Flächendeckenden und vielfältigen Lokaljournalismus fördern
10. Mai 2023Interview mit Prof. Dr. Markus Heinker, Präsident des Medienrates der Sächsischen Landesanstalt für privaten und neuen Rundfunk.
Guten und vielfältigen Journalismus gibt es nicht umsonst – so viel versteht sich von selbst. Problematisch wird es für Verlage, Rundfunkanstalten, Fernsehsender und andere Medienschaffende immer dann, wenn das Publikum nicht oder nur in einem sehr eingeschränkten Maße bereit ist, für das publizistische Angebot auch zu bezahlen. Paywalls und Werbung im großen Stil sind seit Jahren die Mittel der Wahl; der Erfolg ist eher bescheiden. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten unterliegen diesem Druck nicht, da sie sich aus dem Rundfunkbeitrag finanzieren, den der Großteil der deutschen Bürgerinnen und Bürger monatlich zahlt. Einen kleinen Lichtblick für private Rundfunkangebote aus Sachsen gibt es nun dank der neuen Förderung für lokaljournalistische Angebote durch die Sächsische Landesanstalt für privaten und neuen Rundfunk (SLM). WIRTSCHAFT ONLINE sprach mit dem volontierten Journalisten und promovierten Volljuristen Prof. Dr. Markus Heinker, der neben seiner Tätigkeit als Dekan und Professor für Medienwirtschaft und Medienpolitik an der Fakultät Medien der Hochschule Mittweida auch Präsident des Medienrates der SLM ist.
WIRTSCHAFT ONLINE: Was genau sind die Aufgaben der Sächsischen Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien und inwiefern setzt sie sich für die Interessen der medienschaffenden Mitgliedsunternehmen der IHK zu Leipzig ein?
Prof. Dr. Markus Heinker: Die Sächsische Landesanstalt für privaten Rundfunk und neue Medien (SLM) ist für Regulierung und Förderung von Medien zuständig. Weil Medien Ländersache sind, beschränkt sich die primäre Zuständigkeit auf Sachsen. Allerdings wirkt die SLM auch in den Bundesgremien der Landesmedienanstalten mit. Inhaltlich ist die SLM für Fernsehen und Hörfunk sowie Telemedien zuständig. Im Bereich der Regulierung geht es vor allem um die Einhaltung der Werberegelungen und der Regeln des journalistischen Handwerks und den Jugendmedienschutz. Im Bereich der Förderung geht es unter anderem darum, Medienvielfalt zu erhalten und zu fördern. Im Vordergrund steht dabei die Schaffung von optimalen Versorgungsbedingungen für die privaten Hörfunk- und Fernsehanbieter in Sachsen durch technische Infrastrukturförderung und die Förderung neuer Technologien.
Im Wirkungsbereich der IHK zu Leipzig haben viele der von der SLM zugelassenen kommerziellen Radio- und Lokal-TV-Veranstalter ihren Sitz, zum Bereich Radio gehören beispielsweise detektor.fm, Energy Sachsen, FEMOTION, Leipzig Beatzz, Radio Leipzig, Radio PSR, rsa oder SecondRadio sowie im Fernsehbereich das SACHSEN FERNSEHEN Leipzig.
Was 1992 im Kleinen mit dem Sendestart von Radio PSR – dem ersten privaten Radiosender in Sachsen – begann, hat sich mittlerweile zu einer Branche entwickelt, die heute als Wirtschaftsfaktor und Arbeitgeber eine wichtige Rolle für Leipzigs Wirtschaft spielt.
WIRTSCHAFT ONLINE: Wie kam die neue Förderung zustande und an wen richtet sie sich?
Prof. Dr. Markus Heinker: Die Regierungskoalition im Sächsischen Landtag hat Ende Dezember 2022 mit dem Beschluss zum Doppelhaushalt 2023/24 der SLM eine neue Förderaufgabe zugewiesen und damit ein Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag auf den Weg gebracht. Dabei ging es – dem Vernehmen nach – vor allem darum, in Anbetracht der weiterhin schwierigen Rahmenbedingungen, die sächsische Medienlandschaft zu stabilisieren und die Perspektiven für den lokalen und regionalen Journalismus zu verbessern. Für dieses Ziel stehen 2023 und 2024 jeweils zwei Millionen Euro aus dem Staatshaushalt zur Verfügung. Die Ausgestaltung der Förderung im Rahmen ihrer Satzungsermächtigung und die Ausreichung der Fördermittel obliegen dabei der SLM.
Die Förderung richtet sich zum einen an kommerzielle Fernsehveranstalter. Das Ziel der Förderung liegt in dem Erhalt und Ausbau eines flächendeckenden, vielfältigen und qualitätsvollen Nachrichten- und Informationsangebotes lokaler und regionaler Veranstalter mit einem engen Bezug zum lokalen und regionalen Geschehen im Freistaat Sachsen.
Ebenso gefördert werden lokaljournalistische Angebote der kommerziellen Hörfunkveranstalter. Hier liegt das Ziel der Förderung in der Steigerung der Attraktivität des Gesamtangebots im Lokalen und Regionalen. Die Produktion neuer lokaljournalistischer Formate und Inhalte soll zu einer Ergänzung und Vertiefung sowohl des linearen Hörfunkprogramms als auch der begleitenden Telemedienangebote führen und damit die Information der Bevölkerung über lokale und regionale Geschehnisse bereichern.
Eine weitere Förderung können lokaljournalistische Angebote der nichtkommerziellen Rundfunkveranstalter erhalten. Deren Beitrag für die demokratische Meinungsbildung soll gestärkt und mit Blick auf veränderte Nutzungsgewohnheiten weiterentwickelt werden.
Darüber hinaus können innovative Projekte gefördert werden. Dies können neu konzipierte, originelle, kreative und zukunftsweisende Angebote zur Entwicklung nachhaltiger Geschäfts- und Kooperationsmodelle sowie neue journalistische Produktionsformen und digitale Formate sein.
Die Förderung richtet sich ausschließlich an Veranstalter von kommerziellen und nichtkommerziellen Rundfunkprogrammen, Anbietern von Telemedien oder Anbietergemeinschaften, soweit diese einen Sitz in Sachsen haben. Voraussetzung ist ein Redaktionssitz in dem Ort oder der Region, auf den bzw. die das jeweilige Angebot gerichtet ist.
Der Aufruf der SLM zur Förderung von lokaljournalistischen Angeboten sowie die Antragsformulare können auf der Website der SLM abgerufen werden. Antragsfrist ist der 19.05.2023.
WIRTSCHAFT ONLINE: Welche Potentiale und Chancen sehen Sie, dass die Förderung zu einer Bereicherung des lokaljournalistischen Angebots in Sachsen beiträgt?
Prof. Dr. Markus Heinker: Lokaljournalistische Angebote sind für den gesellschaftlichen Diskurs und damit für die individuelle und kollektive Meinungsbildung der Bevölkerung als Grundlage der Teilhabe an der demokratischen Mitbestimmung von essentieller Bedeutung. Deshalb ist es so wichtig, ein flächendeckendes, qualitativ hochwertiges, vielfältiges und unabhängiges journalistisches Angebot im Lokalen zu haben. Die SLM wird den Erfolg evaluieren und die Auswirkungen der Fördermaßnahmen bzw. deren Ergebnisse in einem zweijährigen Rhythmus veröffentlichen.
WIRTSCHAFT ONLINE: Vielen Dank, Professor Heinker, für Ihre Zeit und Ihre Antworten!