Außenwirtschaftsnachrichten 11/2023

der südlichen Mitte Kanadas – Alberta, Saskatchewan und Manitoba – sind von der Stahlproduktion geprägt. Ihre Nähe zu Eisenerzvorkommen und Kohlereserven hat die Stahlproduktion historisch befeuert. Die Entkopplung der Metallindustrie von den fossilen Energieerträgen (Kohle und Erdgas) stellt auch die kanadischen Marktakteure vor Herausforderungen. Im globalen Wettlauf um die Technologieführerschaft und eine Führungsrolle in der ökonomischen Wettbewerbsfähigkeit scheint die kanadische Montanindustrie jedoch eine gute Ausgangslage einzunehmen. Die bereits beschriebene Verfügbarkeit großer Mengen Elektrizität aus regenerativen Quellen, etwa in Québec, ist hier exemplarisch. Die Elektrizität der Provinz ist nicht nur regenerativ, sondern hier herrschen die niedrigsten Strompreise. Diese Kombination stellt einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil dar. In der gesamten Industrie stehen die Verbesserung der Energieeffizienz und die Emissionsreduktion im Mittelpunkt. Besonders bei Strategien zur Emissionsreduktion setzen immer mehr Unternehmen auf die Verwendung von sauberen Brennstoffen, wie etwa Wasserstoff, Kohlendioxid-Abscheidungstechnologien und Investitionen in nachhaltige Transportlösungen. Dies alles sind jedoch, ähnlich wie in der europäischen Schwerindustrie, noch keine zu umfänglichen Markthochlauf getriebenen Konzepte. Ein wichtiger Faktor, der dies beschleunigen kann, ist die kanadische CO2-Steuer. Diese, einem eskalierenden Pfad folgende Steuer, liegt aktuell bei 65 kanadischen Dollar (ca. 46 Euro) pro Tonne CO2 und wird 170 kanadische Dollar (ca. 119 Euro) im Jahr 2030 erreichen. Ein weiterer wichtiger Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit der Metallverarbeitungsindustrie Kanadas ist die Präsenz von Unternehmen, die zu den globalen Branchenführern gehören, und ihr Engagement für Innovation. Zwar dominieren diese Unternehmen die Business-Ökosysteme vor Ort, doch es bestehen zahlreiche Kooperationen mit kleineren und mittleren Unternehmen, deren Geschäftsmodell in der Optimierung der Arbeitsprozesse besteht. Zu dem Haupttrend in diesen Innovationskooperationen zählen vor allem Fragen der Prozessautomatisierung und der Einsatz künstlicher Intelligenz. Zwar neigt besonders der letztgenannte Themenkomplex zu einem inflationären Begriff zu verfallen, besonders im Kontext der Innovationsfähigkeit der sogenannten „alten Industrie“, doch ihr Einsatz hilft tatsächlich, die Prozesse besser zu gestalten. So dient die KI bereits heute schon zur vorausschauenden Wartung oder aber der Qualitätskontrolle. Ein weiteres Innovationsfeld ist der Einsatz von Robotik in der Metallbearbeitung, präziser der Einsatz von Robotern in direkter Kooperation mit sehr gut ausgebildeten menschlichen Arbeitskräften. Denn in der Metallverarbeitungsindustrie Kanadas spielen Ausbildung und Bildung eine entscheidende Rolle. Gleiches gilt auch für den Bergbau-Sektor. Kanada verfügt über ein robustes System von Berufs- und Fachausbildungsprogrammen. Zusätzlich entscheiden sich oftmals Menschen für Lehrstellen, die eine praktische Ausbildung neben dem Unterricht bieten. Auch wenn dieses Konstrukt nicht direkt mit der dualen Berufsausbildung in Deutschland vergleichbar ist, stellt das Zusammenspiel von praktischen Trainings und der schulorientierten Bildung eine sehr solide Grundlage für das Qualifikationsniveau der Beschäftigten dar. Die kanadische Regierung erkennt die Bedeutung einer qualifizierten Arbeitskraft an und stellt oft Mittel und Unterstützung für Ausbildungs- und Bildungsinitiativen bereit. Diese Unterstützung kann Zuschüsse, Steueranreize oder Subventionen für Unternehmen umfassen. Der kanadische Metallverarbeitungsmarkt bietet sächsischen Unternehmen vielversprechende Beschaffungsmöglichkeiten. Ein wichtiger Aspekt sind die strengen Nachhaltigkeitsanforderungen in Kanada, ein anderer ist die breite Palette von Branchen, die in Kanada Möglichkeiten zur Beschaffung finden, darunter Automobilbau, Luft- und Raumfahrt, erneuerbare Energien, Bergbau und Bauwesen. Jedoch auch die Optionen, Erze und Rohprodukte zu beschaffen, sollten nicht unterschätzt werden. Allerdings lassen sich auch Marktchancen im Ökosystem der Industrie finden. Sächsische Unternehmen, die auf nachhaltige Produktionspraktiken und umweltfreundliche Technologien setzen, könnten andersherum in Kanada als bevorzugte Lieferanten angesehen werden. Handelsabkommen, wie das Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) mit der Europäischen Union und das United StatesMexico-Canada Agreement (USMCA) mit den USA und Mexiko, machen Kanada zum Eingangstor zum nordamerikanischen Markt. Tobias Runte Foto: © evgenii_v – stock.adobe.com 6 Länder und Märkte

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