Inspirierende Frauen, die Großartiges leisten und gleichzeitig Mamas sind
22. Juli 2024Als Teil unserer Veranstaltungsserie WIRTSCHAFT TRIFFT KULTUR gibt es fortlaufend Ausstellungen im Foyer der IHK zu Leipzig. Ab Mitte August 2024 zeigt hier die Fotografin und Texterin Anne Schwerin drei Monate lang ihre Werke.
Wir sprachen mit ihr über ihre Beweggründe, gerade Frauen zu porträtieren, welche als Selbständige und Unternehmerinnen Großes im Job leisten und Mamas sind. Anne Schwerin berichtet von der Idee, die Ausstellung hybrid anzulegen, den Herausforderungen der Mutterschaft, von Empathie und Stärke.
WIRTSCHAFT ONLINE: Guten Tag, liebe Anne Schwerin. Ab Mitte August gibt es eine Ausstellung Ihrer Fotografien im Foyer der IHK zu Leipzig – inklusive diverser Texte. Um was geht es dabei?
Anne Schwerin: Zunächst einmal möchte ich mich bei der IHK ganz herzlich für diese tolle Möglichkeit bedanken! Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen inspirierende Frauen, die als Selbständige und Unternehmerinnen Großartiges im Job leisten und gleichzeitig Mamas sind. Ich möchte zeigen, dass gerade die Erfahrungen der Mutterschaft eine wahnsinnige Ressource – auch für das berufliche und kreative Schaffen – sein können.
Ich bin selbst seit zwei Jahren alleinerziehend und weiß genau, was es bedeutet, immer wieder über meine eigenen Grenzen zu gehen, meine Pläne durchzuziehen, selbst wenn ich müde bin, manchmal zu improvisieren und immer wieder Neues auszuprobieren. Das ist nicht einfach, aber es ist eine Erfahrung, die mich unglaublich bereichert und stark gemacht hat – auch in Hinblick auf meinen Job. Ich finde diese positive Perspektive wichtig und hoffe, dass wir andere Menschen damit bewegen und ermutigen können.
WIRTSCHAFT ONLINE: Was steckt hinter dem Titel MAMA MAGMA?
Anne Schwerin: Ich habe für die Ausstellung einen Titel gesucht, der schön klingt und das Thema symbolisch aufgreift. Mein fünfjähriger Sohn ist ein absoluter Dino- und Urzeit-Fan, insofern ist das Thema „Lava“ bei uns allgegenwärtig. Magma nennt man geschmolzenen Stein, solange er sich im Untergrund befindet. Sobald ein Vulkan ausbricht, wird Magma dann zu Lava. Ich finde, Magma ist ein sehr schönes Bild für die untergründige Kraft, die in uns liegt und von deren Ausmaß wir oft gar nicht so viel wissen, bevor wir Eltern werden. Magma bedeutet ebenfalls „knetbare Masse“ und auch das finde ich interessant, weil es Sinnbild für eine Transformation ist. Als Eltern werden wir nochmal zu ganz neuen Menschen und das hat signifikante herausfordernde, aber eben auch positive Auswirkungen auf unser Schaffen im Job.
WIRTSCHAFT ONLINE: Zu den Porträts gibt es Ausschnitte aus Texten und Interviews von und mit den Frauen. Wie sind diese denn entstanden?
Anne Schwerin: Ich bin nicht nur Fotografin, sondern auch Texterin. Deshalb lag es nahe, nicht nur Fotos zu zeigen, sondern auch Texte. Anders ließe sich dieses komplexe Thema aus meiner Sicht ohnehin kaum darstellen. Ich habe die Ausstellung also hybrid geplant. Fotos und ein Zitat von den Frauen gibt es vor Ort im Foyer der IHK und im LAYERS Mag kann man dann mehr zu jeder Person lesen.
WIRTSCHAFT ONLINE: Können Sie uns ein bisschen mehr zu diesem Magazin erzählen?
Anne Schwerin: Gern! Das LAYERS Mag ist ein unabhängiges Online-Magazin von Francis Müller, das eine urbane kultur- und lifestyle-interessierte, hauptsächlich weibliche Zielgruppe anspricht. Ich schreibe seit vielen Jahren für das LAYERS Mag Artikel über Themen wie Reisen, Arbeit und Familie. Für meine Mama-Kolumne, aber auch bei gelegentlichen Kooperationen mit Unternehmen, stehe ich für das LAYERS Mag nicht nur hinter - sondern auch öfter mal vor der Kamera.
WIRTSCHAFT ONLINE: Die ganz sicher nicht immer einfachen Erfahrungen der Mutterschaft wirken sich ja auch auf das persönliche und unternehmerische Handeln der Frauen aus. Inwiefern geschieht dies, aus Ihrer Erfahrung?
Anne Schwerin: Ich glaube, was die Ausstellung zeigt, ist, dass es sich ganz unterschiedlich auswirken kann. In den vergangenen Jahren gab es unter Eltern und natürlich auch insbesondere unter Frauen eine große und wichtige Debatte über die schwierigen Seiten der Elternschaft. Schlüsselbegriffe sind hier z. B. Mental Load und Care Arbeit. Und das möchte ich nicht beschönigen: Natürlich ist es schwer, im Job zu „funktionieren“, wenn man noch an tausend andere Dinge denken muss und quasi einen 16-Stunden-Tag hat, weil das Kümmern eben nach der Arbeit oder sogar parallel dazu zuhause weitergeht.
Aber die Erfahrung der Mutterschaft öffnet eben auch unseren Blick. Sie hilft uns – nein - sie zwingt uns sogar, ganz klare Prioritäten zu setzen und unsere Ziele konsequent zu verfolgen, weil sonst einfach alles über uns zusammenbricht. Sie kann bewirken, dass wir kämpferischer und gleichzeitig vielleicht auch empathischer werden. Das ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und macht die Ausstellung, denke ich, besonders spannend.
WIRTSCHAFT ONLINE: Wo haben Sie die Frauen, die Sie porträtierten, kennengelernt?
Anne Schwerin: Einige kenne ich schon viele Jahre, andere habe ich in diesem Sommer zum ersten Mal getroffen. Es sind Freundinnen, Wegbegleiterinnen, Nachbarinnen und Kundinnen, die alle selbständig bzw. Unternehmerin und Mama sind – und Lust hatten, Teil dieses Projektes zu sein.
WIRTSCHAFT ONLINE: Welche Unterstützung würden Sie sich als alleinerziehende Mutter und Unternehmerin wünschen? Was kann geändert werden, damit Ihr ganz konkreter Weg nicht ganz so steinig ist?
Anne Schwerin: Ich würde mir ganz klar wünschen, dass die Stadt Leipzig die Betreuungssituation für Kinder verbessert. In unserer Kita gab es gerade erst wieder zwei Wochen verkürzte Öffnungszeiten, aufgrund von Personalmangel. Ich habe Eltern getroffen, die deshalb wirklich verzweifelt sind, gerade die Alleinerziehenden, die keine Omas und Opas vor Ort haben, die helfen können. Hinzu kommt: Die Kindergärtnerinnen müssen zum Teil auf riesige Gruppen allein aufpassen – während andere Kitas in Leipzig geschlossen werden sollen. Ich finde das absolut unverständlich!
WIRTSCHAFT ONLINE: Neben der Eventfotografie ist Ihr Hauptarbeitsfeld die Menschenfotografie. Wie nah kommen Sie denen, die Sie fotografieren? Wie funktioniert die professionelle Abgrenzung?
Anne Schwerin: Ich mag Bilder, die persönlich, natürlich und atmosphärisch sind. Dafür ist es sehr wichtig, dass Menschen das Gefühl haben, sich entspannen zu können, auch wenn die Kamera auf sie gerichtet ist. Das ist leichter gesagt als getan, denn für die meisten von uns ist es eine sehr ungewohnte Situation. Ich versuche deshalb, immer eine persönliche Ebene mit meinem Gegenüber zu finden. Ich erzähle etwas von mir und lade den anderen ein, etwas von sich zu teilen. Ich bin freundlich und wertschätzend. Das ist nicht gespielt, weil ich Menschen und ihre Geschichten einfach unglaublich interessant finde. Und dann schnappe ich eben meine Kamera und knipse los – denn am Ende geht es nicht nur darum, dass wir eine gute Zeit haben, sondern vor allem um tolle Fotos.
WIRTSCHAFT ONLINE: In Ihrer Vita las ich: „… das Schreiben und Fotografieren wurde mir sprichwörtlich in die Wiege gelegt. Als kleines Mädchen erlebte ich, wie meine Mutter nach der Wende gemeinsam mit Freunden die erste freie Tageszeitung in unserer Region aufbaute.“ Das ist ja interessant. Also war Ihre Mutter auch Unternehmerin. Macht es eigentlich einen Unterschied für den späteren Weg, wenn Kinder in Unternehmerfamilien geboren werden, was denken Sie? Und welche freie Tageszeitung war das denn?
Anne Schwerin: Also, ich glaube, das Wort „Unternehmerfamilie“ weckt hier falsche Assoziationen. Meine Mutter war zeitweise angestellte Redakteurin und viele Jahre freie Journalistin für die Altmarkzeitung, die es übrigens immer noch gibt, und diverse andere Medien. Nebenbei hat sie mit einem Freund ein Internetportal gegründet, als viele Leute bei uns auf dem Lande noch dachten, sie bräuchten das Internet gar nicht. Ich hatte in materieller Hinsicht keine besonders privilegierte Kindheit, eher im Gegenteil. Aber: Ich bin aufgewachsen mit einer Mutter, die wortwörtlich „etwas unternimmt“, die für das eintritt, was ihr wichtig ist, die Risiken eingeht, Sachen anpackt, kreativ ist und immer wieder etwas Neues ausprobiert. Und das prägt natürlich.
WIRTSCHAFT ONLINE: Sie sind auch als Texterin tätig. Was für Texte sind dies denn?
Anne Schwerin: Ja, ich bin ursprünglich nur Texterin gewesen und erst etwas später zur Fotografie gekommen. Am liebsten arbeite ich mich in schwierige Themen ein und bereite diese spannend für verschiedene Zielgruppen auf. Das können hochtechnische, aber auch sehr emotionale Themen sein. Besonders gern bin ich in der Start-up-Szene unterwegs. Das Spektrum an Texten, die ich schreiben kann, ist ganz breit – von Pressemitteilungen über Interviews, Newsletter, Webtexte bis hin zu Social Media Posts. Für die Hochschule Merseburg habe ich ein komplettes Kommunikationskonzept geschrieben.
WIRTSCHAFT ONLINE: Danke für Ihre Zeit, Anne Schwerin. Und weiterhin viel Erfolg. Gut, dass Sie sich mit Ihrer Ausstellung diesem Themenbereich angenommen haben.