
BVMW e. V.: Mitglieder für Mitglieder
08. Januar 2025Wirtschaftliche Stärke braucht gut funktionierende Netzwerke. Deshalb stellen wir in loser Folge Organisationen und Strukturen vor, in denen sich Wirtschaftstreibende zusammenschließen. Wir sprechen mit Patrick Paul, Leiter Kreisverband des Bundesverbandes mittelständische Wirtschaft BVMW e. V.
WIRTSCHAFT ONLINE: Guten Tag, Herr Paul. Sie sind Selbstständiger Repräsentant des BVMW e. V., Leiter Kreisverband der Wirtschaftsregion Leipzig, bestehend aus der Stadt Leipzig, und den Landkreisen Leipzig und Nordsachen. Seit wann sind Sie in dieser Position und was machen Sie ganz konkret?
Patrick Paul: Seit Januar 2013 bin ich für den BVMW tätig, seit 2014 als Leiter Kreisverband.
In erster Linie vertreten wir die Interessen unserer Mitglieder und bieten diesen eine Plattform zum Vernetzen. Dazu organisieren wir zahlreiche Veranstaltungen, von Business-Frühstücken über Fachvorträge bis zu Unternehmerabenden und Großveranstaltungen. Darüber hinaus vernetzen wir die Unternehmen bei Bedarf aktiv. Wir unterstützen natürlich auch über alle gängigen Online-Plattformen für mehr Sichtbarkeit unserer Mitgliedsunternehmen.
Unsere Mitgliedsunternehmen profitieren darüber hinaus von zahlreichen Vorteilen innerhalb des Netzwerkes, getreu dem Motto: „Mitglieder für Mitglieder“. Hier helfen wir dabei, dass Mitgliedsunternehmen sich gegenseitig unterstützen und stärken, etwa durch Einkaufsvorteile und Kooperationen, oder länderübergreifend durch neue Impulse bei Firmengründungen oder Nachfolgelösungen.
Es gibt kaum ein Thema, bei dem wir nicht unterstützen und die passenden Kontakte vermitteln können.
Ebenso sind wir nah an der Politik, um die Interessen der kleinen und mittelständischen Unternehmen zu vertreten und dem Mittelstand eine Stimme zu geben.
Unsere Mitglieder schätzen das persönliche Netzwerk mit direkten Ansprechpartnern vor Ort sehr.
WIRTSCHAFT ONLINE: „Der Mittelstand. BVMW – Bundesverband mittelständische Wirtschaft, Unternehmerverband Deutschland e. V.“ ist die ganz reguläre Bezeichnung des Verbandes. Können Sie uns bitte etwas zur Geschichte des BVMW erzählen?
Patrick Paul: Im kommenden Jahr feiert der BVMW seinen 50. Geburtstag. Angefangen hat alles im Jahr 1975, als sich einige mittelständische Unternehmer in der damaligen Bundeshauptstadt Bonn zusammentaten, um sich dafür einzusetzen, dass sich die Wirtschaftspolitik in der Bundesrepublik nicht nur an Großkonzernen orientiert, sondern auch etwas für den Mittelstand – dem Rückgrat unserer Wirtschaft und unseres Gemeinwesens – tut. Auch wenn diese Botschaft bei den meisten politischen Entscheidungsträgern unterdessen angekommen ist, dürfen wir nicht nachlassen, regelmäßig und lautstark daran zu erinnern.
WIRTSCHAFT ONLINE: Wer kann Mitglied im hiesigen Kreisverband werden? Und wie viele Unternehmen aus welchen Branchen sind bei Ihnen organisiert?
Patrick Paul: Mitglieder im BVMW können alle sein, die ein eigenes Unternehmen führen, selbstständig tätig sind oder einen freiberuflichen Beruf ausüben. Ob Handwerker, Einzelhändler, Dienstleister, produzierendes Gewerbe oder IT-Unternehmer – bei uns sind alle Branchen willkommen und auch vertreten. Wir bieten eine Plattform für den Austausch und die Zusammenarbeit von Unternehmen unterschiedlicher Größen und Branchen. Wichtig für uns ist, dass die Mitglieder auf Augenhöhe mit Entscheidern in Austausch kommen und sich vernetzen können. Wir vertreten in unserer Region die Interessen von circa 1.000 Unternehmen.
WIRTSCHAFT ONLINE: Jeder Verband ist nur so stark wie das Netzwerk, in dem er eingebunden ist. Mit wem arbeiten Sie an welchen Zielen zusammen?
Patrick Paul: Wir arbeiten mit 30 Verbänden in der „Mittelstandsallianz“ zusammen.
In der Allianz vereinen sich mittelständisch geprägte Branchenverbände unter dem Dach des Mittelstands. BVMW zu einer gemeinsamen politischen Stimme. Zusammen wird sich für eine mittelstandsfreundliche Gesetzgebung und die gemeinsamen politischen Forderungen eingesetzt.
Mit mehr als 30 Partnerverbänden ist die Mittelstandsallianz in der Verbändelandschaft einzigartig und hat dadurch eine außerordentliche Schlagkraft für den Mittelstand. Die geballte Kompetenz der vielfältigen branchenspezifischen und branchenübergreifenden Partnerverbände übt einerseits konstruktiv Kritik, bietet aber auch immer zukunftsorientierte Lösungen – für die direkte Umsetzung in der Legislative und einen starken Mittelstand in Deutschland.
Gemeinsam schafft dies Gehör von politischen Entscheidern, sowohl in der Europa- und Bundespolitik als auch auf Landesebene. Die Mittelstandsallianz ist durch ihr breites und fundiertes Netzwerk im stetigen Dialog mit der Politik und knüpft kontinuierlich wertvolle Kontakte – und trägt damit gesellschaftliche Verantwortung. Im Rahmen regelmäßig stattfindender Gesprächstermine ist es den Beteiligten möglich, mit Ministerien, Regierungsmitgliedern und hochrangigen Politikerinnen und Politikern in einen direkten Austausch zu treten.
Zusätzlich verfügen wir über 100 sehr gut vernetzte Auslandsbüros, auf die unsere Mitgliedsunternehmen zugreifen können.
WIRTSCHAFT ONLINE: Sie bieten auch Veranstaltungen an. Was für Veranstaltungen sind dies denn?
Patrick Paul: Monatliche Unternehmerfrühstücke, Unternehmertreffs, Business-Lunch, Unternehmerabende, Empfänge, Unternehmerreisen ins In- und Ausland, Tages- oder Mehrtagesveranstaltungen mit Messecharakter, Onlineveranstaltungen, Fachvorträge und kleinere Branchentreffen sowie Bundestagsreisen mit den Abgeordneten des Bundestages, aber auch „politische Bildungsreisen“ ins EU-Parlament oder den Landtag.
WIRTSCHAFT ONLINE: Welche Hemmnisse hat die regionale Wirtschaft aus Sicht Ihres Kreisverbandes derzeit zu bewältigen?
Patrick Paul: Da gibt es viele Themen. Die ständig steigende Bürokratie, welche die kleinen und mittelständischen Unternehmen immer mehr belastet, der Arbeitskräftemangel, die immer steigenden Kosten, die unsicheren politischen Rahmenbedingungen und die zu hohe Steuer- und Abgabenlast, um die wichtigsten zu nennen.
WIRTSCHAFT ONLINE: Wie können diese Hemmnisse beseitigt werden?
Patrick Paul: Klare politische Rahmenbedingungen schaffen, die den Mittelstand endlich entlasten, Bildung wieder mehr fördern, Digitalisierung vorantreiben und, und, und... Hier sind die politischen Forderungen des BVMW nachzulesen.
WIRTSCHAFT ONLINE: Gerade die Unterschiedlichkeit der Region prägt das hiesige Wirtschaftsgeschehen, das Wirtschaftsleben in der Stadt Leipzig und den Landkreisen weicht teilweise elementar voneinander ab. Worauf muss gerade in dieser Hinsicht besonders geachtet werden bei Entscheidungen?
Patrick Paul: Da ich sowohl städtische als auch ländliche Unternehmen betreue, findet hier schon seit Jahren aktiver Austausch und Vernetzung statt. Wünschenswert wäre eine engere Zusammenarbeit und eine Haltung der politischen Entscheider, die besser auf die Interessen der Unternehmen und der Bevölkerung eingeht; angefangen bei der Verkehrspolitik bis zum Abbau von bürokratischer Überbelastung.
WIRTSCHAFT ONLINE: In welchen Segmenten muss dringend von politischen Entscheidungstragenden investiert werden?
Patrick Paul: Wir sehen hier vier Aktionsfelder: Erstens brauchen wir dringend eine spürbare Entlastung von Unternehmen von den überbordenden Steuern und Abgaben. Zweitens brauchen wir dringend eine Politik, die für wettbewerbsfähige Energiepreise sorgt, damit unsere Unternehmen im internationalen Wettbewerb nicht weiter eklatant benachteiligt werden. Drittens brauchen wir endlich eine klare Strategie, um dem Fach- und Arbeitskräftemangel zu begegnen.
Der vierte Punkt ist aus meiner Sicht besonders wichtig: Wir müssen endlich bei der Entbürokratisierung unserer Wirtschaft und Gesellschaft vorankommen. Das Gute ist: Das kostet fast kein Geld und würde ein Signal an unsere Leistungsträger senden, dass sich Anstrengung in Deutschland wieder lohnt und nicht durch überflüssige Gesetze und Dokumentationspflichten im Keim erstickt wird.
WIRTSCHAFT ONLINE: Wie nimmt Ihr Verband Einfluss?
Patrick Paul: Dinge zum Positiven zu verändern, ist in einer Demokratie ein dickes Brett. Wir beim BVMW verstehen uns als kompetenter, kritischer und konstruktiver Partner, wenn es darum geht, in Deutschland gute und faire Rahmenbedingungen für mittelständische Unternehmen zu schaffen. Hierzu stehen wir im täglichen Austausch mit Politik und Medien – egal ob vor Ort in den Städten und Gemeinden, auf Landes- oder Bundesebene.
WIRTSCHAFT ONLINE: Danke, Herr Paul, für Ihre Zeit und Ihr Engagement.
Bei Fragen hilft Ihnen die Redaktion der WIRTSCHAFT ONLINE gerne weiter.