Außenwirtschaftsnachrichten 05/2024

Ordnung Die Gemeinschaft wird generell dem Ausüben von individuellen Rechten übergeordnet. Das westliche Konzept des Individualismus wird als eigennützig und problematisch empfunden. Gefühle, vor allem negative, dürfen selten offen gezeigt werden. Eine Person, die sich zu stark widersetzt oder auf einer anderen Meinung beharrt, stört die Ordnung der Gruppe und wird als unreif angesehen. Andererseits gilt jemand, der vor dem Sprechen und Handeln das Wohl der Gruppe bedenkt, als charaktervoll und klug. Hierarchie Wie in vielen anderen asiatischen Kulturen bildet die hierarchische Beziehung (z. B. zwischen Eltern und Kind, Lehrern und Studierenden, Vorgesetzten und Angestellten, Kunden und Verkäufern) das Rückgrat der chinesischen Gesellschaft. Das Aufrechterhalten der Hierarchien stützt die soziale Ordnung, dies zeigt sich bei der Begrüßung, in der Sprache, der Sitzordnung und zahlreichen weiteren Ritualen und Verhaltensweisen. Hierarchische Rollen gelten in der Familie, der Gemeinde, bei der Arbeit und in der Regierung. Geschäftsbeziehungen in China Persönliche Beziehungen (Quanxi), zwischenmenschliche Harmonie (Renji Hexie) Geschäftsbeziehungen mit Chinesen können sehr befriedigend sein, erfordern allerdings Geduld. Persönliche Beziehungen und persönliche Netzwerke (Quanxi) sind im Geschäftskontext von größter Wichtigkeit. Statt zu versuchen, möglichst schnell ein Geschäft abzuschließen, verwendet man seine Zeit besser darauf, eine lang dauernde und für beide Seiten profitable Beziehung aufzubauen. Der zwischenmenschlichen Harmonie (Renji Hexie) sollte dabei ein besonderes Augenmerk gelten, auch wenn diese nicht auf die Schnelle zu erreichen ist. Gefragt sind Menschlichkeit, Klugheit und Aufrichtigkeit. Mehrere Reisen nach China sind häufig vonnöten, bevor Verhandlungen zu einem erfolgreichen Ergebnis führen. Vermittler (Zhongjian Ren) Die Chinesen sind oft misstrauisch gegenüber Fremden. Vertrauen ist zentral und sollte mithilfe eines Vermittlers (Zhongjian Ren) aufgebaut werden. Es empfiehlt sich, eine Person oder eine Institution zu suchen, die in persönlichen Beziehungen zu ihrer potenziellen Partner-Institution oder -Firma steht. Um das Misstrauen abzubauen, müssen sie vielleicht zu Sportveranstaltungen gehen oder Besuche mit lange dauernden Mahlzeiten abstatten, bei denen es durchaus sein kann, dass nichts Geschäftliches besprochen wird. Dolmetscher sollten gebürtige Chinesen sein, denn nur sie können Stimmungen, Betonungen, Gesichtsausdrücke und Körpersprache richtig interpretieren. Umfassendes/ganzheitliches Denken (Zhengti Guannian) bei Meetings Ein umfassender, unfokussiert anmutender Austausch zwischen den Teilnehmern prägt die Meetings – das Gespräch mag einem sprunghaft und unstrukturiert vorkommen. Oft beginnen solche Treffen mit Teetrinken und gefälligem Small Talk, mit einem Gespräch über die Reise, die Unterkunft und die Familie. All dies dient dem Aufbau von zwischenmenschlicher Harmonie und verstärkt die persönliche Beziehung. Oft muss man zuerst Dutzende Fragen beantworten, ehe eine Geschäftsbeziehung eingegangen wird. Dabei hilft es, wenn man auch viele Fragen an sein Gegenüber richtet. Weitere Werte und Grundsätze: Gesichtswahrung (Mianzi), sozialer Status (Shehui Dengji) Werte und Grundsätze stehen über dem Geld und dem Zweckdenken. Da Geschäftsbeziehungen mit Chinesen meist formell sind, ist es unangebracht, Gefühle offen zu zeigen. Dies steht im Zusammenhang mit dem chinesischen Konzept des Gesichtsverlusts und der „Gesichtsgebung“ (Mianzi). Chinesische Geschäftsleute halten eine größere körperliche Distanz ein als Leute aus dem Westen. Große hierarchische Unterschiede werden als normal erachtet. Das heißt, dass der soziale Status (Shehui Dengji) von großer Bedeutung ist. Zu einem Treffen mit einem Geschäftsleitungsmitglied sollte nicht jemand mit niedererem Rang gehen – man sollte nie die Nummer Zwei schicken, um die Nummer eins zu treffen. Da die Chinesen gruppenorientiert sind, sollte das Pronomen „ich“ nicht allzu oft verwendet werden und individuelle Charakterzüge des Gegenübers sollten öffentlich nicht allzu sehr gelobt werden. Arbeitsethik: Ausdauer (Chiku Nailao) und Sparsamkeit (Jiejian) Die Chinesen sind stolz auf ihre wirtschaftlichen Leistungen und wollen sich als eine der führenden Mächte in der Weltwirtschaft etablieren. Sie sind bekannt für ihre Arbeitsethik, sind in der Regel gut ausgebildet, sparsam (Jiejian), ausdauernd (Chiku Nailao) und kommen gut vorbereitet und pünktlich zu Meetings. Ein Nicken auf etwas Gesagtes bedeutet nicht unbedingt Zustimmung, sondern ist vielleicht bloß ein Zeichen der Höflichkeit und des Verstehens. Man sollte stets genau hinhören und auch nonverbale Signale beachten. 12 Außenwirtschaftsnachrichten 5 | Oktober/November 2024 Weltweit erfolgreich Foto: ChenPG – stock.adobe.com

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