2023 Wegweiser ins Onlinezugangsgesetz und Neuerungen FÜR DIE MITGLIEDER DER IHK ZU LEIPZIG Digital 2022
10 Ein Konto für alle Fälle Informationen, Funktionsweisen, Unterscheidungen von Nutzerkonten 4 6 16 Onlinezugangsgesetz – was ist das überhaupt? Hardfacts, Inhalte, Umsetzung 14 Proaktiv mitgestalten und nicht mit viel Energie verhindern Im Gespräch mit Staatssekretär und CIO, Professor Thomas Popp Inhalt Bürokratischer Aufwand muss minimal gehalten werden! Unternehmensmeinungen zur Verwaltungsdigitalisierung Damit der Datenabgleich funktioniert Zwei Gesetze unterstützen das Vorhaben OZG 2 IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022
18 24 Stunden Zugriff auf Verwaltungsleistungen Zentrale Portale werden ausgebaut IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022 3 Liebe Leserinnen, liebe Leser, Editorial 3 Fördermittel online beantragen – Gastbeitrag von Sebastian Rauer, Geschäftsführer Lecos GmbH zur Umsetzung des Onlinezugangs- gesetzes in Leipzig 9 Die Fortschritte sind nicht zu übersehen – Landrat Henry Graichen im Interview 12 Umfrage der IHK zu Leipzig 26 Veranstaltungshinweise und Impressum 27 20 spätestens am 1. Januar 2023 wird es so weit sein: Die Verwaltungsinstitutionen von Bund und Ländern müssen ihre Leistungen verpflichtend auch elektronisch über Online- portale anbieten. Ziel des zugrundeliegenden Onlinezugangsgesetzes (OZG) ist, rund 6.000 Verwaltungsleistungen zu bündeln und sie sowohl Bürgerinnen und Bürgern als auch Unternehmen online zugänglich zu machen. Um es kurz und prägnant zu formulieren: Es geht um die Digitalisierung der Verwaltung. Was bedeutet dies nun für Sie als Mitgliedsunternehmen der IHK zu Leipzig? Bis Ende dieses Jahres sollte es Ihnen möglich sein, alle Verwaltungsleistungen digital beim zuständigen Portal aufrufen, beauftragen bzw. bearbeiten zu können. Dabei geht es nicht nur um eine verbesserte Auffindbarkeit von Formularen und Anträgen. Vielmehr sollen Antragstellung, Identitätsnachweise, Bezahlung und alle sonstigen erforderlichen Vorgänge online ausführbar sein. Datensicherheit und Barrierefreiheit genießen im Rahmen dieser groß angelegten „Digitalisierungsoffensive“ selbstverständlich oberste Priorität. Auch die Industrie- und Handelskammern sind zur Umsetzung des OZG verpflichtet und haben ihr Service-Portal bereits im April online gestellt. Unter https://service.ihk.de werden nach und nach alle OZG-relevanten Leistungen veröffentlicht. Vorrang unter den insgesamt rund 95 Leistungen genießt dabei der Bereich Bildung mit all seinen Facetten. Unser Spezial möchte Ihnen das Onlinezugangsgesetz veranschaulichen und näherbringen. Gleichzeitig laden wir Sie schon heute dazu ein, sich auf dem Leistungsportal der IHKs umzusehen und uns Ihr Feedback zukommen zu lassen. Denn nur so können wir unseren Service für Sie stetig verbessern. Nutzen Sie auch die Möglichkeit, sich in diesem Magazin über weitere neue gesetzliche Regelungen ab 2023 zu informieren. Bleiben wir im Dialog – analog und digital! Ihr Kristian Kirpal Was ist neu im Jahr 2023? Wir informieren zu wirtschafts- relevanten Neuerungen Editorial
Um eine solch komplexe Aufgabe wie die Verwaltungsdigitalisierung umzusetzen, braucht es Regelungen, passgenaue Gesetze und einen langen Atem. Das Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen (kurz: Onlinezugangsgesetz – OZG) wurde am 14. August 2017 erlassen. Sowohl die Große Koalition aus CDU/CSU und SPD als auch die Ampelparteien FDP, SPD und Die Grünen hatten und haben die Umsetzung des Gesetzes in ihrem Koalitionsvertrag verankert. Hardfacts, Inhalte, Umsetzung was ist das überhaupt? Onlinezugangsgesetz – 4 IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022 OZG kompakt Wissenswertes über das Online- zugangsgesetz. Jetzt Video anschauen: www.leipzig.ihk.de/ ozgvideo1 Was ist das OZG –
Bund und Länder verpflichten sich laut Originaltext, bis spätestens zum Ablauf des fünften auf die Verkündung dieses Gesetzes folgenden Kalenderjahres ihre Verwaltungsleistungen auch elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten. Daneben verpflichten sich Bund und Länder, ihre Verwaltungsportale miteinander zu einem Portalverbund zu verknüpfen. Das Onlinezugangsgesetz definiert die Begriffe • Portalverbund, • Verwaltungsportal, • Verwaltungsleistungen, • Nutzer, • Nutzerkonto, • IT-Komponenten sowie • Postfach. Des Weiteren werden die Ziele des Portalverbundes sowie der Nutzerkonten beschrieben und die elektronische Abwicklung von Verwaltungsverfahren in ihren Grundzügen festgelegt. Besonders im Fokus stehen die Fragen der IT-Sicherheit. In § 5 OZG formuliert der Gesetzgeber konkret: „Für die im Portalverbund und für die Anbindung an den Portalverbund genutzten IT-Komponenten werden die zur Gewährleistung der IT-Sicherheit erforderlichen Standards durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat ohne Zustimmung des Bundesrats festgelegt. Die Einhaltung der Standards der IT-Sicherheit ist für alle Stellen verbindlich, die entsprechende IT-Komponenten nutzen. Von den in der Rechtsverordnung getroffenen Regelungen kann durch Landesrecht nicht abgewichen werden. Weiterhin wurden die Kommunikationsstandards, die für die Nutzerkonten zuständigen Stellen und die Rechtsgrundlagen der Datenverarbeitung fixiert sowie im § 11 die Übergangsregelung zum Einsatz des Datenschutzcockpits reguliert. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ließ 2017 als Orientierung für eine mögliche Priorisierung der Leistungsangebote die Studie „TOP 100 Wirtschaft“ erstellen. Die unternehmensbezogenen Leistungen wurden dabei in Geschäftslagen zusammengefasst und nach Häufigkeit, Relevanz sowie strategischer Bedeutung sortiert. Zu den relevantesten Geschäftslagen zählen beispielsweise: Steuern und Abgaben, Fragen rund um das Arbeitgebersein, Statistik und Berichtspflichten sowie Logistik und Transport. Die Voraussetzungen für Unternehmen sind andere als die für Privatpersonen. Unternehmen haben zumindest teilweise digitalisierte Daten, die sie mit Partnern oder Lieferanten austauschen. Hier kommen Schnittstellen zur Verwaltung zum Tragen. Zudem haben sich in einigen Bereichen sogenannte Intermediäre etabliert, die die Kontakte zur Verwaltung bündeln. Hierzu zählen zum Beispiel Steuern, Lohn, die Kraftfahrzeugzulassung oder der Zoll. Dies muss in der Umsetzung des OZG mitbedacht und gezielt genutzt werden. Eine weitere Herausforderung bei der Digitalisierung von Unternehmensleistungen ist die Varianz der Bedarfe je nach Branche, Größe und Geschäftssituation der Unternehmen. Priorisierung selbst beeinflussen! Das Angebot an online fertiggestellten Leistungen für Unternehmen ist noch überschaubar und weit entfernt von einem flächendeckenden Einsatz. Um das Angebot an Onlineleistungen für Unternehmen insgesamt zu erhöhen, können diese Unternehmen ihre Bedarfe gegenüber ihrer Kommune oder auch ihrer regionalen IHK benennen und Lösungen einfordern. Es ist grundsätzlich möglich, die Priorisierung zu beeinflussen! Folgende Übersichten zum Status der Verfügbarkeit von Leistungen gibt es: Bundesweit: https://dashboard.ozg-umsetzung.de Land Sachsen: https://saechsisch-direkt.de Was passiert nach 2022? Die Umsetzung des OZG wird nicht bis zum Ende des Jahres 2022 in Gänze gelingen. Auch deshalb arbeitet der Gesetzgeber derzeit an einer Novellierung des Gesetzes. Erweitert wird dieses dann voraussichtlich um Themen wie Umgang mit Schriftformerfordernissen, Evaluation von Verwaltungsdiensten und einer Verknüpfung zur Registermodernisierung. „Dennoch ist bereits viel passiert und eine bisher noch nie praktizierte Zusammenarbeit zwischen den Bundesländern erreicht worden“, sagt Jenny Krick, in der IHK zu Leipzig zuständig für die Umsetzung des OZG. Unternehmen haben in der Regel deutlich mehr Behörden- sowie Verwaltungskontakte als Privatpersonen, sodass eine Minimierung des Aufwands durch erleichterte Zugänge zu Onlineanträgen sofort spürbare Effekte hat. Noch viel zu tun bis Optimum – Umsetzung unternehmensrelevanter Leistungen IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022 5 OZG kompakt
Staatssekretär und CIO, Professor Thomas Popp 6 IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022 Interview Proaktiv mitgestalten und nicht mit viel Energie verhindern Im Gespräch mit Staatssekretär und CIO, Professor Thomas Popp
WIRTSCHAFT: Wir befinden uns mitten in der Umsetzungsphase des OZG. Wo steht Sachsen gerade? Prof. Popp: Wir haben gute Fortschritte gemacht. Für das BAföG gibt es zum Beispiel eine zentrale Onlineanwendung des Bundes, die wir einsetzen. Das „Meister-BAföG“, die Förderung nach dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz, ist über ein flächendeckendes Landesverfahren verfügbar. Leistungen mit Unternehmensbezug wie i-Kfz gibt es bereits bzw. es wird an der flächendeckenden Verfügbarkeit gearbeitet. Unser Serviceportal „Amt24“ ist für diese Leistungen die zentrale digitale Anlaufstelle. Einen besonderen Schub für digitale Verfahren erhoffen wir uns von den „Einer-für-alle-Leistungen“. Das sind z. B. das Wirtschafts-Service-Portal aus Nordrhein-Westfalen oder die digitale Bauverwaltung aus Mecklenburg-Vorpommern, die wir nach Prüfung auch in Sachsen anbieten wollen. WIRTSCHAFT: Wie haben der Krieg in der Ukraine und die Pandemie die Umsetzung des OZG beeinflusst? Prof. Popp: Einerseits gelang ein relativ reibungsloser Übergang zu volldigitalen Arbeitsformaten. Dies wäre ohne die Ausnahmesituation in der Pandemie unmöglich gewesen. Besonders wirksam war das, um die bisher eher theoretisch beschriebenen digitalen Mehrwerte einer umfänglichen digitalen Arbeits- und Verwaltungswelt im Praxistest für viele selbst erlebbar zu machen. Dadurch konnten wir auch bei vielen skeptischen und zurückhaltenden Bediensteten und Führungskräften ein neues Verständnis dafür erreichen, wie dringlich und systemrelevant gute digitale Rahmenbedingungen sind. Andererseits führte die Ausnahmesituation dazu, dass ursprüngliche Zeitpläne angepasst und Ressourcen neu priorisiert wurden. Trotzdem konnten wir neue digitale Verfahren durch den gestiegenen Bedarf in der Pandemie entwickeln, beispielsweise für Entschädigungszahlungen nach dem Infektionsschutzgesetz. Der völkerrechtswidrige Angriff Russlands gegen die Ukraine hat im Bereich der Digitalisierung einerseits den Fokus auf ganz praktische Hilfen für Flüchtlinge gelenkt. Hier konnten wir beispielsweise über digitale Informationsportale und ein spezielles Online-Antragsverfahren für Aufenthaltstitel unterstützen. Auch die Informationssicherheit ist durch die Kriegssituation und diverse Hackerangriffe wieder stärker ins Bewusstsein gerückt. Unsere digitale Infrastruktur zu schützen, gehört ebenso zur erfolgreichen Digitalisierung, wie nutzerfreundliche Anwendungen verfügbar zu machen. WIRTSCHAFT: Die Umsetzung des OZG ist eine Kollektivleistung. Für welchen Part ist Sachsen zuständig? Prof. Popp: Ein arbeitsteiliges Vorgehen, das Einer-für-allePrinzip (EfA), wurde vereinbart. Demnach entwickelt ein Land Onlineangebote und die anderen Länder können diese nachnutzen. Sachsen ist für die EfA-Leistungen im Themenfeld „Recht und Ordnung“ zuständig. Dazu gehören die Leistungen „Naturkatastrophen“, „Onlineanzeige“ und „Fundsachen“. Für die „Onlineanzeige“ werden wir die bereits praxiserprobte Lösung „Onlinewache“ aus dem Saarland und Rheinland-Pfalz so ausbauen, dass daraus bis Jahresende ein bundesweit nutzbares Verfahren wird. Für Verwaltungsleistungen rund um „Fundsachen“ arbeiten wir derzeit an einer Ausschreibung, um diese digital abbilden zu können. Zudem unterstützen wir Rheinland-Pfalz bei der Leistung „Erdaufschluss“, für die unsere bereits erfolgreich eingeführte Leistung ELBA.Sax zu einer bundesweiten Leistung ausgebaut wird. Für das Bezahlsystem ePayBL entwickelt unser landeseigener IT-Dienstleister, der Staatsbetrieb Sächsische Informatik Dienste, die bundesweite Standardschnittstelle, um Onlineverfahren anzubinden. WIRTSCHAFT: Wie viele Menschen sind in Sachsen derzeit mit der Umsetzung des OZG beschäftigt und in welchen Strukturen? Prof. Popp: Es wäre nicht sachgerecht, die Frage mit einer einfachen Zahl zu beantworten. Mindestanforderung ist, dass jeder erkennt, dass wir für eine arbeitsfähige Verwaltung in Zukunft digitale Werkzeuge brauchen. Diese sollten wir proaktiv mitgestalten und nicht mit viel Energie verhindern. Das ist der grundlegende Erfolgsfaktor, mit dem die Projekt- und Digitalisierungsexperten für die Umsetzung immer wieder motivieren, begleiten und auch mal unterstützen. In der IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022 7 Interview Ganz vorn bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes, speziell in Sachsen, steht Prof. Thomas Popp. Der 1961 in Schweinfurt geborene Politiker hatte seit 2005 verschiedene Funktionen in Sächsischen Staatsministerien sowie der Sächsischen Staatskanzlei inne. Seit 2018 ist Popp Amtschef der Sächsischen Staatskanzlei und verantwortlich für die Stabsstelle „Landesweite Organisationsplanung, Personalstrategie und Verwaltungsmodernisierung“. Mit Wirkung zum 1. August 2018 erfolgte darüber hinaus die Ernennung zum Beauftragten für Informationstechnologie (Chief Information Officer – CIO) des Freistaats Sachsen. Wir sprachen mit ihm über den Stand der OZG-Umsetzung und die Rolle, die Sachsen bei dieser Kollektivleistung einnimmt.
Staatskanzlei gibt es dafür ein Referat mit derzeit elf Bediensteten. Zusätzlich bündelt in jedem Ministerium je ein OZG- Koordinator die jeweiligen digitalen Fachthemen. Auch über die Grenzen der staatlichen Verwaltung hinaus, in den Kommunen, gibt es viele Kolleginnen und Kollegen, die Berührungspunkte zur Digitalisierung haben, allen voran die Digital-Lotsen-Sachsen und Digital-Navigatoren. Natürlich zählen auch interne und externe Dienstleister zu den maßgeblich Beteiligten. Allein durch die Fülle der genannten Beteiligten wird deutlich, wie viel Aufwand darin steckt, diese neben der inhaltlichen Arbeit auch zielgerichtet zu koordinieren und mit ihnen zu kommunizieren. WIRTSCHAFT: Gerade für Unternehmen ist das OZG, wenn es erst einmal umgesetzt ist, eine Erleichterung. Können Sie uns bitte sagen, welche Angebote konkret für Unternehmen relevant sind? Prof. Popp: Für sächsische Unternehmen ist sicher die digitale Beantragung von Baugenehmigungen ein wichtiges Angebot. Hierfür wird die EfA-Leistung bis Jahresende in Sachsen verfügbar sein. Die Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen, die unter Federführung Nordrhein-Westfalens entwickelt wird, könnte in Zeiten des Fachkräftemangels für heimische Unternehmen interessanter werden. Von den Leistungen, die in Sachsen zentral entwickelt wurden, stehen aktuell beispielsweise Gewerbeerlaubnisse und Tätigkeitsanzeigen, der Auszug aus dem Altlastenkataster, die Sondernutzung für Veranstaltungen im öffentlichen Verkehrsraum, aber auch die Baumfällgenehmigung bereit. Sie können von den zuständigen Stellen in den Kommunen eingeführt werden. Derzeit erlaubt das OZG, die Schriftform durch die ELSTER-ID zu ersetzen. Wir hoffen, dass diese Neuerung mit dem kommenden OZG 2.0 verlängert wird. Ebenfalls erleichtert das Unternehmenskonto auf ELSTER-Basis die Arbeit. Es soll künftig im Serviceportal „Amt24“ für elektronische Verwaltungsleistungen genutzt werden. Besonders freut mich die bundesweite Zusammenarbeit der IHKs im Bereich des OZG. Ähnlich wie mit dem EfA-Prinzip von Bund und Ländern können so Ressourcen zielgerichtet eingesetzt und von guten Lösungen anderer kann profitiert werden. Ein nachahmenswerter Ansatz auch für andere Bereiche der Zusammenarbeit. Für den Freistaat Sachsen ist eine moderne digitale Verwaltung ein politisches Schwerpunktthema. Das OZG war und ist ein starker Innovationstreiber, der über das Jahresende 2022 hinauswirken wird. Am Stand der „Digital-Lotsen-Sachsen“ auf dem IT- und Organisationsforum (ITOF) 2022 stellt Staatssekretär Prof. Thomas Popp (links) dem Digital-Lotsen Matthias Martin vor, was Digitalisierung für ihn bedeutet: Unterstützung 8 IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022 Interview
Was macht die Lecos GmbH? Die Mittel aus dem Fördertopf können Unternehmen seit Jahresmitte auch online über die sächsische Service-Plattform Amt24 beantragen. Gemeinsam mit dem Amt für Wirtschaftsförderung hat der kommunale IT-Dienstleister Lecos dafür den Online-Antragsassistenten (OAA) „Förderung nach der Fachförderrichtlinie Wirtschaftsförderung“ entwickelt und damit den ersten Förderantrag für die Stadt Leipzig online gestellt. Der OAA ermöglicht eine vollständig digitale Antragstellung von Fördermitteln mit der eID-Funktion des Personalausweises. Um den komplexen Antragsprozess zu vereinfachen, führt der Antragsassistent gezielt durch das Formular. Implementierte Prüfmechanismen weisen die Antragstellenden auf mögliche Ausfüllfehler hin, etwa bei der korrekten Formatierung der Steuernummer, oder berechnen, ob die Angaben von Kostenpositionen und Deckungsquellen plausibel sind. Bis zu vierzehn Anlagen sind für Förderanträge erforderlich. Damit ausreichend Zeit für die Organisation dieser Vielzahl an Dokumenten bleibt, können die Anträge auf Amt24 zwischengespeichert werden, bevor sie vollständig ans Amt gehen. Gastbeitrag von Sebastian Rauer, Geschäftsführer Lecos GmbH zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes in Leipzig Vorteile eines Onlineantrags Den Antragstellenden bleiben dank des Onlineantrags das händische Ausfüllen eines umfangreichen Papierantrages sowie der Weg zum Amt erspart. Zudem verkürzt sich mit digitalen Anträgen deren Genehmigungszeit, da die Sachbearbeitenden die Daten nicht mehr nacherfassen müssen, sondern medienbruchfrei direkt in SAP und über die elektronische Akte darauf zugreifen können. Derzeit wird der Förderbescheid noch per Post versandt. Aber auch das soll perspektivisch digital erfolgen. Aktuell können Bürgerinnen, Bürger und Wirtschaft 18 Verwaltungsleistungen in Leipzig online nutzen. Gemeinsam mit dem IHK-Mitglied Lecos GmbH arbeitet die Stadtverwaltung Leipzig intensiv daran, zeitnah weitere Dienste digital abzubilden, und setzt sich auf verschiedenen Ebenen dafür ein, die erforderlichen gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen und Partnerschaften zu stärken. Sebastian Rauer, Geschäftsführer der Lecos GmbH Für die Umsetzung kreativer Ideen und innovativer Projekte benötigen Unternehmer/- innen nicht nur Zeit, sondern auch eine gesicherte Finanzierung. Die Stadt Leipzig hat zur Unterstützung solcher Vorhaben das Programm Mittelstandsförderung aufgelegt. Es ist speziell für kleine und mittlere Unternehmen gedacht, die bereits in Leipzig ansässig sind oder dort gründen möchten. Gefördert werden Projekte, die dem Geschäft neue Impulse geben oder es in Krisenzeiten stabilisieren, sowie Meistergründungsprämien und Prämien für innovative Gründungen. IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022 9 Gastbeitrag Fördermittel online beantragen
Informationen, Funktionsweisen, Unterscheidungen von Nutzerkonten Ein Konto für alle Fälle Um digitale Verwaltungsleistungen in Anspruch zu nehmen, müssen sich Privatpersonen wie Unternehmen identifizieren. Hierfür kommen Nutzerkonten zum Einsatz, von denen es mittlerweile eine Vielzahl gibt: sei es für Plattformen von Privatunternehmen oder öffentliche Portale für schon existierende digitale Lösungen. Dies macht es für Unternehmen schwierig, die Übersicht zu behalten. 10 IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022 Nutzerkonten
IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022 11 Nutzerkonten 1. Registrierung Das Finanzamt stellt Ihnen Aktivierungsdaten per E-Mail und per Post zu. 2. Zertifikat herunterladen Sie geben Ihre Aktivierungsdaten ein und erhalten Ihre Zertifikatsdatei als Download. 3. Login Jetzt können Sie sich mit Ihrer Zertifikatsdatei einloggen. Um im öffentlichen Sektor eine Vereinheitlichung zu erreichen, wurde das „Einheitliche Unternehmenskonto“ auf Basis der bewährten ELSTER-Technologie entwickelt. Bereits bestehende Konten, beispielsweise in den Portalen der Bundesländer, werden zeitnah darauf umgestellt. Nach einem Erst-Login können Unternehmen perspektivisch alle angebundenen Dienste ohne weiteres Login direkt nutzen („Single Sign On“). Wie funktioniert das Unternehmenskonto? Auf der Seite www.mein-unternehmenskonto.de ist der Login für Unternehmen mittels ELSTER-Organisationszertifikat möglich. Ist noch kein Organisationszertifikat vorhanden, kann dies über das Elsterportal beantragt werden. Alternative Login-Varianten sind: 1. P ersonalausweis – Voraussetzung ist ein Kartenlesegerät sowie die AusweisApp2 2. S icherheitsstick – Voraussetzung Hardware und Elster- Authenticator Software 3. S ignaturkarte – Voraussetzung Hardware, unterstützte Signaturkarte und Elster-Authenticator Software Die Unternehmenskonten verfügen über ein digitales Postfach, über welches rechtssichere Bescheide und Informationen digital zugestellt werden. Kann ein Unternehmenskonto von mehreren Mitarbeitenden genutzt werden? Soll das Unternehmenskonto von mehreren Mitarbeitenden genutzt werden, können bis zu 200 verschiedene Organisationszertifikate beantragt werden. Nach der Registrierung erhalten Unternehmen getrennt per E-Mail eine Aktivierungs-ID und per Post einen Aktivierungscode. So wird eine ausreichend starke Verifizierung sichergestellt. Ein Rechte- und Rollenkonzept steht leider erst im Laufe des Jahres 2023 zur Verfügung. Was ist der Unterschied zu persönlichen Nutzerkonten? Für Privatpersonen steht ein zentrales Nutzerkonto „Bund“ zur Verfügung. Die Registrierung hierfür ist u. a. mittels Nutzername/Passwort, persönlichem ELSTER-Zertifikat oder der Online-Ausweisfunktion des Personalausweises möglich. Je nach Auswahl gelten hierbei unterschiedliche Vertrauensniveaus, sodass nicht jeder Antrag möglich ist. Grundsätzlich können nichtjuristische Personen, also beispielsweise Einzelunternehmer, ihr persönliches Nutzerkonto für Unternehmensanträge nutzen. Es ist jedoch ratsam, zwischen privaten und unternehmensbezogenen Anträgen zu unterscheiden. Die Registrierung für das Nutzerkonto „Bund“ erfolgt über https://id.bund.de.
Interview 12 IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022 Die Fort- schritte sind nicht zu übersehen Gerade der ländliche Raum ist bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes mit diversen Problemstellungen konfrontiert. Wir sprachen mit dem Landrat des Landkreises Leipzig, Henry Graichen, der bereits seit Beginn seiner beruflichen Laufbahn mit Verwaltung und Verwaltungsdigitalisierung zu tun hat. Landrat Henry Graichen im Interview
Interview IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022 13 WIRTSCHAFT: Seit sieben Jahren sind Sie Landrat des Landkreises Leipzig. Wo steht der Landkreis Leipzig in Fragen des Onlinezugangsgesetzes? Mit Beginn 2023 soll ja schon sehr viel möglich sein … Henry Graichen: Alle Bürgerinnen und Bürger sollen künftig über einen Zugang alle Verwaltungsdienste abrufen können, egal, ob es sich um Aufgaben des Bundes, der Länder oder der Kommunen bzw. der Landkreise handelt. Diese Idee steckt hinter dem Onlinezugangsgesetz, das viel Schwung in die Digitalisierung gebracht hat. Dies bis Ende 2022 umzusetzen, wird uns in Deutschland nicht gelingen, das sieht auch der Normenkontrollrat so. Was aber insgesamt an Fahrt aufgenommen hat, ist die weitere Digitalisierung der öffentlichen Stellen. Sehr viel hat auch die Pandemie bewirkt. So manche verkrusteten Systeme im Gesundheitswesen wurden aufgebrochen, plötzlich war hier vieles möglich. Im Landkreis Leipzig arbeiten heute viele Ämter selbstverständlich mit elektronischen Akten, das bedeutet, der Zugriff und der Austausch der Informationen erfolgt digital. Arbeiten Bauaufsichtsamt und Umweltamt an einem Verfahren, werden keine Akten und Pläne mehr hin und her transportiert, sondern über ein Verwaltungsinformationssystem ausgetauscht. Für die Bürgerinnen und Bürger ist allerdings noch wenig Konkretes zu sehen. Möglich sind bereits die digitale Kfz-Abmeldung, Anträge auf Wohngeld, Landesblindengeld oder das Bundeselterngeld. Alle Anträge und Informationen zu Verwaltungsleistungen sind als PDF auch auf Amt24 hinterlegt, welches künftig das Zugangsportal für Sachsen bilden soll, ebenso auf unserer Website. Die Formulare können meist online ausgefüllt und teilweise auch versandt werden. Oft müssen sie aber ausgedruckt und mit den Anlagen per Post versandt werden. Ziel wären hier zum Beispiel, Eingabemasken mit einer Funktion zum Hochladen von Dokumenten, wie wir sie aus anderen Bereichen kennen. Wir sind in Deutschland noch lange nicht dort, wo wir sein wollen, aber die Fortschritte sind nicht zu übersehen. In Estland, so wird berichtet, gebe es nur drei Dinge, die nicht digital erledigt werden können: die Heirat, die Scheidung und der Immobilienkauf. WIRTSCHAFT: Sie selbst schlossen 1999 Ihr Studium als Diplom-Verwaltungswirt an der Fachhochschule für Sächsische Verwaltung in Meißen ab, sind also von Anfang an bei der Digitalisierung dabei. Welches waren die größten Hemmnisse und welches die größten Pluspunkte für den Landkreis Leipzig bei der Digitalisierung der Verwaltung? Henry Graichen: Wer digitale Anträge stellt, muss sich auch rechtssicher ausweisen, hier liegt eines der größten Hemmnisse. Der moderne Personalausweis dient als elektronische Signatur, wenn man diese Funktion freischaltet. Dies nutzen bislang aber nur sehr wenige Bürgerinnen und Bürger, sodass beispielsweise die DE-Mail, mit der rechtsverbindliche Anträge möglich waren, in der Vergangenheit ins Leere lief. Wenn jetzt die Lösung über Portale geschaffen wird, bei der sich die Bürgerinnen und Bürger nur einmal für alle möglichen Verwaltungsvorgänge registrieren müssen, ist das sicherlich der richtige Weg. Ein weiterer Hemmschuh ist auch das fehlende IT-Personal. Hier ist der Arbeitsmarkt leergefegt, das bremst uns alle aus. Für uns einen großen Schritt in Richtung Digitalisierung haben wir mit der Einführung von flexiblen Arbeitsplätzen in der Landkreisverwaltung gemacht. Ein Großteil der Mitarbeitenden kann sich jetzt über sogenannte Flexbooks von überall sicher ins Landkreissystem einwählen und arbeiten. Auch das dient der schnelleren Bearbeitung von Vorgängen. WIRTSCHAFT: Welche Chancen birgt das OZG in Ihrer Region? Henry Graichen: Im Idealfall verbessert sich die Kommunikation zwischen den Bürgerinnen und Bürgern und den Sachbearbeitenden in den Ämtern. Möglicherweise wird künftig jeder sehen können, wie weit der Antrag bearbeitet ist. Hier wird es künftig mehr Transparenz geben. Weil die Bürgerinnen, Bürger und Unternehmen Dienst- und Verwaltungsleistungen von den Kommunen und Landkreisen über die Länder bis zum Bund nachfragen, ist eine gute Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes für den Standort Deutschland insgesamt wichtig. WIRTSCHAFT: Bevor Sie Landrat wurden, waren Sie Bürgermeister für Neukieritzsch. Gerade Gemeinden wie diese sind demografisch – aber auch vom Ausbau der Leitungen her – schlechter aufgestellt als zum Beispiel Studentenstädte wie Leipzig. Wie können gerade ältere Menschen an den digitalen Angeboten partizipieren? Henry Graichen: Viele ältere Menschen sind sehr fit im Umgang mit dem Computer oder den mobilen Geräten, das sollte man nicht unterschätzen. Unsere Volkshochschule gibt Kurse und Anleitungen – und auch im privaten Umfeld wird gut geholfen. Es ist zwar Ziel des OZG, alle Verwaltungsleistungen online anzubieten, den Bürgerinnen und Bürgern soll es aber freistehen, Anträge auch künftig noch persönlich einzureichen. WIRTSCHAFT: Was kann besser gemacht werden? Henry Graichen: Nach dem OZG sollten 575 Verwaltungsdienste bis Ende 2022 digital verfügbar sein. Diese sind aber von Land zu Land in den Landkreisen und Kommunen unterschiedlich ausgestaltet. Wir alle haben in den letzten Jahren sehr viel in unsere IT gesteckt, Fachprogramme entwickelt oder auf unsere Bedürfnisse ausgerichtet. Diese Entwicklungen bedeuten einen großen Kraftakt. Wollen wir hier schnelle Erfolge für die Bevölkerung und Wirtschaft erreichen, wäre der Weg über die Konzentration auf Massenverfahren, also solchen, die sehr viele Menschen betreffen, vorzuziehen. WIRTSCHAFT: Danke für Ihre Zeit und Ihre Antworten.
Bürokratischer Aufwand muss minimal gehalten werden! Jan Benzien Geschäftsführer Stadthafen Leipzig GmbH Ich glaube in der Tat, dass uns Corona gezeigt hat, wie Digitalisierung funktionieren sollte. Uns wurde auch aufgezeigt, dass wir fast auf ganzer Ebene noch großes Potenzial haben. Dies müsste nun jeder Mensch verstanden haben. Klar ist aber auch, dass dieser Prozess ein langwieriger ist, der durchdacht sein muss. Fakt ist, dass eine Digitalisierung des Antrags- und Genehmigungswesens erarbeitet werden muss, damit auf Unternehmer- und auf Behördenseite Ressourcen gespart werden. Sirko Scheffler Vorstand Cluster IT Mitteldeutschland e. V., Geschäftsführer brain-SCC GmbH Mit dem Onlinezugangsgesetz (OZG) wurde zum ersten Mal in Deutschland verbindlich die Bereitstellung eines digitalen Verwaltungszugangs für die Bürgerschaft und Wirtschaft bis zum Ende des Jahres 2022 durch den Gesetzgeber geregelt. Auch wenn das Vorhaben noch nicht vollumfänglich umgesetzt wurde, ist es aus Sicht der Wirtschaft sehr zu begrüßen und die vollständige Umsetzung schnellstmöglich zu erreichen. Nur so kann die mitteldeutsche Region auf Dauer wettbewerbsfähig bleiben und können die ambitionierten Zukunftsprojekte des Strukturwandels und die zahlreichen Großansiedlungen durch eine leistungsfähige digitale Verwaltung umgesetzt werden. Unternehmensmeinungen zur Verwaltungsdigitalisierung 14 IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022 Statements Wie schauen unsere Mitgliedsunternehmen auf den derzeitigen Stand und die Entwicklungen rund um die Verwaltungsdigitalisierung? Fünf Unternehmer und Unternehmerinnen aus unterschiedlichen Branchen haben für uns ihre Positionen dargelegt:
Statements Marcus Ferchland Geschäftsführer Ferchland Consulting Partners GmbH Steuerberatungsgesellschaft Am Beispiel der Erfassung und des Transfers von Daten zur Grundsteuererklärung ist der Bedarf an barrierefreien Front- und Backendsystemen ersichtlich. In einigen Bundesländern werden grundstücksbezogene Daten fast vollständig von den Behörden mit der Aufforderung zur Grundsteuererklärung versendet. Das bedeutet, dass zuvor strukturierte (elektronische) Datensätze aus Datenbanken der Behörden in ein unstrukturiertes Datenformat (Briefe an Bürger) transformiert werden, die dann wiederum in ELSTER eingetippt werden und in einem elektronischen Datensatz an die Behörden zurückgeschickt werden. Kurzgefasst: ein transformatorischer Datenkreislauf. Sándor Mohácsi Geschäftsführer commlab GmbH Die Unternehmensgründung sollte komplett digital abbildbar sein. Eine einmalige Erfassung sämtlicher Daten – natürlich mit gesicherter Authentifizierung – sollte dann die Basis sein für jede behördliche oder auch außerbehördliche Anmeldung, Beantragung, Genehmigung … eine One-Stop-Lösung. Das ist dann auch die Basis für jede weitere Aktivität in der Unternehmensgeschichte. Fördermittel, beispielsweise für Wachstum und Innovation, sollten auf einer gleichen Datenbasis funktionieren, der Transfer von Geschäftszahlen, die ohnehin bei allen Kapitalgesellschaften veröffentlicht werden müssen, für die bessere Bonitätsbewertung, die An- und Abmeldungen von Mitarbeitenden für Aus- und Fortbildungen … Digitalisierung muss in die DNA eines jeden Mitarbeitenden in den Behörden Einzug halten, denn nur so werden auch innovative Neugründungen nicht ausgebremst! Skadi Berger, M. Sc. (Wirt.-Ing.) Geschäftsführerin Wiewald GmbH Das Thema Digitalisierung beschäftigt uns schon eine ganze Weile. Wir haben im ersten Schritt die Grundlagen geschaffen: mobile Arbeitsplätze, neue Netzwerkstruktur und Servertechnik, Tablets für die Servicetechniker. Allerdings fängt aus meiner Sicht genau da das Thema Digitalisierung erst an. Nur weil wir jetzt Laptops haben, heißt das nicht, dass wir digital sind. Nur weil Backendprozesse nun nicht mehr händisch gemacht werden, heißt das nicht, dass die Digitalisierung eingezogen ist. Wir sind jetzt dran, unsere Wertschöpfungsprozesse zu digitalisieren und neue (digitale) Geschäftsfelder zu entwickeln. Unsere Kunden und Lieferanten gehen ebenfalls diese Schritte. Für uns ist es wichtig, dass bürokratischer Aufwand minimal gehalten werden kann und Ämter rund um die Uhr digital erreichbar sind. IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022 15
16 IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022 Exkurs Damit der Datenabgleich funktioniert Um die Anforderungen der europäischen Single-Digital-Gateway-Verordnung zu erfüllen, die unter anderem das Once-Only-Prinzip umfassen, musste der deutsche Gesetzgeber nachregulieren. Zwei Gesetze unterstützen das Vorhaben OZG Das erwähnte Prinzip – welches sicherstellt, dass Daten in der Kommunikation mit Verwaltungen nur einmal eingegeben werden müssen, egal, bei welcher Behörde später ein Antrag gestellt werden soll – ist unabdingbar für die erfolgreiche Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes sowie der Verwaltungsdigitalisierung. Mit dem Registermodernisierungsgesetz und dem Unternehmensbasisdatenregistergesetz sollen verschiedene Register ertüchtigt werden, untereinander Daten auszutauschen. Dadurch müssen Nachweise oder Daten nur einmal eingereicht werden. Für Unternehmen entscheidend ist dabei der Aufbau eines zentralen Basisregisters mit Stammdaten. Registermodernisierungsgesetz Das Registermodernisierungsgesetz wurde 2020 beschlossen und tritt voraussichtlich 2023 in Kraft. Es betrifft alle natürlichen Personen sowie unternehmensbezogene Register wie beispielsweise das Handelsregister. Das Gesetz beinhaltet die Initiierung einer Kennzahl in den relevanten Registern zur eindeutigen Zuordnung von Verwaltungsdaten zu einer bestimmten Person. Hierbei wurde sich für die Steuer-ID entschieden. Somit kann auf bestehende Strukturen zurückgegriffen werden. Dem Datenaustausch muss stets zugestimmt werden. Über ein sogenanntes Datencockpit behält jeder Einzelne die Kontrolle, welche Daten wann, durch wen, wohin und wofür übermittelt wurden. Spätestens Ende 2028 muss das neue Ordnungsmerkmal in die Register integriert sein. Von den über 375 zentralen und dezentralen Registern wurden 51 als prioritär eingestuft und im Gesetz benannt. Hierzu zählt auch das Mitgliederverzeichnis der IHKs. Unternehmensbasisdatenregistergesetz Das Unternehmensbasisdatenregistergesetz trat am 15. Juli 2021 in Kraft und umfasst alle wirtschaftlich tätigen natürlichen und juristischen Personen. Es beinhaltet die Einführung
IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022 17 Exkurs einer bundeseinheitlichen und behördenübergreifenden Identifikationsnummer (Wirtschafts-Identifikationsnummer). Aktuell sind die Basisdaten von Unternehmen auf 120 Registern verteilt. Bei jeder Änderung muss die Korrektur deshalb an jedes einzelne Register gemeldet werden, was eine immense Herausforderung darstellt und extrem fehleranfällig ist. Ab 2023 ist deshalb der Aufbau eines neuen, zentralen Registers über das statistische Bundesamt geplant. Zukünftig müssen die Stammdaten der Unternehmen dann nur noch einmal erfasst werden. In direkter Folge werden die angebundenen Register automatisch über die Änderungen der Stammdaten bestehender Unternehmen sowie über die Stammdaten neuer Unternehmen unterrichtet. Für den Gesetzgeber waren folgende Ziele relevant: die Vermeidung von Mehrfachmeldungen identischer Stammdaten sowie redundante Datenhaltung in mehreren Registern und die Entlastung vor allem im Bereich der Meldepflichten. Der Echtbetrieb wird ab 2024 angestrebt. Fazit Beide Gesetze sind erste Schritte, denen weitere folgen müssen. Für eine spürbare Bürokratie-Entlastung der Unternehmen muss die erforderliche Infrastruktur ausgebaut werden und auch die Meldepflichten gegenüber den verschiedenen Registern müssen entsprechend angepasst werden.
Zugriff auf Verwaltungsleistungen müssen für Unternehmen auch außerhalb eng begrenzter Bürozeiten gewährleistet sein. Einen großen Schritt auf diesem Weg stellt das zentrale Serviceportal Amt24 für Sachsen und das deutschlandweite IHK-Portal dar, welche 24 Stunden durchgängig erreichbar sind. 24Stunden Zugriff auf Verwaltungs- leistungen Zentrale Portale werden ausgebaut 18 IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022 Portale
mt24 – jederzeit geöffnet. Der Freistaat Sachsen bietet damit ein verwaltungsübergreifendes Serviceportal für Bürger und Unternehmen an, welches permanent ausgebaut und verbessert wird. Für Unternehmen ist die Seitenorganisation nach „Lebenslagen“ äußerst hilfreich. Mit Blick auf die unterschiedlichen Lebenssituationen wurden hier zusammenhängende Verwaltungsverfahren folgendermaßen sortiert: • Aktuelles, • Arbeit und Bildung, • Bauen und Wohnen, • Familie und Lebensbündnisse, • Gesundheit und Soziales, • Gewerbe und Wirtschaft, • Notfallvorsorge, Notlagen und Opferhilfe, • Recht und Gesellschaft, • Reisen, Mobilität, Auswanderung. Der Behördenwegweiser gibt einen Überblick über die Behördenlandschaft. Neben den Normdaten und Hardfacts wie Anschrift, Kontaktdaten, Sprechzeiten, Öffnungszeiten und Aufgaben werden die organisatorischen Gliederungen der Behörden, Abteilungen und Dienststellen transparent offengelegt. Um alle internen Leistungen vollständig nutzen zu können, muss ein persönliches Servicekonto angelegt werden. Im Anschluss daran können Anträge digital gestellt und mit den Behörden über das Serviceportal Amt24 kommuniziert werden. Derzeit müssen Unternehmen, Vereine und weitere Organisationen vor Inanspruchnahme aller Leistungen ein zusätzliches Organisationskonto errichten, welches Ende 2023 in das bundesweite Unternehmenskonto übergehen soll. www.amt24.sachsen.de 50 OZG-relevante Leistungen auf dem IHK-Portal Das Onlinezugangsgesetz gilt natürlich auch für alle 79 regionalen IHKs in Deutschland. Ausschlaggebend sind hier die hoheitlichen Aufgaben, die den Industrie- und Handelskammern laut IHK-Gesetz vom Gesetzgeber übertragen wurden. Insgesamt sind es ca. 50 unterschiedliche Leistungen, beispielsweise • Antrag Erlaubnis Versicherungsvermittler/in und -berater/in, • Anmeldung zu Prüfungen in der Sach- und Fachkunde, • Anmeldung zur Ausbilder/inneneignungsprüfung oder • Ausstellung eines Ursprungszeugnisses. Für eine möglichst effiziente und bei allen Industrie- und Handelskammern der Bundesrepublik einheitliche Umsetzung wurde und wird ein zentrales Portal entwickelt. Priorisiert werden hier die Leistungen rund um das Vermittlerregister sowie die Erlaubnisverfahren für Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler sowie Versicherungsberaterinnen und -berater. Gefolgt werden diese von den Leistungen aus dem Segment Bildung. Über die Grenzen der regionalen IHKs hinweg soll ein einheitliches Nutzererlebnis geschaffen werden. Das ist vor allem für Unternehmen mit mehreren Betriebsstätten interessant. Das Portal wird stetig hinsichtlich Funktionalität und Nutzerfreundlichkeit verbessert. Zusätzliche Hinweise nehmen die IHKs und der zentrale Dienstleister, die IHK DIGITAL GmbH, gern jederzeit auf. https://service.ihk.de A IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022 19 Portale
Was ist neu im Jahr Der Transformationsprozess der Wirtschaft ist nicht aufzuhalten. Auch 2023 gibt es wieder zahlreiche gesetzliche Änderungen mit konkretem Wirtschaftsbezug, die wir auf den folgenden Seiten für Sie zusammengefasst haben. Wir informieren zu wirtschaftsrelevanten Neuerungen Innovation und Umwelt Verpackungsgesetz Anbieter von Essen und Getränken zum Mitnehmen müssen ab dem 1. Januar 2023 zusätzlich zur Einwegverpackung aus Kunststoff oder mit einem Kunststoffanteil eine Mehrweg-Alternative anbieten. Bei Einweg-to-go-Bechern gilt dies sogar unabhängig vom Verpackungsmaterial. Die Pflichten der Betriebe sind dabei abhängig von der Betriebsgröße: Große Betriebe müssen ein Mehrwegangebot bereitstellen, bei kleinen Betrieben ist das Akzeptieren von Kundengefäßen vorgeschrieben. Gaspreisdeckel Die Bundesregierung hat den Gaspreisdeckel auf den Weg gebracht, welcher ab 1. Januar 2023 wirkt. Für Unternehmen mit über 1,5 Mio. kWh Gasverbrauch und einer Leistungsmessung (Industrie) bedeutet das, dass der Gaspreis ab 1. Januar 2023 für 70 % des prognostizierten Gasbedarfs auf 7 Cent/Kilowattstunde zuzüglich Steuern/Umlagen abgesenkt wird. Für Haushalts- und Gewerbekunden mit einem Gasverbrauch unter 1,5 Mio. kWh sieht der Deckel für 80 % des prognostizierten Gasbedarfs 12 Cent/Kilowattstunde zuzüglich einer Einmalzahlung eines Gasabschlages im Dezember 2022 vor. Vergütung und Sozialversicherung Mindestausbildungsvergütung steigt Für Lehrverträge, die ab dem 1. Januar 2023 beginnen, gilt künftig eine gesetzliche Mindestausbildungsvergütung von 620 Euro für das erste Ausbildungsjahr. Für das zweite, dritte und vierte Ausbildungsjahr gilt ab 2023 eine Mindestvergütung von 732 Euro, 837 Euro bzw. 868 Euro. Sozialversicherung: Beitragssätze steigen Der Beitragssatz der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung steigt zum 1. Januar 2023 von 2,5 % auf 2,6 % und ist hälftig von Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu entrichten. Der individuelle Zusatzbeitrag der gesetzlichen Krankenkassen beträgt derzeit 1,3 %. Im Jahr 2023 soll dieser um 0,3 Prozentpunkte auf 1,6 % steigen. Neuerungen 2023 2023? 20 IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022
Erhöhung der Insolvenzgeldumlage Zum 1. Januar 2023 steigt die Insolvenzgeldumlage von 0,09 % auf 0,15 %. Die Umlage dient vorranging dazu, ausgefallene Entgeltansprüche der Arbeitnehmer im Falle einer Insolvenz zu sichern und ist mit wenigen Ausnahmen von allen Arbeitgebern für jeden Arbeitnehmer zu zahlen. Beitragsbemessungsgrenzen werden erhöht (voraussichtlich) Die monatlichen Beitragsbemessungsgrenzen der Renten- und Arbeitslosenversicherung steigen in den neuen Bundesländern von 6.750 Euro auf 7.100 Euro. Auch in Westdeutschland erhöht sich der Wert spürbar auf 7.300 Euro (zuvor 7.050 Euro). In der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze im Jahr 2023 auf voraussichtlich 4.987,50 Euro pro Monat geplant. Neuerungen 2023 Arbeit und Beschäftigung Ausländische Fachkräfte: Mindestgehälter für „Blaue Karte EU“ steigen Die Mindestgehälter für Beschäftigungsverhältnisse im Rahmen eines Aufenthaltstitels der „Blauen Karte EU“ sind gekoppelt an die Entwicklung der Beitragsbemessungsgrenze West der Rentenversicherung und werden daher für neu abgeschlossene Arbeitsverträge künftig steigen. Die Mindestgehälter entsprechen ab 2023 bundesweit jährlich 58.400 Euro bzw. in den Mangelberufen jährlich 45.552 Euro. Hinweis: Die Richtlinie über die „Blaue Karte EU“ befindet sich derzeit in Überarbeitung. Die Anpassung sieht u. a. die Senkung der Zulassungskriterien vor, um den Aufenthaltstitel zu erhalten. Nach Zustimmung des EU-Rates haben die Mitgliedsstaaten zwei Jahre Zeit, die neuen Regelungen in nationales Recht umzusetzen. Höchstgrenze für Midijobs soll erneut steigen Für eine Beschäftigung im Übergangsbereich (sog. Midijobs) gilt seit dem 1. Oktober 2022 eine Höchstgrenze von 1.300 Euro. Diese Grenze soll bereits zum 1. Januar 2023 erneut auf dann 2.000 Euro angehoben werden. Finale Einführung der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung Der Gesetzgeber hat bereits im Jahr 2020 beschlossen, dass der „Gelbe Schein“ durch die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ersetzt werden soll. Die Einführung erfolgt in zwei Schritten. Bereits seit dem 1. Oktober 2021 sind die Ärzte dazu verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeit elektronisch an die Krankenkasse zu übermitteln. Ab dem 1. Januar 2023 wird die Krankenkasse die eAU-Bescheinigung direkt an den Arbeitgeber weiterleiten. Dennoch steht der Arbeitnehmer weiterhin in der Pflicht, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit unverzüglich zu melden (bspw. telefonisch). IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022 21
Neuerungen 2023 Steuern Steuerlicher Grundfreibetrag wird erhöht Im Jahr 2023 bleiben Einkommen bis zu einem Freibetrag von 10.908 Euro steuerfrei. Im Vergleich zu 2022 (10.345 Euro) erhöht sich der Freibetrag somit um 563 Euro. Inflationsausgleichsprämie bis Ende 2024 möglich Arbeitgeber können die Inflationsausgleichsprämie bis zu einem Betrag von 3.000 Euro steuerfrei an ihre Arbeitnehmer gewähren (§ 3 Nr. 11b EStG). Es handelt sich dabei um einen steuerlichen Freibetrag. Voraussetzung für die Steuerfreiheit ist, dass die Leistung zusätzlich zum ohnehin vereinbarten Arbeitslohn oder Gehalt gewährt wird. Arbeitgeber sollen die Prämie bis 31. Dezember 2024 steuerfrei zahlen können. Ermäßigter Umsatzsteuersatz für die Gastronomie verlängert Restaurations- und Verpflegungsdienstleistungen unterliegen, mit der Ausnahme der Abgabe von Getränken, auch nach dem 31. Dezember 2022 dem ermäßigten Umsatzsteuersatz in Höhe von 7 % (auf bisher unbestimmte Zeit). Statistische Berichts- pflichten 2023* Erhebung über Abfallerzeugung zum Berichtsjahr 2022 Die Befragung erfolgt turnusgemäß aller vier Jahre. Die Stichprobe für die Befragung umfasst deutschlandweit ca. 20.000 Betriebe und sonstige Arbeitsstätten. Erhebung der nichtöffentlichen Wasserversorgung und Abwasserentsorgung zum Berichtsjahr 2022 Die Befragung erfolgt turnusgemäß alle drei Jahre. Berichtspflichtig sind Betriebe, die mindestens 2.000 Kubikmeter Wasser pro Jahr gewinnen oder mindestens 10.000 Kubikmeter Wasser pro Jahr von anderen Betrieben beziehen oder mindestens 2.000 Kubikmeter Wasser oder Abwasser pro Jahr in Gewässer einleiten. Erhebung gewerblich eingesammelter Verpackungen Berichtspflichtig sind Unternehmen, die Abfälle aus Verpackungen nach § 15 Absatz 1 Satz 1 des Verpackungsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung sowie Abfälle aus pfandpflichtigen Einweggetränkeverpackungen nach § 31 Absatz 1 Satz 1 des Verpackungsgesetzes einsammeln oder entsorgen. Erhebung der Mehrwegverpackungen Berichtspflichtig sind Unternehmen, die eine gemeinschaftliche Nutzung von Mehrwegverpackungen nach § 3 Absatz 3 des Verpackungsgesetzes durch mehrere Unternehmen ermöglichen. Erhebung des Inverkehrbringens von Kunststofftragetaschen und Einwegkunststoffprodukten Berichtspflichtig sind Unternehmen, die sehr leichte Kunststofftragetaschen nach Artikel 3 Nummer 1d der Richtlinie 94/62/EG des Europäischen Parlaments sowie die in Artikel 13 Absatz 1 der Richtlinie (EU) 2019/904 genannten Erzeugnisse erstmals in Verkehr bringen. * Genereller Hinweis zu den statistischen Berichtspflichten: Sofern ein Unternehmen oder Betrieb zu einer oder mehreren der genannten Erhebung(en) berichtspflichtig ist oder zufällig für eine Stichprobe ausgewählt wurde, erfolgt eine schriftliche Aufforderung durch das Statistische Landesamt Sachsen. 22 IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022
Neuerungen 2023 Mobilität, Logistik und Verkehr Erhöhung der Lkw-Mautsätze Zum 1. Januar 2023 werden die Mautsätze für Lkw ab 7,5 Tonnen angehoben. Die Maut berechnet sich aus drei Teilen: Der Satz für die Infrastrukturkosten ist nach Gewicht gestaffelt und sinkt leicht. Der Teil für die Luftverschmutzungskosten richtet sich nach der Schadstoffklasse und dem Gewicht und steigt, besonders für die niedrigen Schadstoffklassen 1 bis 4, in denen aber nur noch wenige deutsche Lkws unterwegs sind. Der Satz für die Lärmbelastung wird ebenfalls nach Gewicht differenziert und steigt. Beispiel: Für einen 40-Tonner mit mehr als vier Achsen in der Schadstoffklasse Euro 6 steigt der Mautsatz von 18,3 auf 19,0 ct/km. Die gute Nachricht: Die Ausweitung der Lkw-Maut auf Fahrzeuge ab 3,5 Tonnen sowie ein weiterer Aufschlag für die CO2- Bilanz wurden zunächst verschoben. Immobilienwirtschaft Rauchwarnmelderpflicht für Bestandsgebäude in Sachsen bis Ende 2023 Durch die am 8. Juni 2022 in Kraft getretene geänderte Bauordnung müssen auch Bestandsgebäude bis zum 31. Dezember 2023 (Ende der Übergangsfrist) mit Rauchwarnmeldern ausgestattet werden. Betroffen sind alle Aufenthaltsräume, in denen bestimmungsgemäß Personen schlafen, sowie Flure, die zu diesen Aufenthaltsräumen führen. Betroffen sind grundsätzlich Wohngebäude, Beherbergungsstätten, Krankenhäuser, Kitas, Wohnheime und andere Einrichtungen, in denen Menschen nächtigen. Bei gewerblich genutzten Objekten installiert i. d. R. der Vermieter die entsprechende Technik, vertraglich kann anderes vereinbart werden. Für die Betriebsbereitschaft der Rauchwarnmeldetechnik in genannten Objekten ist der Zuständige per Miet- oder Pachtvertrag geregelt. Gibt es keine vertragliche Regelung, ist der Eigentümer zuständig. Zertifizierter Verwalter – Anspruch für Wohnungseigentümer erst ab 1. Dezember 2023 Mit der WEG-Reform wurde die Vorschrift zum zertifizierten Verwalten eingeführt, die ursprünglich ab dem 1. Dezember 2022 anwendbar sein sollte. Am 22. September stimmte der Bundestag allerdings einer Fristverlängerung zu. Unverändert gilt weiterhin: Eine Person, die am 1. Dezember 2020 Verwalter einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer war, gilt gegenüber den Wohnungseigentümern dieser Gemeinschaft bis zum 1. Juni 2024 als zertifizierter Verwalter. IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022 23
Neuerungen 2023 Verordnung zur Sicherheit der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen – neue Informationspflichten für Vermieter und Wohnungseigentümergemeinschaften Ausgelöst durch steigende Gas- und Strompreise beschloss die Bundesregierung neue Regelungen zum Energiesparen, die seit dem 1. September 2022 in Kraft sind. Bis zum 30. September bzw. 31. Dezember 2022 müssen Gasversorger und Wärmelieferanten ihren Vertragskunden (Gebäudeeigentümer, Wohnungseigentümer, Mieter) entsprechende individualisierte Informationen mitteilen. Eigentümer von Gebäuden mit mehr als zehn Wohnungen müssen ihren Nutzern die Informationen der Gasversorger und Wärmelieferanten spätestens bis zum 31. Januar 2023 weiterleiten und die Angaben auf die einzelne Wohnung herunterrechnen. Darüber hinaus müssen Kontaktinformationen und Internetadressen z. B. von Verbraucherschutzorganisationen und Energieagenturen zur Verfügung gestellt werden (www.energiewechsel.de). Für Eigentümer von Gebäuden mit weniger als zehn Wohnungen besteht die Verpflichtung, die Informationen der Gasversorger und Wärmelieferanten unverzüglich weiterzuleiten. Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen – Pflicht zu Heizungscheck, -optimierung sowie zu hydraulischem Abgleich bei Erdgasheizungen Für Immobilieneigentümer besteht grundsätzlich die Pflicht, technische Optimierungen mit dem Ziel der Energieeinsparung an ihren Heizungen durchzuführen. Die Regelungen gelten vom 1. Oktober 2022 bis zum 30. September 2024. Die Überprüfung ist von qualifiziertem Fachpersonal vorzunehmen. In Wohngebäuden mit mindestens zehn Wohneinheiten sind bis zum 30. September 2023 Gaszentralheizungssysteme hydraulisch abzugleichen. Für den Handel gibt es ebenfalls eindeutige Vorgaben. Neue Berufe Neue Verordnungen für 19 Berufe der Bauwirtschaft Ab 2023 werden neue bzw. modernisierte Berufe gelten. So werden 2023 für die insgesamt 19 Berufe der Bauwirtschaft drei neue Verordnungen erlassen. Die Novellierungen weiterer Berufsbilder sind vorgesehen. Die Ausbildungsstätten und ihre Ausbilder müssen nach den jeweils aktuellen Berufsbildern registriert sein und ausbilden. Für Beratungen stehen Ihnen die Aus- und Weiterbildungsberater der IHK zu Leipzig gern zur Verfügung. Weitere Neuerungen Legalisierung von Cannabis Für 2023 ist ein Gesetz zur Legalisierung von Cannabis und damit der Verkauf im Handel geplant. 24 IHK zu Leipzig – wirtschaft Digital-Spezial 2022
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