Behördliche Prozesse langsam und restriktiv Die gesamte wassertouristische Entwicklung des Neuseenlandes steht derzeit auf der Kippe. Es wird ausgebremst, verlangsamt und verunmöglicht. Dr. Ziener formuliert im Interview: „Wir als IHK zu Leipzig sowie all die Investoren und tourismuswirtschaftlichen Leistungsträger, die sich in den vergangenen Jahren an den Seen angesiedelt haben, beklagen, dass die behördlichen Prozesse rund um die Entwicklung des Leipziger Neuseenlandes mittlerweile viel zu langsam und restriktiv ablaufen. Es werden immer wieder neue Gutachten in Auftrag gegeben und wenn diese Gutachten dann fertig sind, werden die Prozesse nicht konsequent vorangetrieben, mit der Folge, dass diese Gutachten dann zwischenzeitlich überholt sind und neue beauftragt werden müssen. Wir haben in den vergangenen Jahren leider einen Kulturwandel im negativen Sinne erlebt.“ Konkreter werdend benennt Dr. Gert Ziener im Interview einen Player namentlich: „Insbesondere der Bergbau- sanierer LMBV steht seit einiger Zeit offenkundig auf der Bremse. Vor einigen Jahren wurde die Entwicklung noch proaktiv begleitet und die Prozesse wurden positiv und zügig mitgestaltet. Mittlerweile fehlt von dort ein glaubwürdiges Commitment. Kostbare Zeit verstreichen zu lassen, die Verantwortung hin und her zu schieben und am Ende zu sagen, das Geld reiche nicht – dies steht dem Ziel, das Leipziger Neuseenland erfolgreich zu vollenden, jedenfalls diametral entgegen.“ Ergebnisse des Gutachtens zum Störmthaler Kanal Der überregionale Medienpark bis hin zu ZEIT Online, RTL und MDR hat unlängst das Thema in vielfältiger Form aufgegriffen. Schließlich sind diverse Unternehmen direkt betroffen von der Verhinderungspolitik im Leipziger Neuseenland. So warten Hoteliers, Gastronomen, Bootsbauer und -verleiher, Konzertveranstalter, Surf- und Tauchschulen, aber auch Schiffsreeder auf zukunftssichere und verlässliche Aussagen. „Wenn wir vom Harth-Kanal hinüberschauen zur Verbindung zwischen Markkleeberger See und Störmthaler See, der dortigen Kanupark-Schleuse, ist ein Anbieter der Fahrgastschifffahrt direkt von den aktuellen Zuständen betroffen. Dieser Unternehmer unterhält drei Fahrgastschiffe, kann davon derzeit aber nur jeweils eines auf dem Markkleeberger See und dem Störmthaler See einsetzen. Grund hierfür ist die Sperrung des Störmthaler Kanals und der Kanuparkschleuse durch die LMBV seit März 2021. Erst nach gut zwei Jahren liegt jetzt ein Gutachten über die Ursachen vor, die zur Sperrung des Kanals und zur Schließung der Schleuse geführt haben.“ Interessant sind die Ergebnisse des Gutachtens, gerade auch in Hinsicht auf die Ursachen der Böschungsinstabilitäten und die sich daraus ergebende Beseitigungsverpflichtung: „Nach unserem Kenntnisstand wurde im Gutachten festgestellt, dass nicht die regelmäßigen Passagen der Schleuse durch die Fahrgastschiffe für die Böschungsinstabilitäten ursächlich waren, sondern zum Beispiel bauliche Mängel dazu geführt haben. Statt jetzt zügig mit der Behebung dieser Baumängel zu beginnen, wird die offizielle Veröffentlichung des Gutachtens hinausgezögert (mittlerweile wurde das Gutachten veröffentlicht, Anmerkung der Redaktion). Mit jedem weiteren Tag Kanalsperrung leidet die Wirtschaftlichkeit dieses Schifffahrtsbetriebs. Mangels Perspektive muss der Schiffseigner mittlerweile den Abzug seiner Schiffe in Erwägung ziehen.“ Zeitpläne definieren und einhalten Die Themen Harth-Kanal und Wiederherrichtung des Störmthaler Kanal sind nicht voneinander losgelöst zu betrachten. „Ich hoffe und gehe davon aus, dass die beiden Projekte, die fundamental für den Gewässerverbund im Leipziger Neuseenland sind, zügig realisiert werden. Insbesondere beim Störmthaler Kanal erwarte ich, dass die LMBV mit aller Konsequenz darangeht, die Ursachen für die Böschungsinstabilitäten schnellstens zu beseitigen, damit der Kanal und die Schleuse möglichst schon in der Sommersaison 2025 wieder befahrbar bzw. nutzbar sind und entsprechend für die Schifffahrt freigegeben werden.“ Hier muss jetzt der Fuß von der Bremse herunter und das Verursacherprinzip greifen. „Was den Harth-Kanal angeht, erhoffe ich mir, dass im Ergebnis der Machbarkeitsstudie der wassertouristische Teil mit Mitteln für den Strukturwandel in den Kohleregionen realisiert wird und sich ein versierter Betreiber findet. Schön wäre es und gleichsam sehr optimistisch eingeschätzt ist es, wenn noch vor 2030 die ersten Paddler und Kanuten den Kanal passieren könnten.“ Dr. Gert Ziener fasst seine Gedanken noch einmal konkretisierend zusammen: „Fakt ist, die touristischen Leistungsträger an den Seen und im Umfeld brauchen dringend Planungssicherheit. Deshalb bedarf es eines glaubhaften Bekenntnisses der LMBV, der beteiligten Behörden und der Politik, diese strukturrelevanten Projekte zu realisieren und entsprechend zu finanzieren. Aus dem Sächsischen Tourismusministerium gibt es hierzu bereits positive Signale. Selbige Unterstützung erwarten wir auch seitens des Wirtschaftsministeriums, welches für die Bergbausanierung und den Verkehr zuständig ist, des Ministeriums für Regionalentwicklung und vom Bund. Maßgebliche Teile dieses Bekenntnisses sind belastbare Finanzierungs- und Zeitpläne.“ Das gesamte Interview auf WIRTSCHAFT ONLINE Neuseenland 11 IHK zu Leipzig Magazin „Wirtschaft“ Ausgabe Herbst 2023
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