
Gespräch mit Patricia Siebert, Abteilungsleiterin Prüfungsorganisation der IHK zu Leipzig
25. Mai 2022IHK-Ausbildungsprojekt in Ägypten: Türöffner für den globalen Arbeitsmarkt
In einer globalisierten Arbeitswelt braucht es Abschlüsse, die möglichst in vielen Ländern anerkannt werden. Hier ist auch die IHK zu Leipzig aktiv. Patricia Siebert reiste deshalb in Mission Prüfungsorganisation und Fachkräfteentwicklung nach Ägypten. Weshalb aber nun ganz konkret? Das erfragte WIRTSCHAFT ONLINE bei ihr.
WIRTSCHAFT ONLINE:Guten Tag, Frau Siebert. Sie waren vom 9. Mai 2022 bis zum 15. Mai 2022 in Ägypten, genauer in El Gouna am Roten Meer. Was haben Sie denn dort im Auftrag der IHK zu Leipzig gemacht?
Patricia Siebert: Die IHK zu Leipzig nimmt in El Gouna regelmäßig die Abschlussprüfungen im Ausbildungsberuf „Fachkraft im Gastgewerbe“ ab und überprüft in diesem Zusammenhang die Gleichwertigkeit der Deutschen Hotelschule sowie der Praxisbetriebe.
WIRTSCHAFT ONLINE:Was ist denn diese Gleichwertigkeit ganz konkret?
Patricia Siebert: Wie auch in Deutschland, werden die Praxisbetriebe auf Gleichwertigkeit geprüft. Das heißt, dass alle Betriebe, welche ausbilden möchten, besichtigt werden. Es wird geprüft, ob geeignete Ausbilderinnen und Ausbilder vorhanden sind und die notwendige material-technische Ausstattung verfügbar ist. Denn Ziel ist ja, dass alle Ausbildungsinhalte laut deutscher Ausbildungsverordnung vermittelt werden können.
WIRTSCHAFT ONLINE: Wie viele Menschen nahmen an den Prüfungen teil? Und wo wir gerade dabei sind: wie oft finden diese statt?
Patricia Siebert: In der diesjährigen Sommerprüfung haben sich 74 Prüfungsteilnehmerinnen und –teilnehmer der Prüfung gestellt. 67 davon haben erfolgreich bestanden. Davon sogar 17 Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit sehr guten bzw. guten Prüfungsergebnissen. Die Abschlussprüfungen finden einmal im Jahr im Sommer statt.
WIRTSCHAFT ONLINE:Können Sie uns etwas zu den Inhalten der Prüfungen sagen?
Patricia Siebert: Die Abschlussprüfung zur „Fachkraft im Gastgewerbe“ findet schriftlich und praktisch statt. Im schriftlichen Teil haben die Teilnehmer drei Fächer zu bearbeiten: Produkte und gastorientierte Dienstleistungen, Warenwirtschaft sowie Wirtschafts- und Sozialkunde.
In den praktischen Prüfungen sollen die Prüflinge zeigen, dass sie Gäste beraten, Maschinen und Gebrauchsgüter wirtschaftlich und ökologisch einsetzen, Sicherheit und Gesundheitsschutz sowie Hygiene bei der Arbeit berücksichtigen können. Dafür haben sie eine komplexe Aufgabe in drei Stunden zu bearbeiten.
Wichtig zu erwähnen ist, dass alle ägyptischen Prüfungsteilnehmerinnen und -teilnehmer die Prüfung in deutscher Sprache schreiben und auch die praktische Prüfung in deutscher Sprache absolvieren müssen.
Die Prüfung wird nach den gleichen Standards wie in Deutschland abgenommen. Nur so kann auch das deutsche IHK-Zeugnis ausgegeben werden.
WIRTSCHAFT ONLINE: Was haben denn die dort Lebenden davon, sich einem deutschen Prüfungsverfahren zu unterziehen? Welchen Mehrwert ziehen sie daraus?
Patricia Siebert: Sie erhalten ein deutsches Facharbeiterzeugnis und damit ein Wertpapier der dualen Ausbildung, welches international bekannt und ein Türöffner für den globalen Arbeitsmarkt ist. Wir eröffnen damit zum einen Zukunftsperspektiven für junge Menschen in einem Land, in dem es nur wenig Ausbildungsangebote gibt. Zum anderen können diese jungen Menschen als Facharbeiter jederzeit in Deutschland arbeiten, zumal Fachkräfte aktuell besonders in der Hotel- und Gastronomiebranche gesucht werden. Unternehmen aus unserem IHK-Bezirk können sich bei Interesse gern an uns wenden.
WIRTSCHAFT ONLINE: Sie sind ja nicht das ganze Jahr in Ägypten, haben ja auch hier in Leipzig und im Kammerbezirk der IHK zu Leipzig sehr viele Aufgaben. Wer unterstützt Sie denn alles vor Ort?
Patricia Siebert: Die Sawiris Foundation for Social Development als Schulträger sowie die deutsche Hotelschule El Gouna, operated by Rahn Education, sind langjährige Projektpartner für die IHK zu Leipzig. Sie stellen sicher, dass vor Ort die Ausbildung und auch die Prüfungen nach den Vorgaben des dualen Ausbildungssystems umgesetzt werden. Und natürlich haben wir auch in El Gouna ehrenamtliche Prüferinnen und Prüfer im Einsatz, welche die Prüfungen abnehmen.
WIRTSCHAFT ONLINE: Und wie geht es weiter in El Gouna? Was ist geplant?
Patricia Siebert: Zielstellung ist es, in dieser Tourismushochburg weitere Berufe aus der Hotel- und Gastronomiebranche auszubilden und zu prüfen. Dazu gehören beispielsweise der oder die „Hotelfachmann/-frau“ bzw. „Koch/Köchin“. Die besichtigten Hotels sind dafür bestens ausgestattet.
WIRTSCHAFT ONLINE:Danke, Frau Siebert, für Ihre Antworten und Ihr Engagement.