. Da ist sicherlich auch mehr als nur eine Flasche Sekt drin (schmunzelt).

WIRTSCHAFT ONLINE: Wie groß ist eigentlich das Team und was machen Ihre Mitarbeitenden?

Philipp Hahn: Das Team ist eine unserer größten Stärken. Die größte Herausforderung bei der Entwicklung der Plasmakatalyse-Technologie ist ihre Interdisziplinarität. Unser 17-köpfiges Team vereint Expertise in Plasma, Katalysatorentwicklung, Verfahrenstechnik, Simulation, Machine Learning, Materialwissenschaft und mehr. Diese gebündelten Kompetenzen ermöglichen uns eine deutlich höhere Entwicklungsgeschwindigkeit.

WIRTSCHAFT ONLINE: Sie gewannen auch den IQ Innovationspreis 2023, waren damals aber noch – wenn ich richtig informiert bin - in Freiberg beheimatet. Was waren die Gründe für den Umzug nach Leipzig?

Philipp Hahn: Der Umzug nach Leipzig hatte sich bereits seit Ende 2022 angebahnt. Die uns zur Verfügung gestellten Labore in Freiberg waren nicht für mehr als fünf Personen ausgelegt und anscheinend gab es an der Universität dort keine alternativen Möglichkeiten, um Start-ups wie uns mit zusätzlichen Flächen zu unterstützen.

Angesichts dessen, dass mit der Universität Leipzig und der HTWK sich zwei unserer engsten Entwicklungspartner in Leipzig befinden und wir die glückliche Möglichkeit hatten, in der Biocity ein perfekt ausgestattetes Labor zu beziehen, fiel die Entscheidung daher nicht schwer.

Hinzu kommt auch, dass wir in Spezialthemen wie der Plasmakatalyse gezwungen sind, international zu rekrutieren. Solche Kandidaten sind natürlich auch schneller überzeugt, wenn man ihnen eine Umgebung wie Leipzig bieten kann.

WIRTSCHAFT ONLINE: Sie sehen CO₂ als Ressource, sozusagen das Treibhausgas als Chance. Über was für Massen reden wir eigentlich, wenn perspektivisch alles gut läuft?

Philipp Hahn: Wenn alles gut läuft, wird eine einzige unserer Anlagen, die wir der Flexibilität halber in einem 40-Fuß-Container ausliefern werden, pro Jahr um die 3.000 Tonnen und über seine Lebensdauer mindestens 60.000 Tonnen CO₂ verarbeiten und in grünen chemischen Produkten binden. Zusätzlich wird noch einmal mindestens die gleiche Menge an Emissionen eingespart, die sonst bei der fossilen Produktion dieser Rohstoffe anfallen würde.

Aufgrund des hohen Standardisierungsgrades der Technologie sollen dann natürlich viele Tausend dieser Container produziert werden. Wir reden langfristig also über Emissionsminderungen von vielen Millionen Tonnen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Danke, Herr Hahn, dass Sie sich Zeit für uns genommen haben. Ihrem Team und Ihnen wünschen wir weiterhin Erfolg und Kraft.

Philipp Hahn: Vielen Dank!

 

enaDyne GmbH

Sächsischer Gründerpreis

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