Frauke Greven Leiterin Dias
Präventiv- und Gegenmaßnahmen bei Cyberattacken

Früher oder später kann und wird es jeden treffen

22. März 2023

Gespräch mit Frauke Greven vom „Cyber-Sicherheitsnetzwerk Sachsen“

Die IHK zu Leipzig ist Teil des „Cyber-Sicherheitsnetzwerkes Sachsen“. Doch wofür und wogegen arbeitet dieses Netzwerk. Und wie arbeitet es und mit wem?

WIRTSCHAFT ONLINE sprach mit Frauke Greven, die als Leiterin der Digitalagentur Sachsen ebenfalls an entscheidender Stelle im „Cyber-Sicherheitsnetzwerk“ aktiv ist:

WIRTSCHAFT ONLINE: Guten Tag, Frau Greven. Am neu gegründeten „Cyber-Sicherheitsnetzwerk Sachsen“, an dem auch die sächsischen Industrie- und Handelskammern beteiligt sind, haben Sie als Leiterin der Digitalagentur Sachsen (DiAS) entscheidenden Anteil. Netzwerke brauchen jedoch viele Player. Wer ist denn noch mit im Boot?

Frauke Greven: Die Initiative ist ein Zusammenschluss von verschiedenen Institutionen in Sachsen, die sich für das Thema Cyber-Sicherheit für die Wirtschaft starkmachen. Unsere Partner sind die sächsischen Handwerkskammern und Industrie- und Handelskammern sowie das Landeskriminalamt in Sachsen. Perspektivisch möchten wir zudem IT-Sicherheitsdienstleister aus Sachsen als weitere Expertinnen und Experten mit ins Boot holen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Und welchen Aufgaben hat sich das neue „Cyber-Sicherheitsnetzwerk Sachsen“ verschrieben?

Frauke Greven: Die Anzahl der Cyber-Attacken nimmt zu. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sind in der Regel weniger gut geschützt. Die Idee des „Cyber-Sicherheitsnetzwerkes Sachsen“ basiert auf dem Cyber-Sicherheitsnetzwerk, einem Projekt des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Das ist ein freiwilliger Zusammenschluss von qualifizierten Expertinnen und Experten, die KMU nach einem IT-Sicherheitsvorfall helfen, die IT-Sicherheitslage verbessern und somit zur Resilienz der Wirtschaft beitragen. Das „Cyber-Sicherheitsnetzwerk Sachsen“ möchte ein solches Netzwerk für Unternehmen in Sachsen aufbauen und stärken, um Cyber-Angriffen vorzubeugen und Betroffenen im Notfall Soforthilfe anzubieten.

WIRTSCHAFT ONLINE: Wie wollen Sie dieses jedoch ganz konkret umsetzen?

Frauke Greven: Zum einen möchten wir mittels Präventions- und Beratungsangeboten die Cyber-Sicherheit in sächsischen Unternehmen erhöhen. Im Netzwerk sind die bestehenden kostenfreien Angebote, z. B. von IHKs, HWKs, und dem LKA gebündelt. Hilfe zur Selbsthilfe ist hier das Leitmotiv. Weiterhin möchten wir mit der Unterstützung der sächsischen IT-Sicherheitsdienstleister eine digitale Rettungskette von und für Sachsen aufbauen. Dieser Sofortmaßnahmenplan bietet Unternehmen im Fall eines Cyber-Angriffs schnelle und kompetente Erste Hilfe an.

WIRTSCHAFT ONLINE: Sie sprachen gerade vom Sofortmaßnahmenplan und der digitalen Rettungskette. Können Sie das bitte noch etwas tiefer ausführen?

Frauke Greven: Die digitale Rettungskette besteht aus mehreren Eskalationsstufen. Die Unterstützung reicht dabei von praktischen Checklisten für den Notfall über eine telefonische Ersthilfe bis zur Vor-Ort-Hilfe durch Experten des Netzwerkes. Die digitale Rettungskette orientiert sich am Beispiel des BSI. Sie weist im Notfall den Weg und zeigt auf, bei welchem Vorfall welcher Ansprechpartner (Digitaler Ersthelfer, Vorfall-Praktiker/-Experte) zuerst kontaktiert und welcher Eskalationsweg bei erweitertem Unterstützungsbedarf gegangen werden sollte. Während Digitale Ersthelfer bei kleineren IT-Störungen und –Sicherheitsvorfällen unterstützen können, erfordern andere Cyber-Attacken die Expertise eines Vorfallpraktikers oder –Experten.

WIRTSCHAFT ONLINE: Sind Unternehmen in Sachsen genug sensibilisiert für das Thema Cyber-Sicherheit? An welchen Stellschrauben kann jedes Unternehmen selbständig nachjustieren?

Frauke Greven: Durch die aktuellen Vorfälle auch in Sachsen in jüngster Zeit ist das Thema Cyber-Sicherheit sicherlich präsent. Allerdings sind sich noch nicht alle Unternehmen in Sachsen bewusst, dass es keine Frage mehr ist, ob sie einmal betroffen sein werden, sondern nur noch wann. Manche haben zwar kein Erkenntnisproblem, finden aber nicht den passenden Hebel, um etwas zu tun. Um „vor der Lage“ zu sein und sich cyber-sicher aufzustellen, kann sich jedes Unternehmen dahingehend beraten lassen, was in Sachen Informationssicherheit notwendig ist und wo das Unternehmen aktuell steht. Dafür gibt es bereits Anlaufstellen in Sachsen. Als Beispiel ist hier das Projekt vom LKA „Sicheres Unternehmen“ zu erwähnen. Mit dieser ganzheitlichen Beratung, die das LKA anbietet, kann ein Unternehmen feststellen, wo z. B. bauliche oder organisatorische Sicherheitslücken bestehen, die oft auch mit Cyber-Sicherheit zu tun haben, und welche Maßnahmen eingeleitet werden können, um diese zu schließen.

WIRTSCHAFT ONLINE: Am 28. März 2023 findet die erste Online-Veranstaltung des „Cyber-Sicherheitsnetzwerks Sachsen“ statt. Worum geht es konkret? Wer ist beteiligt und wie können Interessierte an dieser Veranstaltung partizipieren?

Frauke Greven: Die Veranstaltung findet online statt und richtet sich primär an Unternehmen in Sachsen mit Interesse am Thema Cyber-Sicherheit sowie an IT-Sicherheitsdienstleister, die das Netzwerk aktiv unterstützen möchten. Wir möchten Interessierten das „Cyber-Sicherheitsnetzwerk Sachsen“ vorstellen, auf Details zur vertiefenden Schulungsmöglichkeit für IT-Sicherheitsdienstleister im Mai 2023 hinweisen und die Teilnahmemöglichkeiten aufzeigen. Interessierte können sich über das Beteiligungsportal Sachsen anmelden.

WIRTSCHAFT ONLINE: Ein Netzwerk mit der von Ihnen aufzubauende Struktur muss wachsen – wen möchten Sie gern noch mit einbeziehen und wie kommen Sie an diese Menschen und Unternehmen heran?

Frauke Greven: Es sind vor allem die sächsischen IT-Sicherheitsdienstleister, die wir als aktive Expertinnen und Experten brauchen. Nur mit ihrer Hilfe schaffen wir es, eine digitale Rettungskette aufzubauen und im Notfall die passende Unterstützung anzubieten. Die Informationsveranstaltung ist eine erste Maßnahme, auf die Initiative aufmerksam zu machen und für die Weiterbildungsangebote zu werben. Mithilfe des guten Multiplikatoren-Netzwerks aus IHKs, HWKs und anderen IT-Netzwerken in Sachsen möchten wir möglichst viele Unternehmen erreichen.

WIRTSCHAFT ONLINE: In Ihrem ersten Statement zu Beginn Ihres Amtsantritts als Leiterin der Digitalagentur Sachsen (DiAS) im März 2022 sprachen Sie davon, dass Sie an der erfolgreichen Umsetzung und Weiterentwicklung der Digitalisierungsstrategie mitwirken wollen. Für nicht involviertes Publikum: Was beinhaltet diese Digitalisierungsstrategie eigentlich?

Frauke Greven: Die weiterentwickelte Digitalstrategie des Freistaates Sachsen „sachsen digital 2030: besser, schneller, sicher“ wurde erst vor kurzem vorgestellt. Die Digitalagentur Sachsen war an der Weiterentwicklung dieser Strategie beteiligt und wird auch bei der Umsetzung der nun folgenden Maßnahmen involviert bleiben. Es war und ist Aufgabe der DiAS, durch geeignete Beteiligungsformate die Expertise von Akteuren aus Wirtschaft, Wissenschaft, Verwaltung und Gesellschaft in die strategischen Überlegungen einzubeziehen. Die Digitalstrategie soll eine Antwort darauf geben, wie wir als Gemeinwesen dem digitalen Wandel in Sachsen auf der Grundlage von unverrückbaren Werten, wie Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit begegnen, ihn mitgestalten und zum Vorteil aller Menschen in Sachsen nutzen können. Die Strategie beinhaltet insgesamt 16 Handlungsfelder. In diesem Sommer wird zudem ein Aktionsplan mit konkreten Maßnahmen veröffentlicht werden. Über allem stehen drei wichtige Prinzipien: Nachhaltigkeit, Teilhabe und Resilienz. Im letztgenannten spielt Cyber-Sicherheit eine zentrale Rolle. Wer mehr Details zur sächsischen Digitalstrategie wissen möchte, wird hier fündig.

WIRTSCHAFT ONLINE: Dann hoffen wir, dass das „Cyber-Sicherheitsnetzwerk Sachsen“ es schafft, vor die digitalen Entwicklungen der Kriminellen und Missbrauchenden zu kommen und danken für Ihre Zeit und Ihr Engagement.

Ihre Kontaktperson

Bei Fragen hilft Ihnen Jenny Krick gerne weiter.

T: +49 341 1267-1176
M: +49 151 12671378
F: +49 341 1267-1290
E: jenny.krick@leipzig.ihk.de

Porträt Jenny Krick

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