Die E-Rechnungs-Pflicht kommt!
09. Oktober 2024Die E-Rechnung kommt und die Schlupflöcher werden geschlossen. Was jetzt ganz dringend von Unternehmen zu beachten ist, erläutert Jens Bierstedt, Experte für Steuern und Gewerberecht bei der IHK zu Leipzig, im Gespräch. Hierbei erklärt er die Unterschiede von B2B und B2C, Inhalte von E-Rechnungen, Übergangsfristen und das Konfliktpotenzial der Regelung.
WIRTSCHAFT ONLINE: Guten Tag, Herr Bierstedt. Ab dem 1. Januar 2025 gilt im B2B-Geschäftsverkehr, dass Unternehmen E-Rechnungen annehmen müssen, auch ohne vorherige Zustimmung des Empfängers. Gilt das wirklich für alle Unternehmen?
Jens Bierstedt: Die Einführung der E-Rechnung betrifft alle im Inland ansässigen Unternehmer mit ihren im Inland steuerbaren und nicht nach § 4 Nr. 8 bis 29 UStG steuerfreien Leistungen, soweit der Leistungsempfänger ebenfalls ein inländischer Unternehmer ist. Dazu zählen auch Kleinunternehmer nach § 19 UStG, die grundsätzlich von der Ausweisung der Umsatzsteuer befreit sind.
Darüber hinaus sind Kleinbetragsrechnungen von bis zu 250 EUR und Fahrausweise von den Vorschriften zur E-Rechnung ausgenommen. Überdies entfällt die Ausstellungspflicht einer E-Rechnung im B2C-Bereich. Weiterhin muss keine E-Rechnung erstellt werden, wenn Leistender oder Leistungsempfänger im Ausland ansässig sind.
Weiterführende Informationen zum Thema E-Rechnung vermittelt der Entwurf des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) vom 14. Juni 2024 zur „Ausstellung von Rechnungen nach § 14 UStG; Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung bei Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern ab dem 1. Januar 2025“. Das BMF-Entwurfsschreiben soll im IV. Quartal 2024 noch in Kraft treten.
WIRTSCHAFT ONLINE: B2B bedeutet Business-to-Business. Doch wo beginnt Business? Es gibt ja auch B2C …
Jens Bierstedt: B2B bezieht sich auf Geschäfte zwischen Unternehmen, die durch die Definition des § 2 Umsatzsteuergesetzes (UStG) als unternehmerische Tätigkeiten angesehen werden. Die rechtlichen Rahmenbedingungen im Umsatzsteuergesetz sind für die Abwicklung solcher Geschäfte entscheidend, insbesondere in Bezug auf Umsatzsteuerpflichten und Vorsteuerabzüge.
§ 2 UStG definiert, wer als „Unternehmer“ gilt. Demnach ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbstständig ausübt. Dies bedeutet, dass jede wirtschaftliche Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und Einnahmen erzielen soll, als „Business“ angesehen wird. Mit anderen Worten: Jeder Unternehmer im Sinne des Umsatzsteuerrechts erfüllt die Voraussetzungen ein Business zu betreiben.
WIRTSCHAFT ONLINE: Was muss solch eine E-Rechnung denn alles beinhalten, Herr Bierstedt? Gerade Unterschriften sind ja ein Thema, welche oft abgefragt wird …
Jens Bierstedt: Eine E-Rechnung ist eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht.
Das Rechnungsformat sollte nach der CEN-Norm EN 16931 (Art. 2 Richtlinie 2014/55/EU v. 16. April 2014, ABl EU Nr. L 133 v. 6. Mai 2014) aufgebaut sein, wobei auch andere elektronische Rechnungsformate (z. B. XRechnung, ZUGFeRD, EDI) zugelassen sind, soweit die für die Umsatzsteuer relevanten Informationen vollständig extrahiert werden können und der CEN-Norm EN 16931 entsprechen oder mit dieser kompatibel sind.
Die entsprechenden Inhalte einer Rechnung ergeben sich aus § 14 Abs. 4 UStG, die dann auch in einer E-Rechnung enthalten sein müssen.
Eine Unterschrift ist nach dem aktuellen Umsatzsteuerrecht grundsätzlich nicht erforderlich bzw. verpflichtend. Einige Ausnahmen ergeben sich bei Steuerberatern und Rechtsanwälten.
WIRTSCHAFT ONLINE: Und was geschieht, wenn sich ein Unternehmen verweigert?
Jens Bierstedt: Das derzeitige Wachstumschancengesetz sowie der Entwurf des BMF zur „Ausstellung von Rechnungen nach § 14 UStG; Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung bei Umsätzen zwischen inländischen Unternehmern ab dem 1. Januar 2025“ sehen keine besonderen Sanktionen vor.
Die IHK zu Leipzig weist vorsorglich darauf hin, dass eine Verweigerung der Umsetzung der Vorschriften zur E-Rechnung mit erheblichen Nachteilen verbunden sein kann. So kann die Beweiskraft der Buchführung verworfen werden, die Schätzung von Besteuerungsgrundlagen (Schätzungsbescheide) vorgenommen werden oder die Gefahr eines Steuerstrafverfahrens im Raum stehen. Für Fragen steht die IHK zu Leipzig gerne zur Verfügung.
WIRTSCHAFT ONLINE: Es gibt eine Übergangsfrist bis Ende 2026. Wie sollen jedoch gerade in der Überganszeit die Rechnungen aufbewahrt werden? Und ab 2027 dann?
Jens Bierstedt: Die Aufbewahrung von elektronischen Rechnungen richtet sich vornehmlich nach den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD). Daran ändert sich mit der neuen Rechtslage der E-Rechnung erstmal grundsätzlich nichts und ist entsprechend auch so umzusetzen.
Kurz zusammengefasst könnte man sagen: Der strukturierte Teil einer E-Rechnung ist so aufzubewahren, dass dieser in seiner ursprünglichen Form vorliegt und die Anforderungen an die Unveränderbarkeit erfüllt werden. Eine maschinelle Auswertbarkeit seitens der Finanzverwaltung muss sichergestellt sein. Sofern in einem zusätzlichen übersandten Dokument Aufzeichnungen enthalten sind, die für die Besteuerung von Bedeutung sind, z. B. Buchungsvermerke, sind diese ebenfalls so aufzubewahren, dass diese in ihrer ursprünglichen Form vorliegen und die Anforderungen an die Unveränderbarkeit erfüllt werden.
WIRTSCHAFT ONLINE: Gilt diese Gesetzgebung eigentlich nur in Deutschland? Wie sieht es denn mit den E-Rechnungen international aus, gerade in Europa beispielsweise?
Jens Bierstedt: Mit dem Wachstumschancengesetz sind die Vorschriften über die Ausstellung von E-Rechnungen für inländische Umsätze im B2B-Bereich im Inland eingeführt worden. Daher gilt das Gesetz ausschließlich für die Bundesrepublik Deutschland.
Mit der Modernisierung und Verbesserung des Mehrwertsteuersystems in der EU - Mehrwertsteuer im digitalen Zeitalter (ViDA) – hat die EU Kommission mit der Richtlinie COM(2022) 701 final, hier „Elektronische Rechnungsstellung als Standardregel für die Ausstellung von Rechnungen Artikel 217, 218 und 232“, geregelt, dass spätestens ab dem 1. Januar 2028 alle Mitgliedstaaten eine Umstellung auf E-Rechnung in ihren Ländern durchzusetzen haben.
WIRTSCHAFT ONLINE: Welche Konflikte sehen Sie, Herr Bierstedt, bei der Umsetzung dieser Regelung?
Jens Bierstedt: Eines der größten Konflikte ist der immense Kostenaufwand, den Unternehmen dadurch zu erleiden haben, dass sie sowohl eine Software organisieren müssen als auch ggf. eine Schulung im Umgang mit der Software bzw. E-Rechnung durchführen müssen. Überdies müssen vereinzelte IT-Kenntnisse aufgefrischt oder sogar erlernt werden, was wieder mehr Ressourcen des Unternehmens in Anspruch nimmt. Soweit dies nicht möglich ist, so wird man hier ggf. ein externes IT-Unternehmen hinzuziehen müssen, was wiederum zu weiteren Kosten führen wird.
Eine Hoffnung bleibt hingegen bestehen, soweit das BMF-Schreiben vom 14. Juni 2024 in seiner jetzigen Gänze verabschiedet wird. Hier heißt es in Rn. 36: Ab dem 1. Januar 2025 besteht für inländische Unternehmer die Notwendigkeit, eine E-Rechnung empfangen zu können. Hierfür reicht es aus, wenn der Rechnungsempfänger ein E-Mail-Postfach zur Verfügung stellt. Die Beteiligten können abweichend hiervon andere elektronische Übermittlungswege vereinbaren. Wie das E-Mail-Postfach aufgebaut und welche weiteren Anforderungen an das E-Mail-Postfach gestellt werden, bleibt im Detail noch abzuwarten.
WIRTSCHAFT ONLINE: Berät die IHK zu Leipzig zum Thema E-Rechnungen?
Jens Bierstedt: Natürlich. Das gehört zu unseren Aufgaben. Wenden Sie sich gern an mich.
WIRTSCHAFT ONLINE: Danke, Herr Bierstedt, dass Sie sich Zeit für unsere Fragen genommen haben.
Bei Fragen hilft Ihnen Jens Bierstedt gerne weiter.
T: +49 341 1267-1405
F: +49 341 1267-1420
E: jens.bierstedtnoSpam@leipzig.ihk.de