„Es geht um die Reduzierung des Energieverbrauchs“
09. Juni 2022Gespräch mit dem Geschäftsfeldmanager der IHK zu Leipzig „Innovation und Umwelt“ Jens Januszewski
Beim Thema Energieversorgungssicherheit kann jedes Unternehmen mittun, denn Energieeinsparungsmöglichkeiten finden sich im Regelfall in jeder Firma.
Jens Januszewski von der IHK zu Leipzig agiert genau in diesem Felde, berät, spürt Energiereduktionschancen auf und gibt Tipps – auch wie Mitarbeitende sensibilisiert werden können.
WIRTSCHAFT ONLINE sprach mit ihm.
WIRTSCHAFT ONLINE: Guten Tag, Herr Januszewski. In Ihren Aufgabenbereich hier in der IHK zu Leipzig fällt es, den Ausbau erneuerbarer Energien in Unternehmen nach vorne zu bringen. Von welchen erneuerbaren Energien reden wir denn da? Windräder auf dem Hof eines kleinen Hotels sind es doch eher nicht, oder?
Jens Januszewski: Auch das wäre eine Möglichkeit, die Energiewende selbst in die Hand zu nehmen. Natürlich sprechen wir dort nicht von 200 Meter hohen Anlagen, sondern von kleinen Anlagen für den Eigenverbrauch, mit dem gleichzeitig der Energiebezug aus dem öffentlichen Netz reduziert werden kann. Es gibt aber für Hotels andere Lösungen, wie Photovoltaik und Kraft-Wärme-Kopplung, die im Regelfall besser geeignet sind.
WIRTSCHAFT ONLINE: Zum Komplex Energie zählt ganz zuvorderst die Energieeffizienz. Die ist an vielen Stellen noch nachregulierbar. Welche Möglichkeiten sehen sie konkret in den Unternehmen?
Jens Januszewski: Der bewusste Umgang oder Verbrauch von Energie steht dabei im Vordergrund. Analysiert man im Unternehmen dessen Energieverbräuche und stellt sich bei jeder Anwendung die Frage, ob es für den konkreten Fall unbedingt sein muss oder auch eine effizientere Variante dafür gibt, sind schnell Potenziale der Energieeffizienz gefunden.
WIRTSCHAFT ONLINE: Gibt es praktische Beispiele?
Jens Januszewski: Eine Vielzahl! Was passiert mit der Abwärme des Kompressors, der Küche beim Kochen, des Industriepozesses? Muss die Beleuchtung immer an sein? Müssen Förderbänder, Ventilatoren und Motoren immer laufen oder nur, wenn das unbedingt notwendig ist? Kann ich die Anlage abschalten oder muss diese im Standby-Zustand verbleiben? Etc.
WIRTSCHAFT ONLINE: Wenden wir uns den nichtinvestiven Maßnahmen zu. Hier heißt das Lösungswort „Mitarbeitermotivation“ – auch in der weiblichen Variante. Wie können Unternehmen ihre Mitarbeitenden sensibilisieren, mit dem Wert Energie wirtschaftlicher umzugehen?
Jens Januszewski: Auch hier gibt es aus der Praxis gute Beispiele, welche wir für die Unternehmen in einem Leitfaden (siehe Links unter dem Beitrag) zusammengefasst haben. Mit Kampagnen und unternehmensinternen Wettbewerben motivieren schon heute viele Unternehmen ihre Mitarbeiter zum bewussten Umgang mit Energie. Auch Fahrerschulungen sind im Straßen- und Schienenverkehr, Hausmeister- und Handwerkerschulungen im Gebäudebereich, mit dem Fokus auf Energieeffizienz auf der Tagesordnung. Darüber hinaus werden auch Kunden angeregt, sich effizienter zu verhalten, da nicht immer der eigene Mitarbeiter die Regelung oder eine konkrete Entscheidung trifft, siehe Heizungs- oder Beleuchtungseinstellung im Hotel, Fahrstuhlnutzung oder Treppe.
WIRTSCHAFT ONLINE: Verstehen diesen Ansatz überhaupt alle Mitarbeitenden aus ihrer eigenen, ganz subjektiven Perspektive heraus? Braucht es nicht auch Übersetzungen in andere Sprachen und persönliches Einwirken auf Menschen, die in ihren alten Heimaten oder Milieus mit dem Thema noch nie etwas zu tun hatten? Wie kann man da nachhelfen?
Jens Januszewski: Entscheidend ist hier in erster Linie das Leitbild des Unternehmens, welches den sparsamen Einsatz von Energie vorgibt und vor allem auch lebt. Wenn sich ein Mitarbeiter mit den Werten des Unternehmens identifiziert und dem Leitbild entsprechend verhält, sollte dies auch motivierend auf die weiteren Mitarbeiter wirken. Zur Verdeutlichung: welchen Einfluss jeder Mitarbeiter beim Einsatz von Energie hat, kann auch die Übersetzung von Maßnahmen in Geld oder andere Auswirkungen beitragen. Beispiele dazu sind die finanzielle Einsparung für das Unternehmen, der geringere CO2-Footprint, vermeidbare Umwelteinwirkungen oder der Klimaschutz.
WIRTSCHAFT ONLINE: Aus unternehmerischer Sicht ist Energie ein immer größer werdender Kostenfaktor. Welche Einflussmöglichkeiten haben Sie als Vertreter der IHK zu Leipzig überhaupt bei den Unternehmen?
Jens Januszewski: In erster Linie geht es um die Reduzierung des Energieverbrauchs, wozu wir als IHK zu Leipzig sensibilisieren und informieren. Mit Beratungen, Veranstaltungen, Weiterbildungen erreichen wir jährlich über 1.300 Teilnehmer aus Unternehmen speziell zu diesem Thema – den Geschäftsführer wie auch den Azubi, die strategische wie auch die operative Ebene. Darüber hinaus sind wir mit der Interessenvertretung in der Politik sehr gut in verschiedenen Gremien und Austauschformaten vertreten und können so die Interessen der Wirtschaft in der Region Leipzig einbringen.
WIRTSCHAFT ONLINE: Sie sind mit Ihrer Arbeit in der IHK zu Leipzig auch der Interessenvertretung der Wirtschaft gegenüber der Politik verpflichtet. Wie geschieht dies konkret?
Jens Januszewski: Als IHK zu Leipzig nehmen wir zu anstehenden Planungen, aktuellen Initiativen von Parteien oder strategischen Überlegungen von Ministerien Stellung und bewerten diese aus Sicht der regionalen Wirtschaft. Aktuell lassen wir unsere Erfahrungen und aktuellen Bedarfe der Unternehmen in das Energie- und Klimaschutzprogramm des Freistaates Sachsen einfließen. Leitfäden sind hierbei unsere Wirtschafts- und Energiepolitischen Positionen, die wir jährlich unter Einbeziehung unserer Mitgliedsunternehmen fortschreiben.
WIRTSCHAFT ONLINE: Welche aktuellen Projekte müssen denn zu diesem Themenkomplex unbedingt noch genannt werden, die die IHK zu Leipzig betreut? Und was geschieht hier?
Jens Januszewski: Wir bieten den Mitgliedsunternehmen über ein Energieeffizienz-Netzwerk (Link unter dem Beitrag, Anm. d. Red.), an welchem aktuell 15 Unternehmen teilnehmen, ein Austauschformat auf praktischer Ebene. In Fachworkshops werden den Unternehmen Themen der Energieeffizienz und deren Umsetzung im Unternehmen praktisch vermittelt und ein netzwerkinterner Fachaustausch durch uns organisiert. Die teilnehmenden Unternehmen schätzen dieses Format seit 2015 sehr, da damit eigene Fehler bei der Umsetzung von Projekten durch den Erfahrungsaustausch mit Anderen vermieden werden.
Auch bilden wir Azubis aus unseren Mitgliedsunternehmen kostenfrei zu Azubi-Energiescouts (Link unter dem Beitrag, Anm. d. Red.) aus, eine Bundesinitiative mit bisher über 7.000 ausgebildeten Azubis. In vier Workshops werden die Azubis für ein Energieeffizienzprojekt im eigenen Unternehmen fit gemacht und erhalten dafür ein Zertifikat der IHK zu Leipzig, welches ihre Ausbildung unterstützt und im weiteren Leben einen Qualifizierungsnachweis abbildet.
WIRTSCHAFT ONLINE: Der Verbrauch an Energie ist weltweit – aber ganz besonders in den „entwickelten Volkswirtschaften“ – viel zu hoch. Welche Art zu wirtschaften würde es ermöglichen, den sprichwörtlichen Karren noch aus dem Dreck zu ziehen?
Jens Januszewski: Deutschland als Industrieland stehen da gewaltige Umstellungen bevor. Konsens ist, dass Energie eingespart werden muss, allein schon aus Kostengründen. Gleichzeitig muss klar sein, dass wir in Deutschland nicht weiter Erzeugungskapazitäten reduzieren können. Daher muss der Ausbau Erneuerbarer Energien beschleunigt werden, um mittelfristig die Versorgungssicherheit der Unternehmen zu gewährleisten. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine und die daraus erwachsende Debatte um den Gasbezug erhöhen den Druck zusätzlich. Auch brauchen wir die Kreislaufwirtschaft und mehr Nachhaltigkeit in allen Bereichen, um dem weiter wachsenden Bedarf auf der Welt gerecht zu werden.
WIRTSCHAFT ONLINE: Danke, Herr Januszewski, für Ihre Zeit und Ihre Antworten.
Jens Januszewski: Vielen Dank auch Ihnen für die Fragen.
Der „Praxisleitfaden Energieeffizienz und Klimaschutz. Mitarbeitermotivation.“ im Netz:
Das Energieeffizienz-Netzwerk unter Beteiligung der IHK zu Leipzig: