Werkschau Anke Hartmann
Gespräch mit der Kreativschaffenden Anke Hartmann

Krisenstimmung erzeugt bei den Menschen Krisenverhalten

17. Februar 2023

Ab Mitte Februar 2023 stellt die Illustratorin und Kunstschaffende Anke Hartmann im Foyer der IHK zu Leipzig eine Werkschau ihrer Kunst aus. Im Vorfeld sprach WIRTSCHAFT ONLINE mit ihr über ihre Bilder, die Situation einer Ladeninhaberin in Krisenzeiten, ihre ehemalige Tätigkeit als Wirtschaftsinteressenverantwortliche im Quartiersrat Leipziger Westen und den Druck auf Selbstständige.

WIRTSCHAFT ONLINE: Guten Tag, Anke Hartmann. Vom 17. Februar 2023 bis zum 19. Juni 2023 können interessierte Kunstliebhabende Ihre „Werkschau“ im Foyer der IHK zu Leipzig sehen. Für Menschen, die nicht wissen was Sie zeichnen – wie würden Sie Ihre Kunst beschreiben?

Anke Hartmann: Ich denke, meine Bilder sind von Grund auf positiv, was auch meiner Lebenseinstellung entspricht. Ich verwende viel Farbe und liebe naturalistische Motive. In der Vergangenheit habe ich häufig Tier-Szenerien gemalt. Seit ein paar Jahren arbeite ich zunehmend an Menschen und Landschaften. Da ich beruflich vor allem Produkte gestalte und Bücher illustriere, sagt man mir auch eine comichafte Art zu zeichnen nach, aber das trifft sicher nicht auf alle Bilder zu.

WIRTSCHAFT ONLINE: Als Künstlerin, die nicht nach Fördertöpfen hangelt, müssen Sie wirtschaftlich denken. Wie gestaltete sich dieses in den letzten Krisenjahren: erst durch die Pandemie und nun durch Inflation und Verlustängste sowie Verlusterfahrungen?

Anke Hartmann: Ich stecke viel Arbeit, Liebe und Leidenschaft in meine Berufung und versuche meine Kunden immer neu zu begeistern. Die letzten drei Jahre waren schon anders und auch durchaus hart. In etwa vergleichbar mit den Jahren meiner Selbstständigkeit, in denen ich ein Baby hatte und wirklich kreativ mit meinen beruflichen Möglichkeiten umgehen musste.
Während Corona war ich, wie alle anderen auch, besonders von der Ladenschließung und der Einschränkung der Kundenanzahl betroffen. Ich arbeite in einem kleinen Ladenatelier und mache dort Herstellung und Verkauf gleichzeitig. Das war sehr stressig, zumal fast jeder Kunde nicht nur kaufen oder stöbern wollte, sondern auch „Krisenredebedarf“ hatte.
Die Inflation hat sich natürlich auch hier bemerkbar gemacht. Die Einkaufspreise für Druckerzeugnisse und Materialien sind enorm gestiegen und ich kann nicht alles auf die Kunden umlegen. Heißt: ich muss mehr arbeiten, um in etwa das Gleiche rauszuhaben, mit dem ich mir dann aber nur noch 70 Prozent von dem kaufen kann, was ich ein Jahr zuvor hatte.
Als im Februar 2022 die Kriegsnachrichten kamen, hatte ich plötzlich fast drei Wochen gar keine Ladenkunden und der Onlineverkauf brach um 75 Prozent ein.
Krisenstimmung erzeugt eben auch Krisenverhalten bei Menschen.
Glücklicherweise hat sich diese Panik etwas gelegt.

WIRTSCHAFT ONLINE: In Ihrem Atelier, welches auch als Kunstgeschäft fungiert, verkaufen Sie direkt Ihre Werke und Produkte. Da gibt es keine Zwischenhändler? Oder gibt es neben Ihrem eigenen Laden noch andere?

Anke Hartmann: Ja, ich verkaufe vor allem meine eigenen Produkte und Werke in meinem Lädchen der „Kleinen Träumerei am Lindenauer Markt“, aber auch ein paar ausgewählte Produkte anderer Hersteller und Künstler. Zudem biete ich einen großen Teil meiner Erzeugnisse auch bei Etsy an. Andere Läden beliefere ich momentan kaum, nur das „Lotthilde“ in Ilmenau.

WIRTSCHAFT ONLINE: Ihre Bilder sind in der Regel naturalistisch. Warum eigentlich?

Anke Hartmann: Weil ich die Natur liebe, weil sie mich täglich fasziniert und mit Freude erfüllt und diese Freude empfinde ich, während ich male, genauso wieder. Wenn ich im heißen Sommer eine Schneelandschaft male, dann bin ich für mehrere Stunden genau dort im Winterwald. Das ist zwar Realitätsflucht, aber eine der wirklich guten und lohnenden Art.

WIRTSCHAFT ONLINE: Sie haben auch eigene Bücher geschrieben und illustriert. Wie war die Resonanz?

Anke Hartmann: Die Resonanz war ziemlich gut, allerdings war es mir auf Dauer zu stressig, die Bücher selber zu verlegen und auf Verlagssuche bin ich nie gegangen. Ich illustriere nach wie vor, allerdings dann für andere, da habe ich speziell bei diesen Projekten mit Vermarktung und Co. nichts am Hut.

WIRTSCHAFT ONLINE: Im Quartiersrat Leipziger Westen waren Sie drei Jahre lang für Wirtschaftsinteressen zuständig. Was ganz konkret haben Sie dort gemacht?

Anke Hartmann: Ich habe hauptsächlich Förderanträge gelesen und bewertet und dann stundenlang mit den Mitgliedern des Quartiersrates diskutiert. Das war eine spannende Zeit, damals als der Westen der Stadt im Aufschwung war und noch kaum Verwerfungen durch Gentrifizierung und „soziokulturellen Dichtestress“ spürbar waren. Es gab sehr viele Anträge und nicht ganz so viel Fördergeld, daher musste da gut abgewogen werden, was gefördert wird und was nicht.

WIRTSCHAFT ONLINE: Künstlerin zu sein, bedeutet ja auch ein gehöriges Maß an Durchhaltevermögen. Was bestärkt Sie, dass Sie den für Sie richtigen Weg beschreiten?

Anke Hartmann: Mir sagen viele Menschen, ich hätte alles richtig gemacht und ich soll froh sein. Nun, ich habe bestimmt nicht alles richtig gemacht und ich bin auch über einiges nicht so froh. Aber ich bin sehr gern allein mit mir und meiner Arbeit und ich liebe es, zu malen und zu gestalten. Von daher ist es der perfekte Job.
Ich lasse mir viel Raum für meine Familie und übertreibe es nicht mit dem Druck. Durchhaltevermögen benötigt man aber, denke ich, genauso für Angestelltenverhältnisse, vielleicht sogar mehr. Ich mache einfach das, was ich immer gemacht habe, weiter. Das fühlt sich beinahe so natürlich, wie essen und schlafen, an.

WIRTSCHAFT ONLINE: Danke, Frau Hartmann, für Ihre Zeit, Ihre Antworten und Ihre Bilder.

Anke Hartmann: Vielen Dank für das nette Interview.

Anke Hartmann im Netz:
www.etsy.com/de/shop/KleineTraeumerei

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