
HHL Gründerinnen-Initiative, frauengeführte Start-ups und Mentoring
02. April 2025Ein Erfolgskonzept der HHL Leipzig Graduate School of Management ist die Gründerinnen-Initiative, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Frauen in Gründung zu unterstützen. Wie das konkret aussieht, berichtet Katja Rösener am Abend des 9. April im Vorabtalk der Veranstaltung WIRTSCHAFT TRIFFT KULTUR in der Alten Börse - und für Menschen, die an diesem Abend nicht anwesend sein können, hier im schriftlich geführten Dialog.
WIRTSCHAFT ONLINE: Guten Tag, Katja Rösener. Sie sind Director Career and Alumni Relations an der HHL Leipzig Graduate School of Management. Was bedeutet das denn konkret? Was machen Sie in dieser Position?
Katja Rösener: Guten Tag und vielen Dank, dass ich hier über meine Passion sprechen darf. Meine Aufgabe an der HHL in Leipzig ist es, Young Professionals zu ihrem Traumjob zu verhelfen.
Bei uns studieren junge Menschen, die einen höheren Bildungsabschluss im Bereich Wirtschaftswissenschaften und Finanzwesen machen möchten, z. B. MBA, Master oder die Promotion. Die Studierenden, die in der Regel nach ihrem Bachelor-Abschluss zu uns kommen – manchmal auch schon mit Berufserfahrung –, verfolgen meist sehr konkrete Karrierepläne. Sie wählen unsere Hochschule ganz bewusst, unter anderem auch deshalb, weil unser Karriereservice aktuell laut Financial Times auf Platz 4 aller Business Schools weltweit steht.
Das heißt: Diejenigen, die sich für ein Studium an der HHL in Leipzig entscheiden, haben ambitionierte Ziele und interessieren sich z. B. für den Direkteinstieg in eine Führungsposition in der Strategieberatung oder auf Managementebene in Konzernen oder KMUs – oder planen vielleicht, selbst ein Unternehmen zu gründen. An der HHL lernen sie die Skills, die sie als zukünftige Geschäftsführende, CEOs oder Vorstände benötigen.
Mein Team und ich begleiten die Studierenden in der strategischen Karriereplanung von Beginn an über die gesamte Zeit des Studiums bis zum Abschluss und darüber hinaus – auch Alumni beraten wir noch in Karrierefragen. Im Studium bereiten wir die jungen Menschen bestmöglich auf den Arbeitsmarkt vor und helfen dabei, kluge Entscheidungen in Bezug auf den nächsten Karriereschritt zu treffen, z. B. in Bezug darauf, welches Praktikum oder welche Jobeinstiegsposition mit dem eigenen Profil die richtige Wahl ist.
WIRTSCHAFT ONLINE: Können Sie dies bitte noch etwas ausführen?
Katja Rösener: Neben regelmäßigen 1:1 Career Coaching Sessions und Career Orientation Workshops pflegen wir für unsere Studierenden einen intensiven Austausch mit der Wirtschaft, mit Unternehmen auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene. Wir sind hier in der Region stark vernetzt, arbeiten z. B. eng mit der VNG AG oder der Stadt Leipzig zusammen, aber holen auch Global Player nach Leipzig. Wir führen Netzwerk-Events durch genauso wie gezielte Karriere- und Recruiting-Veranstaltungen. Wir besuchen Unternehmen vor Ort zu sogenannten Company Visits und Werksführungen. Gerade waren wir bei eBay in Berlin. Die Firma Bosch ist demnächst einen ganzen Tag am Campus. Und mit TUI Hotels & Resorts setzen wir in diesem Jahr drei studentische Beratungsprojekte um, wo unsere Studierenden Marktstrategien für reale unternehmerische Herausforderungen entwickeln.
Wir nutzen im Karriereservice auch aktiv unser großartiges Alumni-Netzwerk und holen Vorbilder und Role Models regelmäßig zurück an den Campus. Damit wollen wir unseren Studierenden zeigen, welche Karrierewege mit einem Abschluss an der HHL überhaupt möglich sind.
Der sogenannte HHL Spirit, den die Alumni in die ganze Welt tragen, ist besonders im Start-up-Bereich spürbar. Regelmäßig haben wir Gründende und HHL-Alumni von beispielsweise Mister Spex, Edurino oder Kale & Me vor Ort, die die neue Generation junger Gründender inspirieren.
WIRTSCHAFT ONLINE: Und wie viele Gründungen sind aus Ihrer Arbeit erwachsen?
Katja Rösener: Über 530 Start-ups hat die HHL in den letzten drei Jahrzehnten hervorgebracht, darunter vier sogenannte „Unicorns“ – Unternehmen mit einer Bewertung von über einer Milliarde US-Dollar. About You, trivago, IONIQ oder Lieferheld hat bestimmt jede oder jeder schon mal gehört. Dass wir gerade vom Stifterverband zum siebten Mal in Folge als Deutschlands Gründerhochschule Nr. 1 ausgezeichnet wurden, macht uns besonders stolz.
WIRTSCHAFT ONLINE: An der HHL gibt es eine Gründerinnen-Initiative. Hier sind Sie als Mentorin gelistet und engagiert. Können Sie uns bitte etwas zu dieser Initiative erzählen?
Katja Rösener: Ja, gerne. Das Start-up-Ökosystem der HHL hat einiges zu bieten, die HHL Gründerinnen-Initiative unter der Leitung von Prof. Dr. Claudia Lehmann ist ein wichtiger Teil davon. Die Initiative zielt darauf ab, mehr Frauen für das Unternehmertum zu begeistern, sie zu fördern und sichtbarer zu machen. Sie wurde ins Leben gerufen, um die noch immer niedrige Anzahl von Gründerinnen in Deutschland zu erhöhen und strukturelle Hürden abzubauen.
Die HHL-Gründerinnen-Initiative bietet gründungsinteressierten Frauen gezielte Unterstützung in verschiedenen Bereichen:
Netzwerk & Community: Austausch mit Gleichgesinnten, erfolgreichen Gründerinnen und inspirierenden Role Models;
Workshops & Events: Wissenstransfer und Vermittlung von Know-how zu Themen wie Businessplanung, Produktentwicklung, Finanzierung, Leadership, Pitching und mehr;
Mentoring & Coaching: Individuelle Unterstützung und Begleitung auf dem Weg zur Gründung durch erfahrene Business Coaches der HHL Gründerinnen-Initiative und Mentorinnen aus der Wirtschaft.
Ich engagiere mich als Mentorin für die HHL Gründerinnen-Initiative, weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie herausfordernd es ist, als Frau ein Unternehmen zu gründen. Seit 2020 betreibe ich meine eigene Karriereberatung und kenne die Hürden, die damit verbunden sind.
Was Claudia Lehmann und ihr Team vom LF Gruppe Lehrstuhl für Digitale Innovation in Dienstleistungsbranchen der HHL hier seit 2017 geschaffen haben, ist großartig. Seit Anfang 2025 können die Teilnehmerinnen sogar finanzielle Unterstützung für ihr Gründungsvorhaben erhalten – dank der EXIST-Women-Förderlinie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).
WIRTSCHAFT ONLINE: Wie wurde das Konzept angenommen?
Katja Rösener: Zwischen 2021 und 2023 stieg die Anzahl der Gründungsvorhaben an der HHL um 28 Prozent auf 124. Besonders freut mich der sichtbare Zuwachs an Gründerinnen: Ihr Anteil erhöhte sich im gleichen Zeitraum von 30 auf 41 Prozent.
Ich freue mich, dass sich die Bemühungen rund um die HHL Gründerinnen-Initiative auch in den Zahlen widerspiegeln. Denn es geht nämlich nicht nur darum, zeitweise einzelne Gründerinnen zu stärken, sondern auch darum, eine langfristige Veränderung in der Start-up-Welt anzustoßen.
WIRTSCHAFT ONLINE: Auf der Homepage der HHL-Gründerinnen-Initiative steht ein Statement von Ihnen. „Nur 17 Prozent aller Gründer:innen in Deutschland sind weiblich – dabei sind frauengeführte Start-ups nachweislich stabiler und nachhaltiger.“ Das ist interessant. Wo sind denn diese Zahlen her? Also nicht die 17 Prozent, sondern, dass sie nachweislich stabiler und nachhaltiger sind? Woran wird diese Stabilität und Nachhaltigkeit festgemacht? Und welche Nachweise gibt es?
Katja Rösener: Guter Hinweis, ich sollte das Zitat mal wieder updaten.
Laut dem Female Founders Monitor vom Start-up-Verband beträgt der Anteil von weiblichen Gründerinnen in Deutschland 20 Prozent. In den Vorjahren lag der Wert oft zwischen 15 und 17 Prozent, sodass sich ein langsamer, aber positiver Aufwärtstrend zeigt.
Dennoch bleibt der Frauenanteil im Vergleich zu männlichen Gründern weiterhin deutlich geringer.
Besonders auffällig laut Female Founders Monitor: Frauen gründen häufiger soziale und nachhaltige Unternehmen. Andere relevante Untersuchungen, auf deren Quellen ich gleich noch näher eingehe, zeigen, dass von Frauen geführte Unternehmen in bestimmten Bereichen stabiler und nachhaltiger agieren. Aber was heißt stabiler und nachhaltiger?
Stabilität beziehe ich auf die Fähigkeit eines Unternehmens, langfristig erfolgreich zu sein, finanzielle Krisen zu überstehen und kontinuierlich zu wachsen. Nachhaltigkeit umfasst für mich verantwortungsvolles Handeln gegenüber Umwelt und Gesellschaft, effiziente Ressourcennutzung und ethische Geschäftspraktiken.
Aktuelle Studien und Berichte, die die Stabilität und Nachhaltigkeit von frauengeführten Start-ups beleuchten, sind:
Europäische Investitionsbank (EIB) – Studie zur Unterstützung von Unternehmerinnen in Europa (2022): Diese Studie zeigt, dass frauengeführte Unternehmen höhere Bewertungen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Governance (ESG) erzielen und mehr in die Weiterbildung ihrer Beschäftigten investieren. Weitere Informationen sind weiter unten verlinkt.
KfW Research – Female Entrepreneurship: Mobilisierung von Gründerinnen als wirtschaftliche Chance (2022): Der Bericht betont die Bedeutung der Förderung von Gründerinnen für die wirtschaftliche Entwicklung und weist darauf hin, dass Frauen im Gründungsgeschehen unterrepräsentiert sind. Weitere Informationen sind weiter unten verlinkt.
InvestEU – Unterstützung des frauengeführten Green Generation Fund (2022): Dieser Fonds investiert ausschließlich in nachhaltige Start-ups, die Fortschritte in Bereichen wie CO₂-Vermeidung und Ressourcenschutz erzielen, mit einem besonderen Fokus auf Foodtech und Greentech. Weitere Informationen sind weiter unten verlinkt.
WIRTSCHAFT ONLINE: Unbenommen macht es Sinn, Gründerinnen zu fördern. Was ist denn in diese Richtung in den letzten Jahren schon geschehen und wie sieht die perspektivische Strategie dahingehend aus?
Katja Rösener: In den letzten Jahren hat sich in Deutschland einiges getan, um Gründerinnen gezielt zu fördern.
Maßnahmen & Fortschritte der letzten Jahre
Politische Initiativen und finanzielle Anreize: Die Bundesregierung hat mit dem Female Finance Forum das Thema Geschlechterspezifische Finanzierung auf die Agenda gesetzt. EU-Programme wie Women TechEU fördern insbesondere weibliche Deep-Tech-Gründerinnen. Spezifische Förderprogramme, Netzwerke und Initiativen wie EXIST-Women, Encourage Ventures, der Auxxo Female Catalyst Fund oder Women Entrepreneurs in Science bieten gezielte Unterstützung für Gründerinnen.
Steigende Sichtbarkeit und Netzwerke inspirieren und regen zum Austausch an. In den letzten Jahren sind Gründerinnen und weibliche Führungskräfte vor allem über Social Media viel sichtbarer geworden. Ich denke da zum Beispiel an Verena Pausder, Vorstandsvorsitzende vom Start-up-Verband, und Lea Sophie Cramer, Gründerin von TenMoreIn. Beide berichten aktiv u. a. auf LinkedIn über ihre Arbeit und stellen in ihrem Podcast ihre unternehmerischen Aktivitäten regelmäßig in den Mittelpunkt.
Darüber hinaus bringen Formate wie die Female Founders Night, der Sächsische Gründerinnenpreis oder Panel-Diskussionen bei großen Konferenzen mehr Aufmerksamkeit für das Thema.
Frauenverbände und Netzwerke wie MentorMe, Nushu oder Panda Women Leadership stärken den Austausch und die gegenseitige Unterstützung in der weiblichen Community. Hier findet man auch auf lokaler Ebene Anschluss. Zu meinem eigenen WorkingWomen-Netzwerk in Leipzig erzähle ich weiter unten noch mehr.
Zukünftige Strategie & Perspektiven
Es wurden bereits wichtige Schritte unternommen, aber für echte Chancengleichheit braucht es weiterhin gezielte Förderungen, bessere Finanzierungsmöglichkeiten und eine stärkere Vernetzung von Gründerinnen mit Kapitalgebern und Entscheidungsträgern.
Aus meiner Sicht gibt es drei Ansatzpunkte:
Mehr Kapital für Frauen: Es braucht weiterhin mehr Investor:innen, die sich bewusst für Diversität entscheiden. Dazu gehören female-focused Fonds, staatliche Anreize für Investments in frauengeführte Start-ups und mehr weibliche Business Angels.
Kultureller Wandel & Bewusstseinsbildung: Gerade in der Finanzierungsphase sind Frauen oft mit Vorurteilen konfrontiert. Sensibilisierungstrainings für Investor:innen und eine stärkere Vernetzung von Gründerinnen mit Kapitalgebern können helfen.
Familienfreundlichere Rahmenbedingungen: Unternehmertum muss mit Familie vereinbar sein. Wichtig sind flexiblere Förderprogramme, finanzielle Unterstützung in Form von Elterngeld oder gesetzlicher Anspruch der Gründerinnen auf Elternzeit. Ich weiß noch: Vor einigen Jahren musste die Westwing Chefin Delia Lachance von ihrem Vorstandsposten zurücktreten, weil es so etwas wie Elternzeit für Gründerinnen nicht gibt.
WIRTSCHAFT ONLINE: Welche Herausforderungen haben gerade Frauen in Gründung? Welche Unterschiede gibt es zu männlich verantworteten Gründungen? Und wie kann den Herausforderungen ganz praktisch begegnet werden?
Katja Rösener: Frauen stehen bei der Gründung vor Herausforderungen, die sich deutlich von denen männlicher Gründer unterscheiden. Die Unterschiede lassen sich in drei Kategorien einteilen:
1. Finanzierung & Kapitalzugang, 2. Netzwerke & Sichtbarkeit sowie 3. persönliche & gesellschaftliche Faktoren.
Herausforderungen für Frauen in der Gründung
1. Finanzierung & Kapitalzugang
Weniger Wagniskapital: Laut einer aktuellen Studie der KfW Bankengruppe entfielen im Jahr 2021 83 Prozent der Venture-Capital-Deals in Deutschland auf rein männlich besetzte Gründungsteams, elf Prozent auf gemischte Teams und lediglich fünf Prozent auf rein weibliche Gründerinnenteams.
Skepsis gegenüber weiblichen Gründerinnen: Investor:innen stellen Frauen häufiger risikoaverse Fragen, etwa „Wie schützen Sie Ihr Unternehmen vor Risiken?“, und Männern chancenorientierte Fragen, zum Beispiel „Wie skalieren Sie Ihr Unternehmen?“
Weniger Eigenkapital: Frauen haben oft weniger Startkapital zur Verfügung, weil sie im Durchschnitt geringere Einkommen erzielen als Männer.
2. Netzwerke & Sichtbarkeit
Mangel an Vorbildern: Wenige erfolgreiche Gründerinnen sind medial präsent, was die Inspiration für Frauen erschwert.
Männerdominierte Business-Netzwerke: Viele wichtige Investoren- und Gründer-Netzwerke sind männerdominiert, sodass Frauen schwerer Zugang erhalten.
Fehlende Mentoring-Strukturen: Frauen fehlt es häufiger an hochkarätigen Mentor:innen aus der Start-up-Szene.
3. Persönliche & gesellschaftliche Faktoren
Vereinbarkeit von Familie & Gründung: Frauen übernehmen häufiger Care-Arbeit und haben es schwerer, eine Vollzeit-Gründung mit Familienpflichten zu vereinen.
Selbstzweifel & höhere Sicherheitsorientierung: Frauen schätzen ihr eigenes Können tendenziell vorsichtiger ein, während Männer oft risikobereiter agieren.
Stereotype & Vorurteile: Es gibt nach wie vor gesellschaftliche Vorurteile, die Frauen eher in klassische Angestelltenrollen drängen als in die Unternehmer:innenrolle.
Unterschiede zu männlichen Gründungen in der Übersicht
Thema | frauengeführte Start-ups | männergeführte Start-ups |
Finanzierung | erschwerter Zugang zu Kapital, geringere Investitionen | höhere Investitionen, leichterer Zugang zu Kapital |
Risikobereitschaft | vorsichtiger, nachhaltiger, weniger Wachstum um jeden Preis | stärkerer Fokus auf Skalierung und höhere Risikobereitschaft |
Branchenwahl | häufiger Social Entrepreneurship, Bildung, Gesundheit | mehr Tech-, FinTech-, und KI-Start-ups |
Netzwerke & Zugang | erschwerter Zugang zu Investorennetzwerken | leichterer Zugang zu Business- und Finanznetzwerken |
Unternehmenskultur | öfter kollaborativ, diverse Teams | häufiger hierarchisch, schnelles Wachstum |
Praktische Lösungen bestehen darin, gezielte Förderprogramme, Netzwerke und female-focused Investmentfonds zu nutzen, um gleiche Chancen für alle zu schaffen.
1. Finanzierung & Kapitalzugang verbessern
Investor:innen für Unconscious Bias sensibilisieren: Business Angels und VCs sollten geschult werden, um unbewusste Vorurteile zu minimieren.
Mehr frauengeführte Fonds & Female Investors: Netzwerke wie Encourage Ventures oder Auxxo investieren gezielt in Frauen.
Förderprogramme nutzen: Initiativen wie EXIST-Women oder der Female Founders Fund helfen, Startkapital zu bekommen.
2. Netzwerke & Mentoring stärken
Frauen können Gründerinnen-Netzwerken beitreten: Gruppen wie Global Digital Women, Women in AI oder FEMpreneurs bieten wertvolle Kontakte.
Sowohl Frauen als auch Männer sollten mehr Frauen in Panels & Medien bringen: Sichtbare Vorbilder helfen, mehr Frauen zur Gründung zu motivieren.
Mentoring-Programme ausbauen: Programme wie die HHL-Gründerinnen-Initiative unterstützen gezielt Frauen.
3. Unternehmenskultur & Vereinbarkeit verbessern
Flexible Arbeitsmodelle leben: Frauen profitieren von hybriden Arbeitsmodellen, Remote-Optionen und Co-Founding-Modellen. Eine RTO-Politik trifft sie besonders hart.
Gezielte Leadership-Programme für Frauen: Trainings zu Verhandlungsführung, Investorengesprächen & Leadership-Skills helfen, sich durchzusetzen.
Role Models stärken: Mehr Gründerinnen sollten bewusst ihre Erfolgsgeschichten teilen, um andere zu inspirieren.
WIRTSCHAFT ONLINE: Neben Ihrem Engagement an der HHL sind Sie auch als Moderatorin tätig. Für wen und wo denn beispielsweise?
Katja Rösener: In der Vergangenheit durfte ich z. B. die Leipziger Gründungsnacht moderieren. Darauf bin ich besonders stolz, weil hier regionale Gründende aus Leipzig und Sachsen für ihre Arbeit ausgezeichnet werden. Das Event wird jährlich veranstaltet von SMILE – der Gründungsinitiative an der Universität Leipzig, Startbahn 13 – der Gründungsberatung der HTWK Leipzig, der Sparkasse Leipzig, der Stadt Leipzig, sowie den Landkreisen Leipzig und Nordsachsen.
Ein großes Ereignis war für mich auch die Moderation der Erstimmatrikulationsfeier der Universität Leipzig 2023. Groß nicht nur wegen der beeindruckenden Gewandhaus-Bühne und der über 2.000 Studierenden im Publikum, sondern vor allem, weil die Feierlichkeiten begleitet wurden von politischen Protesten. Nicht wenige Studierende hatten die Bühne im Leipziger Gewandhaus eingenommen und protestierten mit Transparenten und in Sprechchören. Das war für mich als Moderatorin eine herausfordernde Situation, die zum Glück friedlich ausging.
Aktuell moderiere ich fast ausschließlich Veranstaltungen der HHL Leipzig Graduate School of Management, da ich mich hier derzeit exklusiv verpflichtet habe. In meiner Funktion als Director Career and Alumni Relations durfte ich z. B. Ende 2024 die erste Karrieremesse der HHL moderieren – meine erste Moderation auf Englisch, wieder eine ganz andere Herausforderung.
Mit besonderer Leidenschaft moderiere ich regelmäßig die Netzwerk-Events in meiner Fraueninitiative WorkingWomen. Gemeinsam mit den drei Leipziger Unternehmerinnen Vivian Honert-Boddin, Anette Stapper und Dajana Michailowa habe ich 2020 die Initiative zur Förderung von Frauen für mehr Sichtbarkeit und Netzwerk in Mitteldeutschland gegründet. Etwa einmal im Monat begrüßen wir zu sog. WoW-Events eine Speakerin, die Einblicke in ihren persönlichen Karriereweg gibt und darüber spricht, wie sie mit Hindernissen umgeht. Unglaublich, aber wir haben dieses Jahr fünfjähriges Jubiläum, etwa 350 Mitglieder und schon so tolle Frauen wie Dr. Katrin Leonhardt (SAB), Petra Köpping (SPD), Sandra Eifert (Herzzentrum), Katrin Berken (EEX) und andere zu Gast gehabt.
WIRTSCHAFT ONLINE: In Ihrer Tätigkeit als Business- & Karrierecoach haben Sie klare Angebote. Was können Interessierte aus einem Coaching mit Ihnen mitnehmen?
Katja Rösener: Viele meiner Mentees und Coachees wissen zu schätzen, dass ich die beruflichen Stationen, über die wir sprechen, tatsächlich durchlaufen habe – vom Praktikant:innen, über Junior, Senior bis hin zur Geschäftsleitung eines mittelständischen Unternehmens. Ich komme aus der Kommunikation und blicke zurück auf eine 15-jährige Karriere als Angestellte und Führungskraft, seit fünf Jahren bin ich selbstständig. Zum Beispiel ist es in der Karriereberatung überaus hilfreich, schon mal Gehaltsverhandlungen von beiden Seiten des Tisches aus geführt zu haben.
Als größten Vorteil sehe ich, dass ich über Jahre aus Agenturperspektive und im Rahmen zahlreicher Beratungsprojekte in das Herz großer Konzerne, mittelständischer Unternehmen oder neu gegründeter Start-ups blicken durfte. Da lernt man viel über Funktionsweisen von Unternehmen, strategische Zusammenarbeit und interne Beziehungsgefüge. Ein absolutes Plus in der Karriereberatung. Auf dieses Wissen greife ich heute zurück.
Überzeugt mich ein junger Mensch, öffne ich auch mein Netzwerk. Nicht selten hat dadurch schon der bzw. die eine oder andere den nächsten Karriereschritt machen können. Ich betreibe Netzwerkarbeit sehr bewusst und pflege meine Kontakte auch über Mitteldeutschland hinaus. Von meiner Zeit in München profitiere ich noch heute und damit auch meine Coachees.
Den theoretischen Hintergrund für meine Arbeit habe ich mir angeeignet in einer Ausbildung zum Systemischen Business Coach, zertifiziert vom Berufsverband DVCT e. V. Ich halte lebenslanges Lernen für unerlässlich in der heutigen Arbeitswelt, in der sich entwickelnde Technologien und eine sich verändernde Arbeitsplatzdynamik ständige Anpassungsfähigkeit erfordern – sowohl von Angestellten als auch von Gründenden.
WIRTSCHAFT ONLINE: Zurück zu den Gründerinnen. Wie ist das ökonomische Biotop in der Region und der Stadt Leipzig aufgestellt? Wo kann nachjustiert werden?
Katja Rösener: Das ökonomische Biotop für Gründerinnen in Leipzig hat sich in den letzten Jahren deutlich weiterentwickelt. Die Stadt ist ein aufstrebender Start-up-Hub mit einer wachsenden Szene für Innovation, Unternehmertum und Finanzierungsmöglichkeiten. Besonders im Bereich Tech, E-Commerce, nachhaltige Geschäftsmodelle und Social Entrepreneurship gibt es viele spannende Entwicklungen.
Stärken des Leipziger Start-up-Ökosystems
Hochschulen und Forschungseinrichtungen
Die HHL Leipzig Graduate School of Management und weitere Hochschulen bieten nicht nur akademische Exzellenz, sondern auch Zugang zu Netzwerken, Innovationsförderung und Gründerprogrammen, wie SpinLab – The HHL Accelerator oder das HHL DIGITAL SPACE, gerade ausgezeichnet als einer der 150 führenden Start-up-Hubs Europas.
Förderprogramme & Netzwerke
Es gibt verschiedene Unterstützungsangebote wie EXIST-Gründerstipendien, den SMILE-Gründerservice, Startbahn 13, futureSAX.
Kultur der Zusammenarbeit
Leipzig hat eine aktive Co-Working-Space-Kultur (z. B. Basislager, Social Impact Lab), in der Gründende sich austauschen, vernetzen und voneinander lernen können.
Investorenlandschaft wächst
Während Berlin weiterhin der größte Standort für Start-up-Finanzierungen in Deutschland ist, verzeichnet auch Leipzig ein wachsendes Interesse von Investor:innen. Ein Beispiel hierfür ist Smart Infrastructure Ventures, ein in Leipzig ansässiger Frühphasen-Venture-Capital-Fonds.
Herausforderungen
Finanzierungslücke für Gründerinnen
Wie in ganz Deutschland fließen nur ca. fünf Prozent des Venture Capitals in frauengeführte Startups. Hier braucht es mehr gezielte Fonds, Angel-Investorinnen und Investorennetzwerke, die weibliche Teams stärker fördern.
Sichtbarkeit & Vorbilder
Es gibt bereits erfolgreiche Gründerinnen, aber ihre Präsenz in lokalen Medien, Panels und Netzwerken könnte stärker sein, um andere Frauen zu ermutigen.
Vereinbarkeit von Unternehmertum & Familie
Viele Gründerinnen stehen vor der Herausforderung, Business und Familie zu vereinen. Mehr flexible Förderprogramme, Mentorships für Frauen und spezifische Unterstützungsstrukturen könnten helfen.
Zugang zu Netzwerken
Viele klassische Gründer- und Investoren-Netzwerke sind nach wie vor männlich dominiert. Eine stärkere Integration von Frauen in Entscheidungsgremien und Netzwerke kann hier Abhilfe schaffen.
Leipzig bietet Gründerinnen bereits eine solide Basis, doch es gibt noch Potenzial, insbesondere bei Finanzierung, Sichtbarkeit und familienfreundlichen Strukturen. Mit gezielten Maßnahmen kann Leipzig zu einem noch attraktiveren Standort für weibliches Unternehmertum werden.
WIRTSCHAFT ONLINE: Danke, Frau Rösener, für Ihre Zeit und Ihre Antworten. Wir freuen uns auf den Talk mit Ihnen bei WIRTSCHAFT TRIFFT KULTUR am 9. April 2025 in der Alten Börse Leipzig.
Katja Rösener: Vielen Dank, ich freue mich auf das Gespräch am 9. April.
Bei Fragen hilft Ihnen Volker Hartmann-Tanner gerne weiter.
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